Adidas und die WM 2006:Geister der Vergangenheit

Runder als rund - Ball für Hersteller ein Volltreffer

Der offizielle Ball des WM-Sommermärchens 2006 kam von Adidas.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Früher hatte Adidas illustre Köpfe an der Spitze.
  • Das, was sie getan haben sollen, sorgt noch heute für Wirbel.
  • Mit den aktuellen Vorwürfe rund um die Vergabe der WM 2006 tut sich Adidas leicht.

Von Uwe Ritzer

NürnbergÜber Robert Louis-Dreyfus erzählen sie sich heute noch viele verrückte Geschichten bei Adidas in Herzogenaurach. Dass er nur ins Büro kam, wenn er scheinbar nichts Besseres vorhatte. Dass er bevorzugt im Helikopter einschwebte. Dass auf dem Fernseher in seinem Büro ständig Sportsender liefen. Dass er Journalisten schon mal in Badelatschen und einem Fußballtrikot seines Lieblingsvereins Olympique Marseille empfing.

Der zweite Teil dieser Geschichten geht so: Der reiche französische Lebemann sei ein genialer Marketingmann gewesen, der den Sportartikelhersteller vor der Pleite gerettet, auf Erfolgskurs gebracht und in die Welt hinausgetrieben habe. "Er hat aus einem rein deutschen Unternehmen einen multinationalen Konzern gemacht", sagt einer, der damals schon dabei war.

1993 stieg Louis-Dreyfus bei Adidas ein und übernahm den Chefposten. Zuvor hatte sein Landsmann, der Hasardeur Bernard Tapie, Adidas fast an die Wand gefahren. Louis-Dreyfus übernahm die Mehrheit und brachte Adidas 1995 an die Börse. Sein Nachfolger als Vorstandschef wurde 2001 Herbert Hainer, inzwischen Dienstältester aller 30 deutschen Dax-Chefs.

Privatsache von Louis-Dreyfus

Es ist nicht das erste Mal, dass der bodenständige Hainer mit Altlasten aus der Ära des Filous Louis-Dreyfus kämpfen muss. Wie weiland dem Bayern-Patriarchen Uli Hoeneß für seine Börsengeschäfte soll der 2009 mit 63 Jahren an Leukämie gestorbene Franzose auch dem deutschen Bewerberkomitee für die Fußballweltmeisterschaft 2006 Millionen gepumpt haben. Mit dem Geld soll eine schwarze Kasse gefüllt und die WM gekauft worden sein. Adidas tut sich mit dem Vorwurf leicht. Wenn, dann sei dies die Privatsache von Louis-Dreyfus gewesen, heißt es. "Wir können ausschließen, dass es sich um einen Geschäftsvorgang der Adidas AG gehandelt hat", so ein Firmensprecher.

Tatsächlich gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Sportartikelhersteller involviert war. Auch für die verbreitete Vermutung, Louis-Dreyfus' Privatdarlehen für Hoeneß habe weiland verhindern sollen, dass Konkurrent Nike anstelle von Adidas Bayern München ausrüstet, fehlen bislang die Belege. Doch allein solche Spekulationen wecken schon alte Geister, die man bei Adidas vertrieben zu haben glaubte.

Sie trieben ihr Unwesen, als die zerstrittenen Brüder Adolf und Rudolf Dassler mit allen Mitteln um Sportstars als Aushängeschilder für ihre Firmen Adidas und Puma kämpften. Adis Sohn Horst entwickelte in den 1980er-Jahren jenes raffiniertes System der Bestechung von Sportfunktionären, das vielen als Grundlage der Zustände beim Weltfußballverband Fifa gilt. Alles Vergangenheit, sagen sie bei Adidas.

Die Firma sieht sich zu Unrecht unter latentem Generalverdacht, zumal kein einziger anrüchiger Vorgang in die inzwischen 14-jährige Amtszeit von Herbert Hainer fällt. Als im Mai der Fifa-Skandal mit ersten Festnahmen von Funktionären eskalierte, wurden nach SZ-Informationen intern sämtliche Geschäftsbeziehungen mit dem Weltfußballverband überprüft. Alles sauber und korrekt, hieß es danach.

Dennoch strahlen Vorgänge wie bei der Fifa und nun beim DFB imagemäßig regelmäßig auch auf Adidas ab. Schließlich ist die Firma seit Jahrzehnten mit beiden Verbänden dick im Geschäft. Der Sponsoring-, Ausrüster- und Lizenzvertrag mit der Fifa läuft bis 2030, jener mit dem DFB wird gerade verhandelt.

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