Landwirtschaftsminister Friedrich:Feuerprobe Genmais

Hans-Peter Friedrich

Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sucht nach einer Haltung zur Gentechnik.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Vorgängerin Ilse Aigner hatte sich aus der Affäre gezogen. Jetzt muss Agrarminister Hans-Peter Friedrich über Genmais entscheiden - es ist eine Grundsatzfrage. Kritiker machen Druck.

Von Silvia Liebrich

Seinen Start als neuer Bundeslandwirtschaftsminister hat sich Hans-Peter Friedrich (CSU) sicher gemütlicher vorgestellt. Am Freitag beginnt in Berlin die Grüne Woche, die größte Verbrauchermesse der Welt und das wichtigste Schaufenster für Landwirtschaft und Ernährungsindustrie. Ein schöner Repräsentationstermin. Doch eine neue Debatte über die Zukunft der Gentechnik könnte Friedrich einen gelungenen Einstand vermasseln.

Schon in den nächsten Tagen muss er Stellung beziehen in einem besonders heiklen Fall, der bereits bei Bauern- und Ökoverbänden und in der Lebensmittelindustrie für Wirbel sorgt. Es geht um die Zulassung einer neuen Genmaissorte, die nicht nur gegen das Unkrautgift Glufosinat resistent ist, sondern selbst auch Insektengift produziert, das Schädlinge vernichtet. Das Problem: Dieses Gift könnte auch für Schmetterlinge und nützliche Insekten gefährlich sein.

Bis 28. Januar müssen die Agrarminister der 28 EU-Länder ihre Zustimmung oder Ablehnung signalisieren. Der Bundesregierung läuft die Zeit davon. Im Bundestag kann nicht mehr darüber debattiert werden. Bereits nächste Woche will die Koalition darüber abstimmen. Wenige Tage vor dem Stichtag ist noch immer unklar, wie Friedrich sich verhalten wird. Dieses Zögern sorgt für Irritation. "Es ist zu befürchten, dass die neue Bundesregierung in der Gentechnik-Frage eine Rolle rückwärts macht und die ganze Diskussion wieder von vorne losgeht", sagt Jan Plagge, Vorstand vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

Alles andere als eine klare Absage an die Zulassung der Genmaissorte, die von den US-Firmen Pioneer und Dow Agroscience entwickelt wurde, wäre ein Schlag ins Gesicht der Konsumenten, argumentiert er. Der Deutsche Bauernverband fordert ebenfalls eine klare Position des Agrarministers. "Verbraucher lehnen Gentechnik im Essen ab", sagte ein Sprecher des Bauernverbandes. Das müsse respektiert werden. Für den Schutz der Verbraucher muss sich Friedrich im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Ilse Aigner (CSU) allerdings nicht mehr verantwortlich fühlen. Diese Zuständigkeit liegt jetzt beim Justizministerium.

Merkel ist grüner Gentechnik gegenüber aufgeschlossen

Doch auch die Lebensmittelindustrie macht Druck. Bertram Brökelmann, einer der größten Ölmühlenbetreiber in Deutschland, fordert ein klares Nein der Regierung für die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen. "Mittelständische Erzeuger aus der EU haben auf dem Weltmarkt mit gentechnikfreien Waren einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil. Damit verdienen wir mehr", sagt der Unternehmer aus Hamm, der einen Teil seines Speiseöls exportiert.

Die Entscheidung über die Genmaissorte mit der Nummer 1507 könnte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Bredouille bringen. Sie ist der grünen Gentechnik gegenüber durchaus aufgeschlossen - und sie steht im Wort bei der Chemie- und Argrarindustrie. Vor allem Bayer und BASF wünschen sich ein gentechnikfreundliches Umfeld in Deutschland. Beide Firmen erforschen und entwickeln Gentech-Pflanzen, aber vor allem außerhalb der EU, weil sie dort bessere Bedingungen vorfinden.

Friedrichs Vorgängerin Aigner hat sich mit einem taktischen Trick aus der Affäre gezogen. Für den Anbau der in der EU zugelassenen Genmaissorte Mon810 setzte sie in Deutschland ein Verbot durch. Wenn es jedoch um Abstimmungen auf EU-Ebene ging, enthielt sie sich der Stimme. "Eine Enthaltung muss man aber als Zustimmung für eine Zulassung werten", heißt es beim Bauernverband. Plagge vom BÖLW befürchtet nun, dass Friedrich Aigners Zickzack-Kurs fortsetzen könnte. Für den neuen Agrarminister wird die Entscheidung über die Maissorte 1507 zur ersten Feuerprobe. Sie wird als wegweisend für seinen künftigen Kurs in der Agrarpolitik gesehen.

In anderen Ländern wird die Zulassung der Genmaissorte 1507 ebenfalls kontrovers diskutiert. Frankreich will ein vereinfachtes Abstimmungsverfahren nicht akzeptieren, bei dem die Minister der Länder schriftlich abstimmen. Stattdessen verlangen die Franzosen eine ordentliche Sitzung. Das allein sagt freilich noch nichts über das Abstimmungsverhalten aus. Beobachter werten dies aber als Indiz, dass Frankreich gegen eine Zulassung stimmen wird.

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