Bergungsfirma Smit:Wie Spezialisten die "Costa Concordia" bergen wollen

Sie wird gerufen, wenn die Not groß ist: Die niederländische Bergungsfirma Smit kommt, wenn Schiffe verunglücken, Schweröl auszulaufen droht und Leichen zu bergen sind. Auch an der "Costa Concordia" sind die Spezialisten im Einsatz - und optimistisch.

Kristina Läsker, Hamburg

Sie wollen wagen, was sie schon oft gewagt haben. Über Wasser, unter Wasser, bei stiller See, bei Wellengang. Mit Bohrern wollen die Männer der niederländischen Bergungsfirma Smit zu den Tanks des havarierten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia durchdringen.

Cruise Ship Costa Concordia Runs Aground Off Giglio

Mitarbeiter der Bergungsfirma Smit bei einer Besprechung.

(Foto: Getty Images)

Durch Löcher wollen sie 2400 Tonnen Schweröl abpumpen. Damit es nicht die toskanische Küste verseucht, wo der Amüsierdampfer auf Grund gelaufen ist. "Das ist eine erprobte Methode", sagt Kees van Essen. Der Holländer leitet das Notfall-Projekt - und will er die Gemüter beruhigen. "Nein", betonte van Essen in einer Telefonkonferenz am Dienstag mehrfach. Es sei noch kein Öl ausgelaufen aus der Costa Concordia, bereits am Mittwoch könne mit dem Bergen des Öls begonnen werden. "Wir haben schon viel schwierigere Situationen gemeistert."

Van Essen weiß, wovon er spricht. Smit aus Rotterdam wird immer geholt, wenn die Not groß ist. Wenn irgendwo auf der Welt ein Frachter gesunken oder abgebrannt ist. Wenn Dampfer kollidieren oder Riffe rammen. Wenn zügig Schweröl oder anderes Giftiges aus Wracks zu holen ist. Wenn versucht wird, verunglückte Schiffe wieder flott zu kriegen. "Wenn das jemandem gelingen kann, dann Smit", sagt Stefan Krüger, Schiffbau-Professor an der Technischen Universität Hamburg-Harburg.

Smit soll das Schweröl aus der "Costa Concordia holen"

Was Smit kann, können nicht so viele. Nur vier Konzerne weltweit seien in der Lage, die Bergung eines Schiffs anzuleiten und durchzuführen, sagt John Noble, Geschäftsführer der International Salvage Union (ISU). In dem Verband aus London sind knapp 60 Bergungsfirmen aus mehr als 30 Ländern vereint. Zu den großen Vier, sagt Noble, gehörten die niederländischen Konkurrenten Smit und Mammoet, die US-Firma Titan und die dänische Gesellschaft Svitzer. Smit hält nach eigenen Angaben einen Marktanteil "zwischen 25 und 35 Prozent".

Die 1842 in Rotterdam gegründete Firma hat sich mit spektakulären Aufräumaktionen einen Namen gemacht. So gelang es den Havarie-Experten etwa, das japanische Fischerei-Schulschiff Ehime Maru kurz vor Hawaii aus 600 Metern Tiefe zu bergen. Ein U-Boot der US-Navy hatte das Boot zuvor versehentlich gerammt. Smit übernahm für das US-Militär die makabre Dienstleistung, die Leichen heraufzuholen.

In Italien vor der Insel Giglio sollen Leute von Smit nun das Schweröl aus den sechs Tanks holen. Noch gebe es keine Freigabe von der Reederei Costa Crociere, sagt van Essen. "Die höchste Priorität haben Rettungs- und Bergungsarbeiten." Danach soll der zähflüssige Treibstoff abgepumpt werden, das könne bis zu vier Wochen dauern. Ob das Schiff wieder flott gemacht werden soll? "Ist noch nicht entschieden", so van Essen.

Die Kosten für den Einsatz gehen in die Millionen

Über den Preis einer kompletten Bergung schweigt sich der Projektleiter aus. Doch das Hantieren mit schwerem Gerät - mit Schwimmkränen, Rammböcken und Plattformen - ist teuer. "Das kann einen zweistelligen Millionenbetrag kosten", schätzt Schiffbau-Professor Krüger. Dem Bergungsverband ISU zufolge gibt es jedes Jahr etwa 100 Rettungsaktionen. "Die Branche setzt jährlich etwa 600 Millionen Dollar um", sagt Geschäftsführer Noble, das sind 472 Millionen Euro. Dabei bergen die Firmen dann Werte von etwa einer Milliarde Dollar.

Wie viel die Firma Smit zuletzt daran verdient hat, verschweigt die Mutterfirma Royal Boskalis Westminster. Der niederländische Börsenkonzern veröffentlicht weder Umsatz noch Gewinn seiner Töchter. Im Jahr 2010 hatte Boskalis die Bergungsfirma nach einer langen Übernahmeschlacht für 1,35 Milliarden Euro gekauft.

Das Geschäftsmodell ist aber geblieben: Rettungsaktionen machen dabei seit jeher nur einen kleinen Part von Smit aus. Die Firma transportiert vor allem schwere Frachten, betreibt Hafenterminals und Schlepperdienste und baut an Objekten auf hoher See mit. Dem Mutterkonzern Boskalis gehören 1100 Spezialschiffe. Mit 14.000 Beschäftigten wurden im ersten Halbjahr 2011 etwa 1,25 Milliarden Euro umgesetzt und 114 Millionen Euro Gewinn erzielt.

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