Verdacht auf Korruption:Staatsanwaltschaft leitet Bußgeldverfahren gegen VW ein

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Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, auf der Hannover Messe.  (Foto: dpa)

Der Autokonzern Volkswagen hat Ärger wegen seines Werksklubs VfL Wolfsburg. Nach SZ-Informationen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Bußgeldverfahren gegen VW und den Einkaufsvorstand eingeleitet. Mangelnde interne Kontrollen sollen mutmaßliche Korruption ermöglicht haben.

Von Klaus Ott

Sein Job ist es, gut und günstig shoppen zu gehen. Dass es Francisco Javier Garcia Sanz immer wieder gelingt, als Einkaufsvorstand von Volkswagen bei den Zulieferern die Preise zu drücken, bringt dem Spanier intern jede Menge Lob ein. Derzeit hat der Manager, er ist einer der drei mächtigsten Männer im Unternehmen, allerdings auch jede Menge Ärger. Das hängt mit seinem Nebenjob zusammen. Garcia Sanz ist Aufsichtsratschef beim Werksklub VfL Wolfsburg, der in der Fußball-Bundesliga kickt. Wegen fragwürdiger Geschäfte, bei denen der VfL eine wichtige Rolle spielt, hat der Einkaufsvorstand ein Bußgeldverfahren am Hals.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft verdächtigt Garcia Sanz, "pflichtwidrig" gehandelt zu haben. Er habe nicht dafür gesorgt, dass mutmaßliche Straftaten verhindert werden und insofern seine Kontrollpflichten verletzt. Auch gegen VW selbst läuft ein Bußgeldverfahren. Dem Konzern mit Sitz in Wolfsburg und Garcia Sanz wird ein möglicher Korruptionsfall angelastet, der aus Sicht der Stuttgarter Ermittler nicht passiert wäre, wenn die Kontrollen funktioniert hätten. Zwei Führungskräfte von Volkswagen aus der Einkaufssparte von Garcia Sanz sind in Stuttgart wegen Bestechung angeklagt, drei ehemaligen Managern der Telekom-Tochter T-Systems wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Wann der Prozess beim Landgericht Stuttgart beginnt, steht noch nicht fest.

Der Anklage zufolge soll Volkswagen einen hoch dotierten Vertrag mit T-Systems erst dann fortgesetzt haben, als die Telekom-Tochter ihrerseits angekündigt hatte, ein Sponsor-Abkommen mit dem VfL Wolfsburg über vier Millionen Euro pro Saison zu verlängern. Der Deal über die Pflege von Computersystemen bei VW hätte aber nicht an die Unterstützung des Werksklubs VfL gekoppelt werden dürfen, glaubt die Staatsanwaltschaft. Die Angeklagten bestreiten den Vorwurf. Dass T-Systems das VfL-Sponsoring später einstellte, ändert aus Sicht der Ermittler nichts am vermeintlichen Gesetzesverstoß.

Einer der Beschuldigten wohnt in Stuttgart, wo auch die Telekom-Tochter T-Systems aktiv ist. Deshalb hält sich die dortige Justiz für zuständig.

Die Ermittlungen haben viele Indizien dafür zutage gefördert, dass VW jahrelang Lieferanten gedrängt hat, den VfL zu sponsern. Oder gar die Vergabe von VW-Aufträgen an ein finanzielles Engagement der Dienstleister und Zulieferer beim Werksklub geknüpft wurde. Damit der Fußball-Bundesligist neben vielen Millionen Euro von VW noch mehr Geld kassiert. Garcia Sanz hat als Zeuge in Stuttgart erklärt, es könne sein, dass er seinen Leuten bei einer Bereichsleitersitzung mal gesagt habe, man müsse sich bei VW auch um den VfL kümmern. Alle Mitarbeiter hätten dann schon gewusst, was zu tun gewesen sei, gab der Spanier zu Protokoll.

Hätten Garcia Sanz und VW tatsächlich die Kontrollpflichten verletzt, dann müssten sie nach den einschlägigen Paragrafen des Ordnungswidrigkeitengesetzes maximal jeweils eine Million Euro zahlen. Das wäre nicht das Problem, Geld ist genug da. Es würde aber ein schlechtes Licht werfen auf den Umgang von Volkswagen mit Lieferanten, die von Aufträgen aus Wolfsburg abhängig sind. Und es könnte die künftige Akquisition von Sponsoren für den Werksklub beeinträchtigen. Beim Prozess in Stuttgart geht es auch um die Grundsatzfrage, inwieweit Sport und Wirtschaft miteinander verquickt werden dürfen.

VW hat die Verdächtigungen aus Stuttgart wiederholt zurückgewiesen. Man habe niemanden zu einem Sponsoring beim VfL gedrängt. Zum Bußgeldverfahren gegen VW und Garcia Sanz erklärte ein Konzernsprecher, die Vorwürfe seien unbegründet und "substanzlos".

Wie immer das Verfahren enden wird, der VfL Wolfsburg und sein Aufsichtsratschef Garcia Sanz haben auch so genug Probleme. Der Werksklub hat in den vergangenen Jahren viel zu viele Spieler gekauft. Aber nicht gut und günstig. Sondern schlecht und teuer.

© SZ vom 25.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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