ADAC:Duell in Lübeck

Der Automobilclub entscheidet über seine Reform - und damit den Machtkampf zwischen Präsident Markl und Vorgänger Meyer.

Von Uwe Ritzer

Mitglieder des Präsidiums und Geschäftsführer des ADAC waren in den vergangenen Wochen fleißig unterwegs. Auf einer Roadshow klapperten sie die Regionalklubs des gut 19 Millionen Mitglieder zählenden Vereins ab und warben für die Reform, die an diesem Wochenende bei der Hauptversammlung in Lübeck beschlossen werden soll. Die Treffen mit den Funktionären verliefen dem Vernehmen nach ruhig und sachlich. Nur beim Regionalklub Nordrhein sei es zwischendurch sehr kontrovers und lauter zugegangen, erzählen Teilnehmer.

Mit 2,7 Millionen Mitgliedern ist er der größte der 18 ADAC-Regionalklubs. Und dort sitzen auch die größten Gegner der Reform, wobei sie sich selbst nach außen geschmeidiger als Skeptiker in Sachen Umsetzung geben. Ihr Anführer ist Peter Meyer, der als ADAC-Präsident 2014 zurücktrat, kurz nachdem jahrelange Manipulationen bei der Autowahl "Gelber Engel" und allerhand fragwürdige Geschäfte, wie der provisionsgetriebene Batterieverkauf durch Pannenhelfer an havarierte Autofahrer, aufgeflogen waren.

Meyer wird intern von vielen für die Krise verantwortlich gemacht; er habe den ADAC mit einer treuen Vasallen-Riege autoritär regiert und ausschließlich auf Profit getrimmt, sagen seine Gegner. Er selbst bestreitet das und sieht sich als Bauernopfer. Nun ficht Meyer in Lübeck seinen vermutlich letzten großen Kampf im ADAC. Er sagt, es gehe ihm nur um die gute Sache. Kritiker sagen, Meyer wolle Rache nehmen an seinem früheren Vize und amtierenden Nachfolger August Markl. Die beiden einstigen Klub-Freunde verbindet außer dem ADAC-Mitgliedsbuch nichts mehr.

Es ist ein Duell, das immer erbitterter geführt wird. Nach SZ-Informationen leitete der ADAC unter Markls Führung am Mittwoch gegen Regionalklub Nordrhein mit dem Vorsitzenden Meyer sogar rechtliche Schritte ein. Unmittelbar bevor die 200 Delegierten in Lübeck entscheiden werden, ist ein offener Machtkampf ausgebrochen.

Das Drei-Säulen-Modell steht. Doch nun gibt es juristische Störfeuer

Er entzündet sich an der von Markl ausgerufenen, größten Strukturreform in der 113-jährigen Geschichte des ADAC. Um die Krise von 2014 hinter sich zu lassen und den vom Münchner Registergericht offen infrage gestellten Status als Verein zu behalten, wie er betont. Europas größter Automobilklub soll sich demnach in Lübeck in einen Kernverein, eine Aktiengesellschaft nach europäischem Recht (SE) und in eine Stiftung aufsplitten.

Der Verein würde sich künftig nur noch um Mitgliederbelange wie die Pannenhilfe kümmern. In die SE sollen die kommerziellen Aktivitäten wie Finanzdienstleistungen oder das Versicherungsgeschäft ausgegliedert werden. Die Stiftung soll sich um Forschung, Luftrettung und Motorsport kümmern. Das Wichtigste bei alledem: Es soll auch eine personelle Entflechtung geben. Vereinsfunktionäre werden künftig bei SE und Stiftung kaum Einflussmöglichkeiten und kein Weisungsrecht haben.

Fast zwei Jahre lang hat der ADAC dieses von der Kanzlei Freshfields ausgearbeitete "Drei-Säulen-Modell" beraten und verfeinert. Ein unabhängiger Beirat um den früheren Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier rät dazu. Doch auf der Zielgeraden begannen die juristischen Störfeuer vom Nordrhein.

Meyers Regionalklub holte bei der Kanzlei CMS seinerseits ein Gutachten ein, das die Aufsplittung für zu weitreichend und eigentlich überflüssig erklärt. Hunderte Millionen Euro Vereinsvermögen würden der Kontrolle durch die Mitglieder entzogen. Am Mittwoch präsentierte er eine weitere Expertise, "Obergutachten" genannt, mit ähnlichen Ergebnissen. Dem Regionalklub gehe es "nicht um eine generelle Ablehnung" des Drei-Säulen-Modells, so seine Sprecherin, "sondern um die derzeitig ausgearbeitete Form". Was immer das heißt.

Ein ADAC-Sprecher wies die Expertise als "inhaltlich nicht substanziell" zurück. Und ein "Obergutachten" sei es schon gar nicht, wie Nordrhein behauptete. Dagegen wehrt man sich juristisch. Was zeigt, wie hart inzwischen gefochten wird. Und mit welchen Tricks. So hat Nordrhein seinen CMS-Gutachter kurzerhand zum Delegierten gekürt, damit er quasi als Mitglied bei der Hauptversammlung das Wort ergreifen kann. Dort könnte es nun zum öffentlichen Showdown kommen.

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