Abgas-Manipulationen:"Stadler muss liefern"

Inside The 2015 North American International Auto Show (NAIAS)

Wie lange ist er noch am Steuer? Rupert Stadler im Januar bei der Detroit Motor Show.

(Foto: Daniel Acker/Bloomberg)

Der Druck auf den Audi-Chef wegen der Dieselaffäre wächst. Dem Aufsichtsrat soll er nun erklären, was im Konzern schiefgelaufen ist.

Von Thomas Fromm

Bayern ist von Niedersachsen weit weg, und so gesehen war die Diesel-Affäre - von Ingolstadt aus gesehen - zwei Monate lang eine VW-Affäre. Im Norden der VW-Konzern mit seinem Chef, dem früheren Porsche-Boss Matthias Müller. Und unten im Süden die Nobel-Tochter Audi unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler. Hier die mit manipulierten Diesel-Motoren verseuchten VWs. Da die Premium-abteilung, natürlich sauber.

Seit einigen Tagen aber geht die Geschichte anders. Seit Audi gegenüber den US-Umweltbehörden erklärte, dass auch in einem selbst entwickelten Drei-Liter-Motor Software stecke, mit der Abgase manipuliert werden können, stecken auch die Ingolstädter tief im Schlamassel. Dabei hatte Audi noch am 2. November gegenüber den US-Behörden vollmundig dementiert, was die Amerikaner ihnen vorwarfen: dass sie die verbotene Software an Bord haben.

Nun wächst der Druck auf Stadler. Aus dem Aufsichtsrat kommen klare Ansagen: Man werde dann "Forderungen nach personellen Konsequenzen stellen, wenn alles auf dem Tisch" liege, heißt es dort.

Und: "Stadler muss jetzt liefern."

Schon in der nächsten Woche wollen die Kontrolleure erste Erkenntnisse vorliegen haben

Nach SZ-Informationen soll sich der Audi-Chef bei der Aufsichtsratssitzung des Konzerns am kommenden Donnerstag erklären. Dabei müsse "aufgeklärt werden, ohne Rücksicht auf einzelne Personen zu nehmen", fordert ein Teilnehmer. Konkret gehe man davon aus, dass in der kommenden Woche bereits "erste Ergebnisse und die nächsten Schritte aufgezeigt werden". Vor allem geht es darum: Zu verstehen, wie es zu der Nachricht von Anfang November kam. "Aus heutiger Sicht war das falsch, das muss aufgeklärt werden."

Wie sehr das Thema auch die Arbeitnehmerbank bei Audi alarmiert hat, zeigt eine gemeinsame Mitteilung des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Peter Mosch und von Berthold Huber, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Audi. Stadler müsse die Aufklärung "als Vorstandsvorsitzender weiterhin vorantreiben", schreibt Mosch in der Mitteilung, und zwar "lückenlos". Und: "Von Arbeitnehmerseite werden wir ganz genau auf die Fortschritte dieser Aufklärung achten." Damit macht Mosch klar: Man steht hinter Stadler, aber Stadler muss etwas dafür tun.

Seitdem die Sache bei Audi aufflog, heißt es, sei die Stimmung bei den Mitarbeitern im Keller und einer der Sätze, die hier oft fielen und die die Stimmung ganz gut wiedergäben, sei der hier: "Die lügen uns eh alle an." Zwei Ingenieure aus der technischen Abteilung wurden beurlaubt, einer soll zuständig für die Software-Bestückung gewesen sein, der andere für die Motorensteuerung. "Das aber wird nicht ausreichen", heißt es aus dem Aufsichtsrat. Was die Kontrolleure vor allem monieren: Es gebe bei Audi "erhebliche Defizite im Compliance-Bereich".

Mit anderen Worten: Die Kontrollen, vor allem bei technischen Abläufen und Abnahmen, funktionierten nicht. Das Thema hat nicht nur bei Audi wie eine Bombe eingeschlagen, es belastet auch das Verhältnis der VW-Töchter untereinander. Alte Rivalitäten brechen in diesen Tagen wieder voll auf, zum Beispiel im Verhältnis zur Konzernschwester Porsche. Denn der fragliche Motor wird nicht nur seit 2009 in Modellen aus Ingolstadt verbaut, sondern auch bei anderen Konzernmarken, im Porsche Cayenne und im Touareg. Ein Satz, der jetzt für erhebliche Verstimmungen zwischen Ingolstadt und Zuffenhausen sorgte, war dann dieser hier: Porsche warte "auf detaillierte Informationen des Motor-Lieferanten, Audi AG, was die nötigen Schritte angeht, um den Drei-Liter-Motor zu korrigieren". Ein Versuch, das Thema schnell von Porsche und VW nach Ingolstadt zu spielen? Geht man jetzt bewusst auf Distanz zur Konzernschwester? Im VW-Konzern wiegelt man ab - die Aussage stamme aus der Feder von Porsche-Anwälten in den USA. "Die haben ihre ganz eigene Sprache", heißt es. "Von Zwist unter Konzerntöchtern" könne "keine Rede sein", sagt auch ein Porsche-Sprecher.

Im Hintergrund hört man auch andere Stimmen. "Jetzt ist der Ball bei Audi", sagt einer, "und es ist wohl menschlich, wenn die anderen sich zurücklehnen und sagen: Damit haben wir nichts zu tun."

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