Google:About Schmidt

US-Präsident Obama liebt das Internet. Der langjährige Google-Chef Eric Schmidt ist nun Favorit für ein Ministeramt. Er wäre nicht der erste Manager des Internetkonzerns, der in die Administration des Präsidenten eintritt.

Hans-Jürgen Jakobs und Moritz Koch

Bei Google hat es Eric Schmidt innerhalb weniger Jahre zum Milliardär gebracht. Der langjährige Chef des amerikanischen Internetkonzerns profitierte von Aktien und Aktienoptionen. Einen kleinen Teil des Geldes steckte er 2008 in die Förderung des Politikers Barack Obama - der Demokrat schickte sich an, Präsident zu werden. Schon bald könnte die Verbindung noch enger werden: Der geschäftstüchtige Informatiker hat gute Chancen, in die Regierung einzutreten. Schmidt gilt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des Secretary of Commerce, des Handelsministers.

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Der bisherige Amtsinhaber Gary Locke, ein Amerikaner chinesischer Abstammung, soll als Botschafter nach Peking gehen. Das hat Obama im März verkündet, seitdem läuft die Kandidatenschau. Zur Rolle von Eric Schmidt erklärt das Weiße Haus auf Anfrage, Obama habe von Anfang an eine Reihe qualifizierter Kandidaten in Betracht gezogen, "einige aus dem privaten Sektor und einige aus der Regierung"; es sei aber noch keine Entscheidung gefallen. Der Job sei offiziell noch nicht angeboten worden, eine Erklärung stehe nicht an. Auch Jeff Kindler, einst Chef des Pharmakonzerns Pfizer, ist im Gespräch.

Derzeit ist Favorit Schmidt unterausgelastet. Im April hörte er als Vorstandschef auf und übergab an Larry Page. Der Google-Mitgründer gab dem Manager offenbar die Schuld, in China der Regierung zu gefällig gewesen zu sein. Page zeigt sich allergisch gegen Zensur und Unfreiheit, Schmidt gab sich da merkantiler. Über Investitionen in dem kommunistischen Zwangsstaat stritten Page und sein Gründerkollege Sergej Brin mit dem Manager genauso wie über die Größe der Betten im eigenen Firmenjet. Im vorigen Jahr schloss Google dann einen Kompromiss mit der Regierung in Peking. Inzwischen ist die Firma in China wieder einigermaßen funktionsfähig.

Als Verwaltungsratschef soll sich Eric Schmidt, den stets die chinesischen Marktchancen fasziniert haben, nun um gute Beziehungen zu Regierungen kümmern. Da gibt es in der amerikanischen Heimat einiges zu tun. Sowohl die Wettbewerbsbehörde FTC als auch das Justizministerium prüfen, ob die Marktmacht von Google ein Kartellverfahren rechtfertigt. Auch hat der laxe Umgang mit dem Datenschutz das Unternehmen aus dem kalifornischen Mountain View in Verruf gebracht. FTC-Chef Jon Leibowitz monierte, die Google-Software Chrome gebe den Nutzern keine Möglichkeit, die Spuren zu verwischen, die sie im Netz hinterlassen.

Das ist die eine Seite. Andererseits aber braucht Präsident Obama Hilfe und Geld aus der Hightech-Branche. Er denkt an die Kampagne zur Wiederwahl, seine Amtszeit läuft bis Anfang 2013. Als Ziel gab Obama aus, den Spenden-Rekordbetrag von einer Milliarde Dollar einsammeln zu wollen. Gerade durchs Internet war es ihm beim ersten Mal gelungen, Unterstützung zu mobilisieren. Mit der Internetökonomie stieg er zum Präsidenten auf, mit ihr will er es bleiben.

So besuchte Obama jüngst die Zentrale des Online-Aufsteigers Facebook in Palo Alto. Flankiert von Firmengründer Mark Zuckerberg und etlichen Angestellten stellte er sich einem Live-Interview in dem sozialen Netzwerk. Obamas Ex-Sprecher Robert Gibbs soll die Kommunikation von Facebook beim angestrebten Börsengang steuern.

Auch die Gemeinde von Google ist als Großspender von Obamas Team eingeplant. Und Eric Schmidt wäre nicht der erste Manager des Internetkonzerns, der in die Administration des Präsidenten eintritt. Viele Googlianer waren euphorisiert von dem Politiker, der eine neue Ära versprach. Doch die meisten, die frohgemut von Silicon Valley nach Washington zogen, bereuten ihre Entscheidung bald. Beispielhaft sind die Erfahrungen der Google-Managerin Katie Stanton, die im Neue-Medien-Team des Weißen Hauses als Direktorin für Bürgerbeteiligung arbeitete. "Für die Regierung zu arbeiten, ist, wie einen Marathon zu rennen, mit verbundenen Augen und Sandsäcken an den Beinen", schilderte sie dem Autor Steven Levy in dessen Buch "In the Plex". Sie fühle sich "wie eine Vegetarierin, die in einer Wurstfabrik arbeitet". Google schätzt das analytische Denken, der Washingtoner Politikbetrieb dagegen wird von taktischen Spielchen und Missgunst beherrscht.

Eric Schmidt, 56, hat als Chef von Google immer über dem Jugend-forscht-Milieu seiner Firma geschwebt. Er war der Erwachsene, der Google reif für die Kapitalmärkte machte. So einer kann es auch in Washington schaffen. Schon heute gehört er zu einem Beraterteam des Präsidenten in High-Tech-Fragen. Spätestens, wenn Obama mit einem neuen Kabinett in die zweite Amtszeit gehen sollte, ist Schmidt wohl fest eingeplant.

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