Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen:Kleinvieh ist Mist

  • Die irische Regierung will Ein- und Zwei-Cent-Münzen abschaffen. Damit folgt sie einer Empfehlung der Notenbank.
  • Drei Euro-Länder haben schon Rundungsregeln. Rechnungsbeträge werden dort immer auf fünf Cent genau auf- oder abgerundet.
  • Für die Abschaffung der Münzen gibt es gute Argumente: Ihre Herstellung ist teuer, ihr Nutzen für Konsumenten begrenzt. Sie dienen vor allem als Wechselgeld.

Kommentar von Jan Willmroth

Noch nicht einmal der Fahrkartenautomat will sie haben, diese kleinen, lästigen Dinger, die millionenfach den Platz in unseren Portemonnaies blockieren und täglich zu Stau an Supermarktkassen führen. "Warten Sie, ich hab' da noch was klein", das ist so ein Satz, der die Geduld ohnehin rastloser Kunden noch mehr strapaziert. Selbst gut geübte Backwarenfachverkäufer tun sich im vierzehnten Jahr nach der Einführung der neuen Münzen noch schwer, beim Abzählen einen und zwei Cent auseinanderzuhalten. Diese 2,3 und drei Gramm schweren, kupfernen Pfennig-Nachfolger, die mit Abstand häufigsten Münzen in unserem Währungsgebiet, sind die Geißel der Bargeldhaltung. Vor allem aber sind sie ökonomischer Unsinn.

So sieht das neuerdings auch die irische Regierung. An diesem Dienstag bringt Finanzminister Michael Noonan einen Entwurf im Kabinett ein, in dem er anregt, künftig keine Ein- und Zwei-Cent-Münzen mehr zu prägen. Damit reagiert er auf eine Empfehlung des National Payments Plan (NPP) der irischen Notenbank vom vergangenen Jahr. Ohne die Kleinmünzen würden Rechnungsbeträge auf fünf Cent genau gerundet, solange sie in bar beglichen werden.

Irland kostet die Ein-Cent-Münze 1,65 Cent

In der Region Wexford hat das offenbar schon gut funktioniert. Dort erprobte die Zentralbank die Rundungsregel neun Wochen lang im Herbst 2013. Die örtliche Handelskammer bezeichnete das Projekt als "großen Erfolg". Einer Studie des NPP zufolge haben Händler ihre Preise in der Folge nicht erhöht, um die Regel auszunutzen. NPP-Projektmanager Ronnie O'Toole sagte, der Versuch sei auch eine Reaktion auf die Befindlichkeiten der irischen Konsumenten. "Die Menschen sagten, sie könnten diese Münzen nicht mehr gebrauchen, um irgendetwas zu kaufen oder sie in einem Automaten zu verwenden. Also nehmen sie sie aus ihrem Geldbeutel und lagern sie zu Hause", sagte er der Zeitung Irish Times.

Sechs EU-Staaten haben inzwischen Rundungsregeln eingeführt, darunter die Euroländer Niederlande, Finnland und Belgien, sowie Dänemark, Schweden und Ungarn.

Das wichtigste Argument gegen die Kleinmünzen: Sie sind ein Verlustgeschäft für den Staat. In Irland kostet die Prägung einer Ein-Cent-Münze 1,65 Cent, die einer Zwei-Cent-Münze 2,07 Cent. Keine anderen Euro-Münzen werden häufiger geprägt. Weil Menschen sie in Spardosen oder Marmeladengläsern verstauen oder einfach Münzen verloren gehen, müssen die Eurostaaten ständig nachprägen, um den Bedarf zu decken.

Die irische Notenbank schätzt, dass derzeit Kleinmünzen im Wert von mehr als 35 Millionen Euro in Irland im Umlauf sind, dreimal so viel wie durchschnittlich in anderen Euro-Staaten. Die Bundesbank schreibt in ihrem Monatsbericht von April, die Kosten für die Münzherstellung lägen unter dem Nennwert - vermutlich eine Folge des stark gefallenen Kupferpreises.

Geht es eigentlich um diese alte Liebe zum Glückspfennig?

Die EU-Kommission hat bereits laut darüber nachgedacht, die Kleinstmünzen abzuschaffen. Ihr Urteil veröffentlichte sie im Mai 2013 in einer Mitteilung an den Rat und das Parlament: "Die Herstellung von Ein- und Zwei-Eurocent-Münzen ist eindeutig ein erhebliches Verlustgeschäft für das Euro-Währungsgebiet", schrieben die Kommissare.

Der große Irrwitz wird nämlich erst so richtig deutlich, wenn man den gesamten Zeitraum seit der Euro-Einführung betrachtet: Mehr als 46 Milliarden Ein- und Zwei-Cent-Münzen wurden seither ausgegeben. Und weil die Münzen eben ständig in Sparschweinen oder Brunnen verschwinden, ist diese Zahl seit 2002 um mehr als 75 Prozent angestiegen. Einige Euro-Länder bezahlen je nach Kupferpreis sogar das Vierfache des Nennwerts, bis eine Münze im Umlauf ist. Allein bis zum Jahr 2013 hat das die Staaten 1,4 Milliarden Euro gekostet. Ziemlich viel Geld für das unnütze Geklimper im Portemonnaie und die Vorliebe des Handels, seine 1,99-Preise zu verlangen.

Anscheinend ist den Deutschen diese permanente Gängelung von Bargeld-Bevorzugern und Geldtransporteuren aber nicht bewusst. Hierzulande wird der Pfennig noch geehrt, wie eine Umfrage der Bundesbank im Jahr 2011 ergab, und wie das Bundesfinanzministerium in der Vergangenheit gern betonte. Deshalb besitzt jeder Einwohner im Schnitt ungefähr 175 Ein- und Zwei-Cent-Münzen und damit ebenso deutlich mehr als im Durchschnitt des Euro-Raums.

Immerhin: "Falls [...] Kleinmünzen für Transaktionen in erster Linie dazu dienen, exakt Wechselgeld herauszugeben, dann könnte ein Verzicht auf diese Münzen einen kleinen Beitrag dazu leisten, den Zahlungsverkehr effizienter zu machen", deutet es die Bundesbank in ihrem April-Monatsbericht an.

Aber vielleicht ist das auch die falsche Herangehensweise. Es geht gar nicht um Effizienz. Es geht um diese alte Liebe zum Kupfergeld, um den Glückspfennig. Oder? Ende 2014 wurden noch etwa 23,5 Milliarden DM-Münzen gehortet. 13 Milliarden davon waren Ein- oder Zwei-Pfennig-Münzen.

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