Abgas-Manipulation:Überwachung von Autokonzernen bleibt weiter schwierig

Münchner Luftreinhalteplan

Wer künftig Abgastests manipuliert, muss mit Strafen von bis zu 30 000 Euro pro Fahrzeug rechnen.

(Foto: picture alliance / Oliver Weiken)
  • Eine Reform der Auto-Typzulassung soll Autokonzerne künftig besser überwach- und bestrafbar machen.
  • Die Firmen sollen beispielsweise Strafen von bis zu 30 000 Euro pro Auto zahlen, wenn sie etwa Abgastests manipulieren.
  • Umwelt- und Verbraucherschützer sind von der Reform allerdings enttäuscht: Sie beseitige das Grundproblem der Nähe zwischen nationalen Behörden und Autoindustrie nicht.

Von Markus Balser, Berlin, und Thomas Kirchner, Brüssel

Als Reaktion auf den Skandal um manipulierte Abgaswerte wollen die EU-Staaten strengere Regeln bei der Typzulassung einführen. Außerdem soll die EU-Kommission mehr Aufsichtsrechte erhalten und bei Verstößen gegen Umweltvorschriften Strafen verhängen können. Auf diese Position verständigten sich die Staatenvertreter nach langem Streit am Montag in Brüssel. Die deutsche Bundesregierung, die schärfere Kontrollen lange blockiert hatte, stimmte dem Kompromiss zwar zu, fordert aber Änderungen, die in den anstehenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament umgesetzt werden sollen. Umwelt- und Verbraucherschützer zeigten sich enttäuscht.

Der EU-Kommission und dem Parlament kam es bei der Reform darauf an, mehr europäische Aufsicht einzuführen. Damit soll jene Nähe von nationalen Zulassungsbehörden und der einheimischen Autoindustrie unterbunden werden, die nach Brüsseler Ansicht die Skandale mit ermöglichte. Gelungen ist das nur teilweise. Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska bedauerte, dass der Vorschlag ihrer Behörde an mehreren Stellen aufgeweicht wurde. So sollen Volkswagen und andere Hersteller, die Abgastests manipuliert haben, für solche Vergehen künftig Strafen von bis zu 30 000 Euro pro Fahrzeug bezahlen müssen. Allerdings würden die Strafen von nationalen Behörden festgelegt und könnten auch sehr niedrig sein. Die EU dürfte sie nicht erhöhen.

Geplant ist auch, dass sich die staatlichen Zulassungsbehörden wie das deutsche Kraftfahrtbundesamt künftig gegenseitig überprüfen. Außerdem sollen die nationalen Behörden eine Mindestzahl von Autos kontrollieren, deren Modelle bereits zugelassen sind. So soll wenigstens eins von 50 000 im Vorjahr neu zugelassenen Fahrzeugen überprüft werden. Das EU-Parlament fordert eine höhere Quote.

In Deutschland hatte vor allem das Verkehrsministerium von Alexander Dobrindt wichtige Punkte der Reform abgelehnt, etwa empfindliche Geldstrafen für Hersteller oder eine stärkere internationale Kontrolle nationaler Behörden bei den Genehmigungsverfahren. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen. In einem Punkt allerdings schon: Die Zulassungen sollen nicht wie geplant nach fünf Jahren wieder auslaufen. Das hatte die Autoindustrie als bürokratisch kritisiert. Die Bundesregierung sieht trotzdem noch Klärungsbedarf, den sie in einer Protokollnotiz festhalten ließ. Für Streitfälle müsse es eine Schiedsstelle geben, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig, damit unabhängige Experten auch die Angaben der Kommission überprüfen könnten. Darüber hinaus möchte Berlin, dass illegale Abschalteinrichtungen, wie sie Volkswagen einsetzte, eindeutiger definiert werden.

Nach Ansicht des europäischen Verbraucherdachverbands Beuc könnte die Reform ein "Papiertiger" werden. Sie sehe keinen Zwang zu hohen Strafen vor, außerdem bleibe das Grundproblem bestehen: mögliche Interessenkonflikte zwischen nationalen Kontrollbehörden und Autoindustrie.

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