Finanzkrise in Zypern:Die Insel ist gerettet - das Ersparte weg

Finanzkrise in Zypern: Blockierte Vermögen: Vorerst kommen Kunden zyprischer Banken aus dem In- und Ausland nicht mehr an ihr Geld.

Blockierte Vermögen: Vorerst kommen Kunden zyprischer Banken aus dem In- und Ausland nicht mehr an ihr Geld.

(Foto: AFP)

Ob zyprischer Rentner oder reicher russischer Anleger - zur Kasse gebeten werden alle, wenn es um die Rettung Zyperns geht. In den Geldinstituten der Mittelmeerinsel haben sich hektische Szenen abgespielt. Doch das Privatvermögen der Bankkunden ist bereits eingefroren. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Brüsseler Beschluss.

Der Schock kam am frühen Samstagmorgen über Zypern. Zahlreiche Menschen stürmten in die Banken und versuchten, ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen. Vergeblich. Die Institute hatten vorgesorgt und das Geld bereits eingefroren.

Das, was gerade in Zypern geschieht, ist ein Novum in der Geschichte der europäischen Krise: Erstmals müssen sich private Geldanleger beteiligen, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Zypern ist nicht länger berühmt als Geburtsort der mächtigen Liebesgöttin Aphrodite - die "Schaumgeborene" soll vor der Mittelmeerinsel dem Ozean entstiegen sein - sondern als Insel, an der EU-Politiker ein Exempel statuieren.

Doch was bedeutet die Einigung der Euro-Länder konkret? Inwieweit nimmt das Hilfspaket auch den deutschen Steuerzahler in die Pflicht? Und welche Rolle spielt Russland? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie viel Geld wird Zypern erhalten?

Bis zu 10 Milliarden Euro, sagt der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem. Ursprünglich waren sogar 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Das Geld kommt aus dem Euro-Krisenfonds ESM. Wie bei früheren Rettungsaktionen beteiligt sich auch der Internationale Währungsfonds IWF. "Der genaue Betrag steht noch nicht fest", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde in Brüssel. Bislang hat der IWF meist ein Drittel gestemmt.

Wie konnte der Betrag verringert werden?

Vor allem, indem Kontoinhaber bei zyprischen Banken aus dem In- und Ausland zwangsweise eine Abgabe leisten müssen. Der Brüsseler Beschluss trifft die alleinerziehende Mutter und den mittellosen Studenten aus Zypern genauso wie reiche Russen und Briten, die ihr Geld auf der drittgrößten Mittelmeerinsel angelegt haben. Und die Rentner. Die werden bislang nicht nur vom milden Klima und der niedrigen Kriminalitätsrate nach Zypern gelockt, sondern auch von geringen Lebenshaltungskosten und Steuervorteilen. Doch damit ist jetzt Schluss.

Die Sonderabgabe soll 5,8 Milliarden Euro bringen. Anleger mit Einlagen von bis zu 100.000 Euro müssen eine Abgabe von einmalig 6,75 Prozent zahlen, Investoren mit mehr als 100.000 Euro 9,9 Prozent.

Warum werden private Kontoinhaber zur Kasse gebeten?

Die Anlegerbeteiligung sei keine "Bestrafung" Zyperns, sagt Eurogruppen-Chef Dijsselbloem. "Wir fanden es gerechtfertigt, um die Lasten zu teilen." Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.

Dijsselbloem begründet den bisher einmaligen Schritt mit der "sehr besonderen Situation" des zyprischen Bankensektors, der im Vergleich zur sonstigen Wirtschaft außergewöhnlich groß ist. Die Branche soll nun bis 2018 auf durchschnittliches Maß schrumpfen.

Wie wird das Geld eingezogen?

Damit die Anleger ihr Geld nicht ins Ausland schaffen, wird noch am Wochenende ein Gesetz verabschiedet. Dieses erlaubt, den fälligen Betrag auf den Konten zu blockieren, bevor die Banken nach einem regulären Feiertag am Montag am Dienstag wieder öffnen. Zyperns Finanzminister Michalis Sarris zufolge hat die Regierung bereits dafür gesorgt, dass die Abgabe nicht per Internet-Banking abgehoben werden kann. Sarris zufolge können die Kunden "zu hundert Prozent" mit Anteilen der Banken für ihren Pflichtbeitrag entschädigt werden.

Welche Auflagen muss Zypern erfüllen?

Seit langem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Doch die Bundesregierung hatte ihre Beteiligung an der Hilfe von Maßnahmen gegen Geldwäsche abhängig gemacht. Nun hat man sich geeinigt, dass ein privates Unternehmen die Einhaltung der Anti-Geldwäsche-Maßnahmen überprüft. Außerdem hat sich Zypern zu Reformen verpflichtet: Die niedrige Körperschaftsteuer soll von 10 auf 12,5 Prozent steigen. Die zyprische Regierung muss Staatsfirmen privatisieren.

Was wird von der zyprischen Regierung erwartet?

Nikosia muss die Kredite zurückzahlen - der Zinssatz ist noch offen. Dieser dürfte aber ähnlich günstig sein wie für die anderen Hilfsempfänger Griechenland, Irland und Portugal sowie die spanischen Banken. Details werden im April festgelegt. Die Regierung trägt die Verantwortung dafür und muss eine Vereinbarung ("Memorandum of Understanding") unterzeichnen, die die Summe, Konditionen und Auflagen festlegt. Der Bundestag sowie mehrere andere nationale Parlamente müssen das Hilfspaket billigen.

Welche Auswirkungen haben die Vorgänge auf Zypern für den deutschen Steuerzahler?

Fürs Erste: gar keine. Zypern erhält keinen Zuschuss aus Deutschland, sondern Kredite aus dem bestehenden Krisenfonds ESM, die das Land zurückzahlen muss. Erst wenn Nikosia zahlungsunfähig würde und seine Kredite nicht mehr bedienen könnte, würden die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten.

Welche Rolle spielt Russland?

Das Land macht erstmals bei einer internationalen Rettungsaktion für ein Euro-Land mit. Dabei geht es um einen Kredit von 2,5 Milliarden Euro, den Moskau Zypern 2011 gewährt hatte. "Die russische Regierung ist bereit, die Laufzeit des Darlehens zu verlängern und die Zinsen zu senken", sagt EU-Währungskommissar Olli Rehn. Über genaue Zahlen werde noch gesprochen. "Der Beitrag wird nicht sehr hoch sein, aber es wird ihn geben", bremst Eurogruppen-Chef Dijsselbloem die Erwartungen.

Daneben kommt jedoch ein nicht unerheblicher Teil der Pflichtabgabe von reichen russischen Anlegern: Bei diesen ist die Insel im Mittelmeer beliebt. Oligarchen haben Milliardensummen auf Konten im Bankensektor Zyperns gelagert.

Ist die Euro-Krise nun gelöst?

Nein, es bleiben Krisenherde. Dazu zählt etwa das Euro-Sorgenkind Griechenland und Spanien, das bereits internationale Hilfen für seine Banken erhält. Nach der chaotischen Parlamentswahl in Italien sorgen sich die Märkte zudem um die drittgrößte Volkswirtschaft in der Währungsunion. Und Euro-Schwergewicht Frankreich steht wegen stockender Reformen und einem überhöhten Haushaltsdefizit im Fokus.

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