Schärfere Sparmaßnahmen:Troika fordert Sechs-Tage-Woche für Griechen

Länger arbeiten am Tag, in der Woche, im Leben: Die Kontrolleure von EU, EZB und IWF fordern von den Griechen offenbar radikale Änderungen im Arbeitsrecht und im Rentensystem. Sie drängen auf die Entlassung Tausender Beamter. Dafür glaubt EU-Chef Barroso an einen Wendepunkt für Griechenland im Herbst.

Die Forderungen dürften massive Proteste in Griechenland auslösen: Die Kontrolleure der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds drängen die griechische Regierung zu drastischen Schritten.

Wie aus Kreisen des Arbeitsministeriums in Athen verlautete, schlage die Troika vor, dass das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre erhöht wird. Zudem solle die Sechs-Tage-Woche wieder eingeführt werden. Mehr noch: Arbeitnehmer sollen, wenn der Betrieb dies als nötig erachtet, bis zu 13 Stunden am Tag arbeiten.

Zugleich sollen Kündigungsfristen und Abfindungen halbiert werden und im staatlichen Bereich allein bis zum Jahresende 15.000 Menschen gehen. Athen lehnt bislang alle diese Maßnahmen ab.

Die Koalitionsparteien - Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke - fürchten, dass solche drastischen Einschnitte zu sozialen Unruhen führen könnten. Damit könnten alle Bemühungen um eine Stabilisierung der Wirtschaft zunichte gemacht werden.

Am Mittwochabend wollen die drei Parteivorsitzenden der Koalitionsregierung in Athen abermals über das mehr als 11,5 Milliarden Euro schwere Sparprogramm beraten. Mit einer Einigung in dieser Woche sei kaum noch zu rechnen, hieß es übereinstimmend in der griechischen Presse.

"Raus hier"

Die Troika soll Anfang Oktober ihren neuen Bericht zu den Reformen in Griechenland vorlegen. Von ihrer Einschätzung hängt ab, ob Athen neue Hilfszahlungen in Höhe von 31,5 Milliarden Euro erhält.

Dutzende Gegner des griechischen Sparprogramms hatten am Dienstag den Beginn der Troika-Verhandlungen im Arbeitsministerium in Athen verzögert. Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft Pame bildeten eine Menschenkette vor dem Eingang des Gebäudes. "Troika, IWF, EZB: Raus hier", war auf einem Spruchband zu lesen.

Die Gespräche begannen erst mit zweistündiger Verspätung, nachdem die Demonstranten abgezogen waren. Vertreter der Troika hatten einem Pressebericht zufolge sogar vorgeschlagen, das Treffen in ein Hotel zu verlegen. Aber Arbeitsminister Yannis Vroutsis habe darauf bestanden, dass die Gespräche in seinem Ministerium stattfänden.

EU-Länder sollen zu Griechenland halten

In den kommenden Wochen sind zahlreiche Proteste gegen die neue Sparrunde geplant. Die beiden größten Gewerkschaften haben für diesen Monat einen Generalstreik angekündigt. In dieser Woche planen unter anderem die Lehrer, die Steuerbeamten und die Beschäftigte der Tourismuswirtschaft Arbeitsniederlegungen und andere Aktionen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat Griechenland unterdessen eindringlich aufgefordert, seine Zusagen einzuhalten und die versprochenen Reformen umzusetzen. Wenn Athen "alle Zweifel" aus dem Weg räume und sich reformwillig zeige, könne das Land in der Euro-Zone bleiben, sagte Barroso vor dem Europaparlament in Straßburg.

Die übrigen EU-Staaten müssten ihrerseits aber alle Zweifel aus dem Weg räumen, dass sie zu Griechenland halten, fügte der Portugiese hinzu. "Wir müssen akzeptieren, dass wir alle im gleichen Boot sitzen", forderte Barroso. "Solidarität und Loyalität sind das Mindeste."

Die EU-Staaten dürften "keinen Zweifel daran lassen, dass die Europäische Union und der Euro unumkehrbar sind". Einige schwächere Mitgliedsländer müssten nun "schmerzhafte Anpassungen" vornehmen, die aber notwendig seien.

Die Kommission werde ihnen dabei helfen, etwa durch eine Umprogrammierung der Strukturfonds. Bereits im Herbst werde es vermutlich einen "Wendepunkt" für Athen geben, sagte Barroso.

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