Vorschlag zu Abgabe auf CO2:Wie eine Steuer den Klimawandel stoppen könnte

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Qualmende Schornsteine eines Blockheizkraftwerkes in Berlin: Unter einer CO2-Steuer würden klimaschädliche Industrien leiden.

(Foto: sde)

Wer die Umwelt belastet, soll zahlen: Eine CO2-Steuer ist der Traum mancher Ökonomen. Auf dem Papier verhindert eine simple Abgabe den Klimawandel - doch es gibt auch Einwände.

Von Nakissa Salavati

Wenn sich Politiker mit dem Klimawandel beschäftigen, bedeutet das meist tagelanges Konferieren wie in Doha 2012, keine bis wenige verbindliche Regeln auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und Staaten, die sich dann nicht daran halten. Kurz: Es ist kompliziert. Dabei könnte alles so einfach sein, zumindest wenn es nach Henry Jacoby und John Reilly geht.

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Die Ökonomen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) hatten schon vor einiger Zeit eine simple Idee (hier als PDF). Sie schlagen eine Steuer auf alle fossilen Energieträger vor, die umso höher ausfällt, je mehr CO2 bei deren Verbrennung ausgestoßen wird. Im Idealfall würde dann die Belastung durch das Klimagas radikal sinken.

Der CO2-Zertifikatehandel in der EU geht bereits in diese Richtung. Hier wird allerdings der Preis für die Umweltschäden nicht vom Staat festgelegt, sondern vom Markt. Und die Preise sind momentan niedrig - viel zu niedrig, sagen Umweltschützer.

Bei einer CO2-Steuer würden dagegen klimaschädliche Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas konstant teurer - und auch die Produkte, für deren Herstellung diese Rohstoffe verbraucht werden. Wer also ein Auto kauft, müsste dafür einen höheren Preis zahlen, genauso wie für das Benzin, das er tankt.

Wer sparsam lebt, verdient daran

Der Clou: Der Staat soll das Geld, das er durch die Steuer einnimmt, nicht behalten, sondern wieder an seine Bürger verteilen - pauschal. Jeder bekäme also gleich viel zurück. Wer durchschnittlich viel CO2 verbraucht, müsste daher kaum mit echten Mehrausgaben rechnen. Und wer sparsam lebt, verdient sogar daran - etwa ein Autofahrer, der aufs Fahrrad umsteigt.

Die Spielregeln sollen sehr übersichtlich sein. "Wenn Ökonomen dieses Steuergesetz schreiben würden, wäre es recht einfach", sagte Jacoby dem US-Radiosender NPR. Es würde nicht mehr Platz brauchen als eine DIN-A4-Seite, behauptet er.

Natürlich profitieren nicht alle. Wenn fossile Brennstoffe teurer werden, leiden darunter Unternehmen, die von diesen Energien abhängen, von der Schwerindustrie bis hin zu Herstellern von Plastikverpackungen. Arbeitsplätze wären in Gefahr. Firmen, die effizient und klimaschonend arbeiten, stünden hingegen besser da. Die Preise ihrer Produkte würden kaum steigen.

Der Klimawandel ist global wie die Warenströme

Die Steuer erscheint so gerecht, weil nur diejenigen für den Klimawandel aufkommen, die ihn auch verantworten. Ungerecht ist die Steuer aus Sicht der Menschen, die dadurch ihren Job verlieren könnten, oder die ihr Verhalten nicht so einfach ändern können, weil sie zum Beispiel auf das Auto angewiesen sind.

Wenn doch alles so einfach lösbar sein könnte, warum fördern Politiker in Deutschland dann die Solarenergie, um an anderer Stelle höhere CO2-Grenzen für Autos zu verhindern? Warum könnten sie sich wohl nicht einmal im eigenen Land auf die CO2-Steuer von Jacoby und Reilly einigen, geschweige denn auf internationalen Konferenzen?

Der Klimawandel ist so global wie die Warenströme. Besteuert ein Staat CO2, kann es im Nachbarland schon anders aussehen. Dort könnten die energieintensiven Industrien weiterhin billig produzieren. Das Konzept würde also nur richtig funktionieren, wenn es weltweit eingeführt würde. Das wiederum ist sehr schwierig. Es ist außerdem nicht sicher, wie sich der enorme Wandlungsdruck durch eine solche CO2-Steuer tatsächlich auf die Wirtschaft auswirken würde. Und welche Kanzlerin, welcher Präsident verkündet den Bürgern, dass sie ihren Job verlieren - weil es dem Klima guttut? Auch die Industrielobby würde wohl deutlich auf diese Folge hinweisen.

So bleibt die Idee der Ökonomen vorerst ein Stück Papier.

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