Korruptionsvorwürfe gegen Thyssen-Krupp-Manager:Verräterische Luxusreisen

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Jürgen Claassen, Vorstandsmitglied bei Thyssen-Krupp eingeleitet. Teure Reisen nach China und Südafrika haben den Verdacht gegen ihn geweckt. Besonders problematisch: Claassen ist als Compliance-Manager eigentlich dafür zuständig, das korrekte Verhalten seiner Kollegen zu überwachen.

Von Karl-Heinz Büschemann und Klaus Ott

Besonders luxuriöse Auslandsreisen des Thyssen-Krupp-Vorstandsmitglieds Jürgen Claassen haben die Justiz mobilisiert: Die Essener Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den 54jährigen Manager eingeleitet. Die Welt am Sonntag hatte darüber berichtet, das Claassen einzelne Journalisten oder ganze Gruppen zu teuren Reisen nach Südafrika und China eingeladen hatte, die für die mitgereisten Journalisten einen hohen Freizeitwert boten. Auch eine Dienstreise des Managers nach Amerika, an der auch Familienangehörige Claassens beteiligt gewesen sein sollen, wird geprüft. Das Landeskriminalamt hat einen Anfangsverdacht bejaht und den Vorgang der Staatsanwaltschaft zugeleitet.

Es geht um die Frage, ob sich Claassen der Untreue schuldig gemacht hat. Der Essener Oberstaatsanwalt Wilhelm Kassenböhmer sagte: "Wir prüfen, ob der Verdacht zutrifft". Die Sache ist besonders heikel, weil Claassen im Thyssen-Krupp-Vorstand für Compliance zuständig ist, also die Kontrolle über das korrekte Verhalten von Managern im Geschäftsleben.

Bei Thyssen-Krupp heißt es dazu in einer schriftlichen Erklärung, man habe die gegen Claassen erhobenen Vorwürfe schon vor mehreren Tagen zum Anlass genommen, eine umfassende interne Untersuchung einzuleiten. Das Unternehmen sei am Freitag darüber informiert worden, "dass die Staatsanwaltschaft Essen ebenfalls diese Vorwürfe prüft".

Thyssen-Krupp hatte nach den Medienberichten mitgeteilt, die Pressereisen stünden "im Einklang sowohl mit unseren internen Regularien als auch mit den einschlägigen Rechtsvorschriften." Die Reise von Claassen vor zwei Jahren in die USA habe dazu gedient, die Eröffnung des neuen Stahlwerks in Alabama vorzubereiten. Alle privaten Anteile der Reise seien privat von dem Manager gezahlt worden, der USA-Trip haben "vollständig der Reisekostenrichtlinie des Konzerns" entsprochen. Claassen war in der Suite eines Nobelhotels abgestiegen, einem 260 Quadratmeter großen Luxusgemach mit römischem Bad.

Die Vorgänge sind für das Spitzenpersonal des Konzerns peinlich. Claassen ist enger Mitarbeiter von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Der Manager, der vor seiner Zeit als Vorstand lange Pressesprecher von Thyssen-Krupp war, genießt zudem das Vertrauen des inzwischen 99jährigen Krupp-Patriarchen Berthold Beitz.

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