EZB-Chef Mario Draghi im SZ-Gespräch:"Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne"

EZB-Chef Draghi ist bereit, im deutschen Parlament seine Politik zu erklären - wenn man ihn einlüde. Es erschwere die Arbeit der Europäischen Zentralbank, dass viele Menschen in Deutschland ihr misstrauten, sagte Draghi der "Süddeutschen Zeitung". Von der Bundesbank wünscht er sich eine bessere Zusammenarbeit.

Alexander Hagelüken und Markus Zydra

Angesichts harscher Kritik an der Linie der Europäischen Zentralbank (EZB) ist deren Präsident Mario Draghi bereit, seine Politik zur Rettung des Euro vor dem deutschen Parlament zu verteidigen. "Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne", sagte Draghi der Süddeutschen Zeitung. "Das wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, was wir tun."

ECB President Draghi speaks during the monthly news conference in Frankfurt

Mario Draghi würde den Deutschen die Politik der EZB gerne besser selbst erklären.

(Foto: REUTERS)

Laut Umfragen misstraut fast die Hälfte der Deutschen dem EZB-Präsidenten. Dies erschwere seine Arbeit, sagte Draghi. "Ich muss mehr tun, um unsere Maßnahmen zu erklären", sagte er.

Draghi steht vor allem für den Beschluss der EZB in der Kritik, unbegrenzt Anleihen angeschlagener Euro-Länder zu kaufen, die unter hohen Zinsen leiden. Damit erleichtert die Zentralbank die Finanzierung von deren Staatsschulden. Der EZB-Präsident betonte, dass diese Anleihen nur gekauft würden, wenn die profitierenden Staaten strenge Auflagen erfüllten. Geschehe dies nicht, so könne die Zentralbank die Verteilung des Geldes an Unternehmen und Verbraucher nicht verbessern. "Jeder Versuch, es dennoch zu tun, würde durch das Versagen des Landes torpediert", sagte er.

Draghi ging auch auf den Angriff von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ein, der ihn einen Falschmünzer genannt hatte. "Ich denke, Dobrindt wird seine Meinung ändern, wenn er die Ergebnisse sieht", sagte der 65-Jährige. Das Kaufprogramm zeige bereits "positive Ergebnisse". Weltweit nehme das Vertrauen in den Euro zu. "Fondsmanager bringen ihr Geld zurück nach Europa, das ist gut für die Wirtschaft."

Kritiker fürchten Milliardenverluste für die Steuerzahler

Kritiker fürchten dagegen, die Steuerzahler könnten Hunderte Milliarden Euro verlieren, falls Staaten wie Italien oder Spanien ihre Anleihen nicht zurückzahlen. Draghi versuchte, solche Bedenken zu zerstreuen. "Insgesamt haben wir die Risiken im Griff", sagte er. Auflagen zum Sparen und Reformieren, welche die Länder einhalten müssten, seien die beste Versicherung gegen Risiken. "Nicht zu handeln, wäre viel riskanter." Den Krisenländern drohe ein Teufelskreis, aus dem sie sich auch durch gute Wirtschaftspolitik nicht mehr befreien könnten. Steigende Anleihenrenditen verschlimmerten die Lage, was die Renditen noch weiter steigen ließe. Deshalb müsse die Notenbank handeln. "Die Finanzmärkte müssen wissen, dass der Euro irreversibel ist."

Draghi rief die Krisenstaaten auf, bei den Reformen auf keinen Fall nachzulassen. "Es muss noch viel getan werden." Der Notenbankchef lehnte zudem Forderungen ab, Griechenland einen Teil seiner Schulden bei der EZB in Höhe von etwa 40 Milliarden Euro zu erlassen.

Explizit wies der EZB-Chef die Kritik von Bundesbankchef Jens Weidmann zurück, die Notenbank betreibe eine fragwürdige Staatsfinanzierung. "Es wäre schön, wenn wir immer mit der Bundesbank zusammenarbeiten könnten, aber zur Zeit haben wir unterschiedliche Ansichten, wie die Krise zu bewältigen ist." Der Grund für die deutsche Opposition gegen seine Politik wurzele in der deutschen Geschichte und der Furcht vor Inflation.

Das Interview im Wortlaut lesen Sie in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

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