Fast-Food-Kette:Burger King bekämpft seine Betriebsräte

Nichts ist mehr, wie es einmal war, seit Burger King im Mai 91 seiner Filialen an eine Holding aus Stade verkauft hat. Der Tarifvertrag sollte aufgehoben werden, gegen zwölf Betriebsräte laufen Kündigungsverfahren. Selbst der Arbeitgeberverband ist empört.

Von Stefan Mayr

Die Mission begann am 20. Juni, vormittags. Eine Distrikt-Managerin und ein Distrikt-Manager der Burger King GmbH gingen im Auftrag ihres Arbeitgebers zu einem Dortmunder Arzt. "Ich bin nicht krank, will jedoch trotzdem von Ihnen krankgeschrieben werden", soll die Managerin gesagt haben, so schreibt es zumindest der Anwalt der Firma in einem Schriftsatz. Sie bekam die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - und jetzt wird die Aktion erst richtig spannend: Diese Bescheinigung legt die Burger King GmbH nun als Beweismittel in einem Arbeitsrechtsstreit gegen den Betriebsratsvorsitzenden Gökmen Y. vor.

Die Argumentation des Managements: Y. habe eine Krankheit vorgetäuscht, schließlich sei seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von demselben Arzt ausgestellt worden. "Das ist eine hanebüchene Geschichte", sagt Guido Zeitler von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), "aber sie ist leider kein Einzelfall." Zwölf Kündigungen hat die Burger King GmbH derzeit laufen - allesamt gegen Betriebsräte aus Augsburg, München Dortmund, Bochum, Frankfurt und Speyer. "Die Burger King GmbH will alle Betriebsräte grillen", sagt der Augsburger NGG-Vertreter Tim Lubecki, "und alle Fälle sind an den Haaren herbeigezogen."

Blaumacher und Lügner

Die betroffenen Betriebsräte hätten jahrelang konstruktiv und problemlos mit der Geschäftsführung zusammengearbeitet, heißt es bei der Gewerkschaft. Weshalb werden sie also jetzt als Blaumacher und Lügner dargestellt und mit Kündigungsverfahren überzogen. Was ist da los?

In Deutschland gibt es 700 Burger-King-Filialen, sie werden von 165 Franchise-Nehmern betrieben. 91 Filialen hatte die Burger King Worldwide, die US-Muttergesellschaft, jahrelang über ihr Tochterunternehmen, die Burger King GmbH, selbst betrieben. Im Mai jedoch wurde diese GmbH an die Yi-Ko-Holding aus Stade verkauft. Hinter dem Kürzel Yi-Ko stehen die Gesellschafter Ergün Yildiz und Alexander Kolobov. Beide haben Burger-King-Erfahrung: Yildiz betrieb Filialen in Stade und Cuxhaven und Kolobov hat in Russland innerhalb von drei Jahren fast 100 Burger-King-Restaurants eröffnet. Nun also Deutschland und das im großen Stil. Nach dem Verkauf an Yi-Ko sagte José Cil, der Chef von Burger King Worldwide, die zwei neuen Betreiber seien "essenzielle Faktoren, um die Modernisierung und das Wachstum der Marke Burger King in Deutschland voranzutreiben." Ob er sich aber hätte vorstellen können, dass der Umbau so radikal abläuft?

Seitdem Yildiz und Kolobov die 91 Restaurants übernommen haben, sei nichts mehr, wie es war, sagt NGG-Mann Zeitler: "Gleich nach der Übernahme kam die Mitteilung, dass alle Betriebsvereinbarungen aufgekündigt werden." Die 3000 Mitarbeiter mussten also befürchten, dass eine gerade beschlossene Tariferhöhung und das Urlaubsgeld nicht ausbezahlt werden.

Klima der Angst

Wenig später heuerten Yildiz und Kolobov den Hamburger Anwalt Helmut Naujoks an, einen Arbeitsrechtler, der sich auf harte Fälle spezialisiert hat. Zuletzt hat er den Ratgeber "Kündigung von Unkündbaren" veröffentlicht, 2010 schrieb er das "Schwarzbuch Betriebsrat". Seit knapp drei Monaten ist Naujoks nun bei der Burger King GmbH aktiv: Laut Gewerkschaft plant er, einen Burger-King-Mitarbeiter loszuwerden, weil der angeblich sieben Tüten Ketchup eingesteckt haben soll. Einem Augsburger Mitarbeiter wirft er vor, er habe 2000 Euro aus einem Tresor entwendet. Und von einem freigestellten Betriebsrat aus Frankfurt fordert Naujoks laut NGG sogar 48.000 Euro zurück, weil er angeblich zwei Jahre lang keine Leistung erbracht habe. "Unter den Mitarbeitern herrscht große Verunsicherung und Angst", sagt Gewerkschafter Zeitler, "damit soll wohl eine Spaltung von Belegschaft und Betriebsräten erreicht werden."

Das Vorgehen der Holding stößt sogar beim Markengeber Burger King und beim Arbeitgeberverband auf Kritik: "Mit Yi-Ko fällt auch ein Schatten auf alle Franchisenehmer, die normal agieren", sagt Valerie Holsboer, sie ist die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Systemgastronomie. Inzwischen hat sie es nach langwierigen Gesprächen geschafft, Yildiz und Kolobov dazu zu bewegen, wenigstens die Tarifverträge einzuhalten. "Es wäre ein schreckliches Signal gewesen, wenn der größte Franchisenehmer Deutschlands aus der Reihe tanzen würde", sagt Holsboer. Zur aufgeheizten Stimmung sagt sie: "Ich hoffe, dass sich nach dem tariflichen Miteinander jetzt auch das betriebliche Miteinander wieder auf das Normale einpendelt."

Arbeitgeber sagen Gerichtstermine ab

Aus der Burger King Worldwide-Zentrale in München heißt es, seit Bekanntwerden der Vorwürfe stehe man "in intensivem Austausch mit der Yi-Ko-Holding", um "eine schnellstmögliche Klärung herbeizuführen". Allerdings seien Franchisenehmer für das Personalmanagement selbst verantwortlich, deshalb könne man "nur beratend zur Seite stehen". Die Yi-Ko-Holding gab keine Stellungnahme ab.

Am Freitag wird die Kündigung von Betriebsrat Gökmen Y. vor dem Arbeitsgericht Dortmund verhandelt. Ob die Mission Arztbesuch besprochen wird, ist allerdings fraglich: "Bislang wurden alle Gerichtstermine im Zusammenhang mit einer Betriebsratskündigung von der Arbeitgeberseite abgesagt", berichtet Guido Zeitler. Gökmen Y. will sich zu dem Verfahren nicht äußern - aus Angst vor einer weiteren Kündigung. Ein Monatsgehalt hatte das Management dem 39-jährigen Vater eines behinderten Sohnes vorübergehend nicht ausbezahlt.

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