Abgang von Telekom-Chef Obermann:Ein Mann läuft weg

Obermann tritt als Telekom-Chef zurueck

René Obermann tritt überraschend als Telekom-Chef zurück. 

(Foto: dapd)

"Ich habe alles gegeben", sagt René Obermann. Man muss wohl hinzufügen: Das war nicht genug. Dürfen Manager sich einfach aus ihrer Verantwortung stehlen?

Ein Kommentar von Caspar Busse

In einer funktionierenden Gesellschaft tragen alle Verantwortung - Polizisten, Lehrer, Politiker, auch Manager. Vorstandsvorsitzende zum Beispiel müssen den Erfolg ihres Unternehmens im Blick haben, aber auch das Wohl ihrer Mitarbeiter, die Interessen ihrer Anteilseigner und Aktionäre, die Umwelt, die Gesellschaft als Ganzes. Wer langfristig Erfolg haben will, darf nicht nur kurzfristig den Gewinn maximieren. Führungskräfte stehen in einer dreifachen Verantwortung: nach innen, nach außen und für ein kooperatives Miteinander in unserer Gesellschaft, mahnte vor Kurzem Bundespräsident Joachim Gauck.

Dürfen Manager sich einfach aus dieser Verantwortung wegstehlen? Der Chef der Deutschen Telekom, René Obermann, hat gerade überraschend angekündigt, seinen Posten Ende kommenden Jahres aufzugeben. Die Begründung für seinen vorzeitigen Rückzug - sein Vertrag würde noch vier Jahre laufen - lässt viele Fragen offen.

Er wolle wieder "näher an den Maschinenraum" und wieder stärker unternehmerisch tätig sein, sagt Obermann. Sollte man nicht vom Chef eines der größten Unternehmen in diesem Land mit immerhin 236 000 Mitarbeitern erwarten, dass er nah am Geschäft und nah an den Kunden ist und dass er auch wie ein Unternehmer handelt?

"Ich habe alles gegeben", sagt Obermann. Man muss wohl hinzufügen: Das war nicht genug. Denn bei allen Erfolgen, die er auch vorzuweisen hat: Der Telekom-Chef ist in seinen sechs Jahren an der Spitze des Konzern nicht vorangekommen. Das Problem in den USA ist nicht gelöst, die dortige Mobilfunktochter belastet den Konzern weiter, genauso wie die hohen Schulden und die schlecht laufenden Geschäfte in Osteuropa. In Deutschland, dem nach wie vor wichtigsten Markt, schwindet der Umsatz. Woher hier neue Impulse kommen sollen, ist offen.

Obermann kein Vorbild

Das alles spüren auch die Aktionäre, der Kurs der Volksaktie Telekom ist ein Desaster. Seit dem Amtsantritt Obermanns verlor das Papier ein Drittel des Wertes. Selbst die Dividende, bislang eine der erfreulichen Konstanten, wurde jetzt zusammengestrichen. Angesichts dieser Bilanz ist es wohl konsequent, dass Obermann geht. Aber das sollte er auch offen einräumen.

Der 49-jährige Obermann stand eigentlich für einen neuen Typus von Manager - jugendlich, modern, lockere Umgangsformen, offen für Ideen, ein Macher. Davon gibt es bereits einige an der Spitze der großen deutschen Unternehmen: Kasper Rorsted vom Chemie- und Konsumgüterunternehmen Henkel gehört dazu, Post-Chef Frank Appel, Martin Blessing von der Commerzbank, Marijn Dekkers von Bayer.

Sie prägen einen neuen Stil - nicht autoritär, sondern kooperativ, nicht selbstherrlich, sondern umgänglich. Sie holen Frauen in das oberste Management, sie gehen Themen an wie die ständige Erreichbarkeit und die übermäßige Arbeitsbelastung von Mitarbeitern, wollen manchmal selbst Vorbild sein. Zumindest mit der Art seines Abgangs ist René Obermann kein Vorbild.

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