Abgas-Skandal:4,3 Milliarden Dollar, und VW ist raus

US-Richter billigt die Einigung der US-Justiz mit dem Autobauer im Dieselskandal, übt aber heftig Kritik am Geschäftsgebaren des Konzerns. Strafrechtliche Ermittlungen sind eingestellt.

Von Max Hägler

Es war ein unangenehmer Gerichtstermin für Volkswagen in Detroit, wo viele der juristischen Fäden im Dieselskandal zusammenlaufen. Unter anderem musste sich der oberste Konzernjustiziar Manfred Döss am Freitag anhören, wie Bezirksrichter Sean Cox das Gebaren von VW im Dieselskandal kritisierte. Der massive Betrug sei "auch bedingt durch ein Versagen des VW-Aufsichtsrates", der - Richter Cox kennt den Fall - sich zusammensetze aus Vertretern des Landes Niedersachsen, der Arbeitnehmerschaft und Aktionären. "Diejenigen, die am meisten leiden müssten, sind die Arbeiter und Arbeiterinnen bei VW", sagte Cox einem Bericht der Detroit Free News zufolge. Diese Leute müssten wegen der Verfehlungen der höhergestellten Manager nun gegebenenfalls Einbußen bei Boni oder dem Gehalt hinnehmen. Tatsächlich kostet die Aufarbeitung des Dieselskandal den Konzern weltweit bislang etwa 22,6 Milliarden Euro. Auch deswegen baut etwa die Marke VW in den kommenden Jahren 14 000 Stellen ab, wenn auch "sozialverträglich".

Der Richter mahnte US-Medien zufolge an, dass auch in Deutschland diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die diesem "ikonischen Automobilhersteller" Schaden zugefügt haben. Dieses Drängen ist allerdings wohl nicht nötig: Am Freitag dankte das US-Justizministerium schriftlich der Staatsanwaltschaft Braunschweig für die Zusammenarbeit.

Wenn so deutlich Ursache und Wirkung aufgezeigt werden, dürften wohl auch harte Verhandler ins Grübeln kommen. Andererseits werden die Termine nun weniger, was die VW-Manger erleichtert. Denn Richter Cox hat bei dem Termin nun eine bereits geschlossene Vereinbarung mit der US-Justiz abgesegnet, es ist das Finale gewesen: 4,3 Milliarden US-Dollar zahlt der Konzern, im Gegenzug wurden strafrechtliche Ermittlungen zu den Manipulationen der Abgaswerte eingestellt und zivilrechtliche Verfahren beigelegt. Unbenommen davon sind Schadenersatzklagen von Aktionären gegen VW und weiterhin laufende Ermittlungen gegen VW-Mitarbeiter; sieben sind bereits angeklagt, einer sitzt sogar in den USA in Untersuchungshaft.

Volkswagen hatte im September 2015 erst auf Druck der US-Behörden zugegeben, in Dieselautos eine illegale Software eingebaut zu haben, die Testwerte nach unten manipulierte. Der Konzern gestand in diesem März auch ein, Ermittlungen behindert zu haben. "Das war ganz einfach: falsch", sagte VW-Justiziar Döss am Freitag vor Gericht. Das Unternehmen bedauere die Handlungen "zutiefst und aufrichtig". VW sei heute nicht mehr dasselbe Unternehmen wie noch vor 19 Monaten.

Teil der von Richter Cox gebilligten Vereinbarung ist die Einsetzung eines sogenannten "Monitors". Dieser Oberaufseher wird im Auftrag der US-Justiz mindestens drei Jahre lange nach Wolfsburg entsandt, um - gemeinsam mit einem eigenen Team - über etwaige Rechtsverstöße zu wachen. Man freue sich über die Ernennung des ehemaligen stellvertretenden Generalstaatsanwalts und Jura-Professors Larry Thompson, erklärte VW-Vorstand Hiltrud Werner, die im Konzern für Recht und Integrität verantwortlich ist: vollumfänglich werde man kooperieren und ihn bei seiner wichtigen Arbeit unterstützen. Dass diese auch Konflikte auslösen wird, blieb dabei unerwähnt: Thompson ist nun so etwas wie der mächtigste Mann bei VW. Er kann alle Akten einsehen - und Zweifelhaftes in die USA melden.

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