Aufschub für Griechenland:Wundersame Zahlenspiele des Herrn Schäuble

Aufschub für Griechenland ja, aber keine Lust auf Ärger mit dem Steuerzahler: Finanzminister Schäuble beschwichtigt, der neue Deal, der dem überschuldeten Land zwei Jahre mehr Zeit zum Sparen einräumt, koste Deutschland "nicht unbedingt" mehr Geld. Woher genau die 33 Milliarden Euro Mehrkosten dann kommen sollen, verrät er nicht.

Für Griechenland bedeuten die zwei zusätzlich gewährten Jahre zur Linderung des Schuldenproblems eine Erleichterung. Für die Bundesregierung könnten sie Ärger mit sich bringen. Ärger mit den Wählern und dem Parlament. Dann nämlich, wenn durch die großzügigere Regelung neue Kosten für Deutschland entstehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble müht sich nun, solche Bedenken zu zerstreuen: "Das kostet nicht unbedingt mehr Geld", sagte er im Südwestrundfunk.

Aus der Geldgeber-Troika heißt es, dass Mehrkosten von knapp 33 Milliarden Euro entstehen. Die Frage ist, ob das bereits bewilligte Geld gestreckt werden kann - etwa durch einen Zinserlass für Griechenland. Alternativ könnten Kosten über die bereits gemachten Zusagen hinaus entstehen, etwa durch einen Schuldenschnitt - gegen den sich die Bundesregierung sperrt.

Aufschub für Griechenland: Sprachen viel über Griechenland, aber auch über angebliche deutsch-französische Einigkeit: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein französischer Kollege Pierre Moscovici in Brüssel.

Sprachen viel über Griechenland, aber auch über angebliche deutsch-französische Einigkeit: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein französischer Kollege Pierre Moscovici in Brüssel.

(Foto: AFP)

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici sagte Schäuble an diesem Dienstag, für die meisten Länder der Euro-Zone sei ein Schuldenschnitt durch die nationalen Gesetze ausgeschlossen. Es werde auch nicht diskutiert, das Programm aufzustocken. "Wir müssen Wege finden, wie wir ohne dieses Instrument die Lücken schließen." Als Möglichkeit nannte er eine Reduzierung der Zinsen für die gewährten Notkredite. Dabei gehe es aber lediglich um "einen Verzicht auf Einnahmen oder marginale Veränderungen".

"Finanzierungsbedarf auf der Zeitachse"

Damit wurde er etwas konkreter als in seinem Radio-Interview am Morgen. Da hatte er nebulös davon gesprochen, dass die zusätzlichen zwei Jahre nur den "Finanzierungsbedarf auf der Zeitachse" erhöhen würden - eine Formulierung, die sich etwas waghalsig auf der Sprachachse bewegte. Er gab aber auch zu, dass es dazu noch keine Vorschläge der Geldgeber-Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Union gebe. Es sei "extrem schwierig", eine Lösung zu finden, die noch machbar sei.

Die Finanzminister der Euro-Zone hatten sich in der Nacht in Brüssel grundsätzlich darauf verständigt, Griechenland zwei Jahre mehr Zeit zum Sparen zu gewähren - bis 2022. Bis dahin muss der Staat seinen Schuldenstand auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Die ursprünglich vereinbarte Frist bist 2020 könnte laut Schäuble "möglicherweise zu ehrgeizig" sein. Damit liegt er auf einer Linie mit Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Dem hatte IWF-Chefin Christine Lagarde am Abend auf einer denkwürdigen Pressekonferenz widersprochen. Sie will, dass es bei der Deadline 2020 bleibt.

Auf einem Ministertreffen am 20. November wollen Deutschland und Frankreich die nächste Hilfstranche an Griechenland auf den Weg bringen, sagten Moscovici und Schäuble. Das Geld könne dann Ende des Monats nach Athen fließen. Die Euro-Gruppe hat die Entscheidung aufgeschoben und verlangt von Griechenland die Einlösung weiterer Zusagen im Reformprogramm, um die Sanierung des öffentlichen Haushalts abzusichern.

Moscovici und Schäuble mühten sich bei dem Termin, Einigkeit ihrer beiden Länder zu demonstrieren. In den vergangenen Tagen hatten Medien in Deutschland und Frankreich berichtet, die Bundesregierung sei unzufrieden mit dem Tempo, in dem Moscovicis Regierung ihre Wirtschaftsreformen angehe. Zuletzt sorgte ein Bericht für Aufregung, demzufolge Schäuble sogar eine Expertise der Wirtschaftsweisen zum Reformbedarf in Frankreich einholen wolle. Die Ökonomen dementierten allerdings, dass es einen solchen Auftrag gebe. Auf die Frage eines Journalisten, ob Frankreich der "kranke Mann Europas" sei, antwortete Schäuble: "Nein, diese Frage darf nicht eine Sekunde unbeantwortet bleiben."

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