Adidas-Chef Hainer:Der Trainings-Weltmeister

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Die Deutsche Börse wird derzeit durcheinandergewirbelt - doch einer bleibt cool: Herbert Hainer, Chef von Adidas. Er hat keine Angst vor einer Übernahme.

Melanie Ahlemeier

Betont lässig-locker sitzt er da auf dem in Beige bezogenem Stuhl. Sein Blick durch die runden Brillengläser verspricht: Dieser Manager ist wach, hellwach. Herbert Hainer, 54, führt schließlich die große Adidas AG aus dem kleinen Herzogenaurach, Europas größten Sportartikelhersteller, seit dem Jahr 2001.

Locker im Gespräch: Adidas-Chef Herbert Hainer (Mitte) gab den Moderatoren Ursula Welter (Deutschlandfunk) und Marc Beise (Süddeutsche Zeitung) ausführliche Antworten. (Foto: Foto: Heddergott)

Früher stürmte der Mann selbst mit dem Ball leidenschaftlich aufs Tor ("Ich wollte Profifußballer werden, aber es hat nicht gereicht"), jetzt leitet er die Firma ("Es gibt wenige bessere Jobs als ich einen habe"), die viele der besten Kicker mit Sportschuhen und Trikotage ausrüstet.

Dass sein Unternehmen - weltweit die Nummer zwei der Branche - seit Beginn dieses Jahres parallel zum Deutschen Aktienindex (Dax) rund ein Viertel seines Wertes verloren hat und damit vor allem für ausländische Investoren zum potentiellen Übernahmekandidaten werden könnte, beunruhigt den Vorstandschef offenbar überhaupt nicht. Und falls doch, dann lässt es sich Hainer an diesem verregneten Juli-Vormittag jedenfalls nicht anmerken.

Auf Einladung der Süddeutschen Zeitung und des Deutschlandsfunks sitzt der Adidas-Chef auf dem Podium in einem Münchner Szenelokal - ohne Krawatte, dafür betont gut gelaunt.

Stoische Gelassenheit

Knapp acht Milliarden Euro ist das fränkische Unternehmen mit den drei Streifen als Markenzeichen derzeit an der Börse wert - im Grunde genommen ein Schnäppchen für finanzkräftige Investoren. Doch dem Mann mit der markanten Zahnlücke und den graumelierten Schläfen ist nicht bange. "Prinzipiell", sagt Hainer mit ruhiger Stimme nach dem offiziellen Teil der Veranstaltungsreihe "Spitzengespräche", "habe ich keine Angst vor einer Übernahme."

Selbst den als "Heuschrecken" gescholtenen Private-Equity-Firmen, die es auf kurzfristigen Profit abgesehen haben, kann Hainer nichts Böses abgewinnen. Vermutlich war der Konzernchef an diesem Morgen vor Dienstantritt schon lange laufen (Hainer: "Wer seinen Körper gut trainiert, ist auch geistig fit") - anders ist diese nahezu stoische Gelassenheit nicht zu erklären.

Andere Konzernchefs erleiden bei Erwähnung des Worts "Hedgefonds" eine regelrechte Panikattacke und verfallen der Kurzatmigkeit, Hobbysportler Hainer aber bleibt cool. Ganz cool, um genau zu sein.

Die Aktien des Sportkonzerns, der in grauer Vorzeit einmal dem französischen Spekulanten Bernard Tapie gehörte, liegen heute fast ausschließlich in den Händen institutioneller Investoren. Aufsichtsratschef ist Hans Friderichs (FDP), in den siebziger Jahren Bundeswirtschaftsminister. Eine solche Konstellation macht offenbar sicher, auch wenn der Ortsrivale Puma inzwischen Teil des Pinault-Konzerns ist.

Hainers erklärender Nachtrag, dass sich wegen der seit einem Jahr andauernden Finanzmarktkrise auch Finanzinvestoren nicht mehr so einfach wie früher von den Banken Geld für Zukäufe leihen könnten, kommt schon fast ein wenig zu unterkühlt pflichtbewusst hinterher - fast so, als wollte er seine nur Sekunden zuvor gemachte Aussage ein wenig relativieren und sich vor (Verbal-)Angriffen schützen.

Coole Ausnahmeerscheinung

Im Kreise der Dax-Firmen ist Hainers Coolness derzeit eine Ausnahme. Etliche andere im Leitindex gelisteten Konzerne haben ebenfalls kräftig an Wert eingebüßt. Das wohl derzeit prominenteste Beispiel: die in Hannover ansässige Continental. Verbissen versucht Conti-Chef Manfred Wennemer, eine Übernahme durch den Mittelständler Schaeffler - übrigens auch aus dem fränkischen Herzogenaurach - abzuwehren.

Selbst das Schwergewicht Daimler könnte derzeit für einen Spottpreis von rund 36 Milliarden Euro zu haben sein, spekulierte kürzlich eine Zeitung.

Und was macht Adidas-Chef Hainer? Der bleibt trotz der Gedankenspielerei rund um eine Übernahme locker und entspannt. Derzeit, so der Boss von weltweit rund 33.000 Mitarbeitern, erwarte er keinen Übernahmeversuch. Sagt's und verweist auf sein Credo einer freien Marktwirtschaft. Und das bedeutet: Angebot und Nachfrage regeln den Preis.

Ganz schön cool.

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