Abgase:Baden-Württemberg plant Fahrerlaubnis bei Dieselnachrüstung

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Auch 2018 der dreckigste Ort im Land: Das Neckartor in Stuttgart. (Foto: imago/Arnulf Hettrich)

Die Belastung durch Abgase sinkt, aber nur langsam. Deshalb prescht die Landesregierung in Stuttgart vor: Wer seinen alten Diesel auf eigene Faust nachrüstet, soll belohnt werden.

Von Max Hägler

Die Belastung durch Dieselabgase geht zurück - aber sehr langsam. Das zeigt eine Analyse, die das Automobilinstitut (CAR) der Universität Duisburg-Essen durchgeführt hat und bei der die Daten von 409 offiziellen Messstationen in Deutschland verglichen wurden. Zwar habe sich die Belastung mit dem Reizgas Stickstoffdioxid an den 50 besonders kritischen Orten im Schnitt um neun Prozent verbessert, im Vergleich der ersten fünf Monate der Jahre 2017 sowie 2018. Jedoch werde es in diesem Jahr wohl dennoch in 41 Städten Grenzwertüberschreitungen geben. Weitere Dieselfahrverbote seien damit "wahrscheinlich", heißt es vom CAR-Institut. Hamburg hat bereits Straßen für ältere Dieselwagen gesperrt.

Rechne man diese Daten hoch, lasse sich absehen, dass auch im Jahr 2019 "bei sehr konservativer Prognose in mindestens zehn Städten mit Grenzwertüberschreitungen zu rechnen ist", sagt Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer. Die Grenzwertüberschreitungen seien selbst im Jahr 2020 nicht von der Hand zu weisen. Betroffen wären demnach München, Stuttgart, Kiel, Limburg, Köln, Hamburg, Reutlingen, Düren und Düsseldorf.

Wie das CAR-Institut zeigt, wird die Luft mittlerweile nur noch langsam besser und die bereitgestellten Software-Updates hätten "wenig Wirkung". Zugleich kämen viele Neuwagen mit vergleichsweise schlechten Euro-6-Dieselmotoren auf den Markt, die weiter viel Stickoxid ausstoßen. "Die Autobauer und die Politiker haben einen Fehler gemacht, indem sie Hardwarenachrüstungen ausgeschlossen haben", sagt Dudenhöffer.

Die Bundesregierung lehnt solche Umbauten bislang mehrheitlich ab und verweist auf die Argumente der Hersteller: Die Risiken seien zu hoch, die Genehmigungen dauerten zu lang. Allerdings gibt es für manche Modelle bereits Nachrüst-Katalystoren. Hier setzt nun das Land Baden-Württemberg an, das sich nicht mit Software-Updates allein zufrieden geben will. Für Freitag hat das von den Grünen geführte Landesverkehrsministerium Zulieferer, Autohersteller und Verbände zusammengerufen, um ihnen einen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eigenen Plan zu präsentieren: Die Besitzer von Euro-5-Diesel-Autos sollen mit einer rechtssicheren Fahrerlaubnis belohnt werden, wenn sie auf eigene Faust ihr Auto nachrüsten. Das Bundesverwaltungsgericht hat eigentlich die Aussperrung solcher Fahrzeuge zugelassen und sogar gefordert für Orte, an denen die Luftbelastung zu hoch ist.

"Es muss im Interesse aller sein, dass die nachgerüsteten Euro-5-Diesel-Fahrzeuge von den Fahrbeschränkungen ausgenommen werden", sagt Uwe Lahl, Amtschef im Stuttgarter Verkehrsministerium. Dazu brauche man aber endlich Grenzwerte, die festlegen, wie "sauber" ein nachgebesserter Wagen in absoluten Werten fährt. Die Autohersteller müssten den Nachrüstern zudem Einblick in die Motorsteuerungen gewähren, damit diese ihre Anlagen justieren könnten. "Und die Hersteller müssen uns sagen, welche Wagentypen ein qualifiziertes Update enthalten."

Das sei ein "Riesenaufwand" und "eigentlich Aufgabe des Bundes", sagt Lahl. Sollte er aber "auch hier abtauchen, sind wir gezwungen, Landesrecht zu schaffen", heißt es in Stuttgart. "Also werden wir in diesem Fall BW-Grenzwerte einführen müssen." Die Listen würden nach Prüfung, etwa durch den ADAC, an die Landespolizei weitergereicht, die so entsprechende Kontrollen durchführen könne, auch ohne Angaben im Fahrzeugschein. Ob das Vorgehen rechtlich Bestand hat, wisse man nicht, sagt Lahl, aber er erklärt schon mal, dass vor allem ausländische Fabrikate im Fokus sind. Denn diese Hersteller seien "völlig unkooperativ".

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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