Wirtschaftlicher Abschwung:Bundesregierung verlängert Kurzarbeitergeld

Bundesarbeitsministerin von der Leyen will Kurzarbeitergeld derzeit nicht ausweiten

Arbeiter bei einer Demonstration: Die Arbeitsagentur zahlt jetzt für zwölf Monate Kurzarbeitergeld.

(Foto: dapd)

Überraschend schnell hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, das Kurzarbeitergeld vorsorglich von sechs auf zwölf Monate zu verlängern. Kurzarbeit hilft seit Jahren den Firmen, Auftragsflauten in konjunkturellen Krisenzeiten ohne betriebsbedingte Kündigungen zu überstehen.

Von Thomas Öchsner, Berlin, und Thomas Fromm

Am Ende dürfte der Druck auf die Bundesregierung zu groß gewesen sein. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und DGB-Chef Michael Sommer sind seit Monaten gemeinsam aktiv, flankiert von der mächtigen Metallindustrie und dem IG-Metall-Vorsitzenden Berthold Huber.

Jetzt haben Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nachgegeben: Die Bundesregierung hat sich überraschend schnell darauf verständigt, das Kurzarbeitergeld vorsorglich von sechs auf zwölf Monate zu verlängern. Die Ministerin werde die Verordnung in Kürze unterzeichnen, sagt eine Sprecherin von der Leyens. Die neue Regelung könne dann innerhalb weniger Tage in Kraft treten.

Kurzarbeit hilft seit Jahren den Firmen, Auftragsflauten in konjunkturellen Krisenzeiten ohne betriebsbedingte Kündigungen zu überstehen. Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) gibt es dann Kurzarbeitergeld - in der Regel 60 Prozent des ausgefallenen Nettoeinkommens für bislang maximal sechs Monate. Zuletzt war die Anzahl der Kurzarbeiter auf 60.000 leicht gestiegen; als normal gelten 100.000 im Jahresdurchschnitt. Die BA erwartet aber 2013 einen Anstieg auf 200.000.

Im Krisenjahr 2009, als das Wachstum in Deutschland um fünf Prozent einknickte, waren bis zu 1,5 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit beschäftigt. 300.000 bis 400.000 wurden so nicht arbeitslos. Die große Koalition hatte damals die Bezugszeit auf bis zu 24 Monate verlängert. Von einer Krise wie 2008/2009 ist das Land derzeit aber weit entfernt. Der Sprecher Röslers will die Verlängerung auf zwölf Monate deshalb als reine Vorsorgemaßnahme verstanden wissen. "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind gut. Wir geben damit aber den Unternehmen ein weiteres Instrument an die Hand, um bei einer möglichen Verschlechterung der konjunkturellen Lage schnell reagieren zu können", erklärt er.

MAN gilt als Vorreiter

Vor allem das Nutzfahrzeuggeschäft bekommt die Konjunkturschwäche schwer zu spüren. Der Lkw-Bauer MAN nutzt gleich nach der Weihnachtspause Mitte Januar die Kurzarbeit für 5300 Beschäftigte, zunächst für ein halbes Jahr. Allerdings, so MAN-Lkw-Chef Anders Nielsen im SZ-Interview, sei es gut möglich, dass die Frist über die ersten sechs Monate hinaus verlängert werde.

MAN gilt als Vorreiter. Der Konzern prescht mit dem ersten großen Kurzarbeitsplan für das kommende Jahr vor. In der Industrie rechnet man damit, dass noch andere folgen werden, besonders aus der Automobilindustrie und ihren Zulieferbetrieben. Dort schlägt die durch die Schuldenkrise bedingte Absatzflaute schon früher durch. So führte auch der Stuttgarter Autozulieferer Bosch in einigen Werken bereits Kurzarbeit ein. Ford und Opel beschlossen schon im Sommer Kurzarbeit für Tausende Mitarbeiter.

Daimler regelt das noch anders: Hier werden Arbeitszeitkonten zum Ausgleich leer geräumt. Kurzarbeit sei kein Thema, heißt es bei den Stuttgartern. Bei BMW kann von Kurzarbeit ebenfalls keine Rede sein - für das erste Halbjahr 2013 sind sogar Sonderschichten geplant.

Auch außerhalb der Autoindustrie kommen die Einschläge näher: Bei Thyssen-Krupp ist das Stahlgeschäft nicht zuletzt wegen der schwachen Autokonjunktur in Europa unter Druck. Folge: mehr als 2000 Arbeiter in Kurzarbeit. Bei EADS gibt es Kurzarbeit in der Eurofighter-Wartung in Manching. Und auch beim Münchner Halbleiterkonzern Infineon erhalten Mitarbeiter nach einem Gewinneinbruch für einige Monate ihr Geld von der Arbeitsagentur.

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