Unbeaufsichtigte Finanzgeschäfte:Schattenbanken sind größer als vor der Finanzkrise

Sie betreiben oft riskantere Geschäfte als normale Banken, unterliegen aber in der Regel keinerlei Aufsicht: Sogenannte Schattenbanken wurden mitverantwortlich gemacht für den Ausbruch der Finanzkrise. Ihr Einfluss auf das globale Finanzsystem ist seither gestiegen.

Sie sind die dunkle Materie der Finanzmärkte: Schattenbanken. In diese Kategorie fallen Finanzinstitute, die bankähnliche Aufgaben übernehmen, aber nicht der Bankenaufsicht unterliegen - also etwa manche Hedgefonds. Häufig richten Banken solche Tochtergesellschaften ein, um Finanzgeschäfte außerhalb der eigentlichen Bilanzen zu tätigen. Eindeutig ist die Definition allerdings nicht.

Jahresbericht Schattenbanken

Für seinen Jahresbericht sammelt der Finanzstabilitätsrat Daten aus 25 Ländern, die insgesamt 90 Prozent des weltweiten Kapitals ausmachen. Das Ergebnis: Die Größe der sogenannten Schattenbanken (in der Grafik: Other financial intermediaries) hat seit der Finanzkrise weiter zugenommen.

(Foto: Global Shadow Banking Monitoring Report 2012)

Solche Nicht-Banken sollen mitverantwortlich gewesen sein für die Entstehung der Finanzkrise. In Deutschland war es beispielsweise die Mittelstandsbank IKB, die in der Finanzkrise als eines der ersten Institute des Landes ins Schlingern kam. Sie hatte mehrere Schattenbanken geschaffen, die sich mit US-Hypothekenpapieren verspekulierten. Am Ende fielen die riskanten Geschäfte der Töchter auf die IKB zurück.

Die Politik fordert daher eine stärkere Kontrolle - allen voran die G 20, also die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Im Finanzstabilitätsrat (FSB) der G 20 sind Notenbanker unf Finanzaufseher vertreten. Das Gremium erstellt jährlich einen Bericht, in dem es die Entwicklung der Schattenbanken in 25 Ländern weltweit untersucht. Diese Länder vereinen 90 Prozent des globalen Kapitals auf sich.

Das ernüchternde Ergebnis: Der Kampf gegen die Schattenbanken zeigt bislang wenig Erfolg. Im Gegenteil, die Nicht-Banken sind sogar größer geworden: Der FSB bezifferte das Volumen zum Ende des vergangenen Jahres auf 67 Billionen Dollar (Bericht als PDF). Zum Start der Krise 2007 waren es erst 62 Billionen Dollar, vor zehn Jahren noch 26 Billionen.

Hohe Dunkelziffer

Damit verwalten die größtenteils unregulierten Institutionen etwa ein Viertel der Vermögenswerte im gesamten Finanzsystem. Die "normalen" Banken stellen knapp die Hälfte, der Rest kommt von Versicherern und Pensionsfonds, Staatsbanken und Zentralbanken. Dabei sei die Dunkelziffer bei den Schattenbanken noch groß, sagte der FSB. So seien viele Hedgefonds in Steuer- und Finanzparadiesen zu Hause, wo den Aufsehern genaue Daten fehlten.

Schattenbanken seien zwar an sich nichts Schlechtes, betonten die Aufseher. Doch könnten sie eine Finanzkrise beschleunigen oder sogar selbst auslösen. Riskant wird es zum Beispiel, wenn sich Banken über ihre Tochtergesellschaften unbemerkt verschulden. Institute, die der Bankenaufsicht unterliegen, müssen ihre Geschäfte mit einer bestimmen Quote an Eigenkapital absichern - Schattenbanken können dies mangels Kontrolle umgehen.

Im Krisenfall sind es häufig zuerst Hedgefonds, die sich abrupt aus drohenden Verlustgeschäften zurückziehen. Sie seien aus Sicht der Aufseher am verwundbarsten, weil ihre eigenen Geldgeber in schlechten Zeiten häufig blitzschnell die Liquidität abziehen. Wenn die Hedgefonds aber schnell größere Mengen beispielsweise an Wertpapieren abstoßen, kann dies für Chaos im Finanzsektor sorgen.

Stärkere Kontrollen für Schattenbanken

Der FSB fordert eine strengere Regulierung der Schattenbanken. Das Gremium hat ein Maßnahmenpaket zur Diskussion gestellt, das bis September 2013 von den G-20-Staaten umgesetzt werden soll. Unter anderem sollen die Abschläge bei sogenannten Repo-Geschäften begrenzt werden, die bei Schattenbanken sehr beliebt sind. Dabei hinterlegen Finanzinstitute bei Geschäftspartnern Anleihen und andere Wertpapiere, im Gegenzug erhalten sie kurzfristige Kredite.

Der Kreditnehmer verpflichtet sich, die Wertpapiere zu einem festen Preis zurückzukaufen - die Geldgeber verlangen aber häufig Abschläge auf die Sicherheiten, um sich gegen Wertverluste abzusichern. Die FSB-Experten kritisieren, dass dadurch negative Effekte verstärkt würden. Fallen die Abschläge in guten Zeiten beispielsweise sehr niedrig aus, wird dadurch eine übermäßige Kreditaufnahme gefördert, sagen sie.

Doch nicht alle Schattenbanken sind gefährlich: So zählen die Aufseher auch die in den Niederlanden angesiedelten Finanztöchter vieler Banken zu dieser Gruppe. Den größten Schattenbanken-Sektor haben nach den FSB-Daten die USA: Er ist dort allein 23 Billionen Dollar groß und macht 35 Prozent des gesamten Finanzsektors aus. Die gesamte Euro-Zone kommt auf 22 Billionen Dollar. In internationalen Finanzzentren wie Hongkong, Großbritannien, Singapur und der Schweiz erreicht das Volumen der Schattenbanken ein Vielfaches des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

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