OECD-Studie zur Altersvorsorge:Mit 74 in Rente

Die Armut sinkt, die Lebenserwartung steigt: Die OECD fordert daher, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. In vielen Ländern soll man schon jetzt erst mit 67 Jahren in Pension gehen - mancherorts könnten es Experten zufolge 74 Jahre werden.

Thomas Öchsner

So mancher Rentner wird dies mit Erstaunen hören: Die heutige Generation der Ruheständler lebt in einer Phase, "die sich einmal als goldenes Zeitalter für Renten und Rentner erweisen könnte". Das meint die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Studie zur Zukunft der Altersvorsorge-Systeme.

Laut der neuen Untersuchung leben heute etwa ein Viertel weniger ältere Menschen in Armut als noch Mitte der achtziger Jahre. Auch ihre Lebenserwartung steigt: Die heute 65-Jährigen dürften 3,5 Jahre länger auf der Welt sein. Doch wenn die gesetzliche Rente weiter finanzierbar sein soll, müssten die Regierungen das Renteneintrittsalter weiter anheben, so die OECD. Dies gilt im Prinzip auch für Deutschland, in dem seit Jahresanfang die Rente mit 67 eingeführt wird.

"Ältere Menschen sollten nicht davon abgehalten werden, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Dann können auch unsere Kinder und Enkelkinder am Ende ihres Arbeitslebens eine angemessene Rente genießen", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria.

In 14 Staaten der 34 Nationen innerhalb der Organisation gilt bereits eine Grenze von 67 Jahren oder mehr. Trotzdem fordert die OECD, bei den Reformen nachzulegen und das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. In Dänemark muss die jeweilige Regierung alle fünf Jahren kontrollieren, wie sich die Sterbetafeln entwickeln und dann bei Bedarf das Rentenalter erhöhen. Experten haben deshalb bereits vorgerechnet, dass dort das Renteneintrittsalter auf Grund der steigenden Lebenserwartung langfristig auf bis zu 74 Jahre klettern könnte. In Italien werden ähnliche Regeln von 2013 an eingeführt.

In Deutschland gibt es solch einen Mechanismus nicht. Bei der jährlichen Anpassung der Renten wird aber berücksichtigt, wie sich das Verhältnis zwischen Rentenbeziehern und Beitragszahlern verändert. Nimmt die Zahl der Rentner zu und die der Beitragszahler ab, drückt dies auf die mögliche Rentenerhöhung. "Das kann dazu führen, dass die Leistungen für die Rentner immer weiter zurückgehen", sagt die OECD-Rentenexpertin Monika Queisser.

Nach Angaben der Organisation haben schon die Rentenreformen der vergangenen zehn Jahre in vielen Ländern zu einer Kürzung der staatlichen Rentenzusagen geführt, in der Regel um ein Fünftel bis ein Viertel. "Im Durchschnitt der OECD-Länder können Personen, die heute zu arbeiten beginnen, eine staatliche Nettorente in Höhe von rund der Hälfte ihres Nettoverdienst erwarten", heißt es in der Studie.

In ihrer Untersuchung macht sich die OECD auch dafür stark, die Bürger zu einer privaten Altersvorsorge zu verpflichten. Als Modell schwebt der Organisation dabei die "automatische Mitgliedschaft vor, wie sie 2007 Neuseeland eingeführt hat: Dabei müssen die Bürger, etwa über ihren Arbeitgeber, automatisch Geld für eine zusätzliche Vorsorge abzwacken. Nur wer sich ausdrücklich dagegen entscheidet, muss nichts zurücklegen.

Die OECD warnt: In Ländern wie Japan, USA oder Deutschland, in denen die staatliche Rente relativ niedrig und die private Altersvorsorge freiwillig ist, müssten "große Teile der Bevölkerung mit starken Einkommenseinbußen im Ruhestand rechnen". Rentenexpertin Queisser sagt: "Deutschland muss aufpassen, dass es gerade bei Menschen, die heute im Niedriglohnsektor arbeiten, nicht zu einer verschärften Altersarmut kommt".

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