Neues Gesetz:Guttenbergs Großkanzlei

Kein Vertrauen in die eigenen und vor allem teuer bezahlten Mitarbeiter? Bundeswirtschaftsminister Guttenberg hat das "Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes" von der britischen Großkanzlei Linklaters ausarbeiten lassen - und zwar komplett.

Heribert Prantl

Das Bundeswirtschaftsministerium gehört nicht gerade zu den kleinen und unscheinbaren Ministerien. Dort ist, sehr gut besoldet, sehr viel Sachverstand zu Hause. Minister Karl-Theodor zu Guttenberg scheint aber dem Sachverstand außer Hause sehr viel mehr zu trauen.

Wirtschaftsminister Guttenberg, ddp

Der Schattenmann: Bundeswirtschaftsminister Guttenberg - traut er Externen mehr Sachverstand zu als den Mitarbeitern im eigenen Haus?

(Foto: Foto: ddp)

Das "Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes", das soeben im Entwurf für Furore sorgt, hat er komplett von der britischen Großkanzlei Linklaters ausarbeiten lassen. Linklaters ist eine globale Lawfirm, eine Rechtsfabrik mit 2400 Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern mit Dependancen in Deutschland. Im vergangen Jahr hat Linklaters die Großkanzlei Sullivan & Cromwell an der Spitze der Weltrangliste der Fusionsberater abgelöst. Linklaters' Anwälte waren an den größten Deals der Firmenwelt beteiligt. Weil die Zeit dieser Deals vorbei ist, beschäftigt sich die Großkanzlei jetzt mit den Folgen dieser Deals: Jetzt ist sie groß im Insolvenzgeschäft - so groß, dass sich der Wirtschaftsminister von ihr einen fertigen Gesetzentwurf schreiben lässt; es handelt sich nicht nur, wie ursprünglich verlautbart, um eine "Mitarbeit" der Kanzlei.

Das "Outsourcing" der Gesetzesproduktion ist in jüngerer Zeit durchaus Usus. Zuletzt hatte das Finanzministerium einen Rohling für das HRE-Enteignungsgesetz von der Kanzlei Freshfield ausarbeiten lassen. Aber bisher war es stets so, dass die Ministerien dies als Zuarbeit, als Arbeitsgrundlage verwendet haben. Dies wurde jedenfalls bei öffentlicher Kritik so behauptet. An der Nutzung externen Sachverstands ist im Grunde nichts einzuwenden, solange "die Legitimität beim Minister bleibt", so der Hamburger Professor Ulrich Karpen, Vorsitzender der Gesellschaft für Gesetzgebung. Das heißt: der Rohling darf nicht einfach als fertiger Text übernommen werden.

Kaschieren? Warum denn?

Dies ist aber offensichtlich beim Guttenberg'schen Kreditwesengesetz geschehen; das Ministerium hat sich nicht einmal bemüht, das zu kaschieren. Auf dem Text, der den anderen Ministerien zugeleitet wurde, steht nicht nur "Entwurf, Stand 27. Juli 2009", sondern auch auf jeder der 28 Seiten oben das Signum "Linklaters". Der Text ist anscheinend eins zu eins weitergeleitet worden. Das ist ein neues Kapitel im Buch "Großkanzleien als Gesetzgeber".

Pikant ist die Geschichte auch deshalb, weil das Wirtschaftsministerium für die fertige Ausarbeitung des Gesetzes gar nicht zuständig ist. Federführend ist das Justizministerium. Das Bundeskabinett hat allerdings nach den Querelen um die Verstaatlichung der HRE-Bank das Justiz- und das Wirtschaftsministerium beauftragt, miteinander ein Konzept für die Pleiten von systemrelevanten Banken zu erarbeiten. Das Miteinander hat sich nicht fruchtbar gestaltet; es gab Kommunikationsprobleme. Das Justizministerium arbeitet zur Reform des Insolvenzrechts an einem Konzept, das ein "privatautonomes Planverfahren" mit privaten Verwaltern vorsieht. Die Details werden von jungen Spezialisten ausgearbeitet, die das Ministerium eingestellt hat.

Das Wirtschaftsministerium hat den Auftrag an Linklaters' Anwälte weitergegeben. Deren Entwurf sieht ein Verfahren vor, in dem Verwaltungsbehörden das Sagen haben - an der Spitze die Bafin, die allerdings schon mit ihren bisherigen Zuständigkeiten recht ausgelastet ist. Vor zehn Wochen lag ein erster Entwurf vor. Der nunmehrige zweite unterscheidet sich vom ersten vor allem dadurch, dass er offiziell als "Linklaters"- Entwurf firmiert.

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