Anleihekäufe vor Bundesverfassungsgericht:Schäuble verteidigt Rettungseinsatz der EZB

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Es sieht nicht gut aus für die Euro-Gegner, die die Rettungspolitik der Zentralbanker vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern lassen wollen. Am ersten Tag der Anhörung bezweifelt Finanzminister Schäuble in Karlsruhe, dass das höchste deutsche Gericht überhaupt für die entscheidende Frage zuständig ist. Auch Gerichtspräsident Voßkuhle ist vorsichtig, was seine Rolle angeht.

Es soll um Kompetenzen gehen an diesem Nachmittag vor dem Bundesverfassungsgericht: Durfte die Europäische Zentralbank (EZB) ankündigen, unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen? Oder hat sie damit ihr Mandat überschritten? Um Kompetenzen ging es auch zunächst zwei Stunden lang bei der mündlichen Anhörung in Karlsruhe. Allerdings nicht um die der EZB, sondern um die des Bundesverfassungsgerichts: Ist das Gericht überhaupt zuständig?

"Ich halte es für schwer vorstellbar, dass deutsche Gerichte unmittelbar über die Rechtmäßigkeit von Handlungen der EZB entscheiden könnten", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Karlsruhe. "Dadurch entstünde ja die Gefahr, dass die EZB von einer Vielzahl nationaler Verfassungsgerichte innerhalb der Währungsunion vollkommen gegensätzliche Rechtsanwendungsbefehle erhalten könnte." Der Minister verteidigte das Vorgehen der EZB: "Die Bundesregierung sieht keine Anzeichen, dass Maßnahmen der EZB ihr Mandat verletzen."

Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, wies auf die Unabhängigkeit der EZB hin, die als Organ der EU nicht deutscher Rechtsprechung unterstehe. Sein Gericht habe nicht über Zweck und Sinn der Rettungspolitik zu entscheiden: "Das ist und bleibt allein Aufgabe der Politik." Das Gericht werde prüfen, ob das Grundgesetz verletzt worden sei, sagte Voßkuhle. Dabei werfe das EZB-Handeln schwierigste Rechtsfragen auf, da die EZB als Organ der Europäischen Union nur EU-Recht unterworfen sei.

Neben Schäuble sprechen am Nachmittag und Abend Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der das Programm ablehnt, und der deutsche Vertreter im EZB-Direktorium, Jörg Asmussen, der für die Käufe plädiert. Der Termin zieht sich etwas hin, weil die Mittagspause bis nach 15 Uhr gedauert hat.

Formal sind die beiden Zentralbanker vom Gericht als "sachverständige Dritte" geladen. "Wir verstehen uns persönlich weiter sehr gut", hatte Asmussen erst jüngst wieder gesagt ( hier Asmussens Erläuterungen, hier die von Weidmann).

Die Anhörung ist für zwei Tage angesetzt. Im Grundsatz geht es darum, ob der dauerhafte Euro-Schutzschirm ESM und das sogenannte OMT-Programm der Europäischen Zentralbank gegen das Grundgesetz verstoßen. Hinter OMT ( Outright Monetary Transactions) verbirgt sich die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, notfalls durch den unbegrenzten Kauf von Anleihen von Euro-Staaten in der Krise die Währungsunion zusammenzuhalten ( dieses Video erklärt, wie das Programm funktioniert).

Allein die Ankündigung hatte die Finanzmärkte beruhigt und die Zinsaufschläge begrenzt, die Staaten zahlen müssen, um sich dringend benötigtes Geld zu leihen. Kritiker argumentieren, dass Deutschland damit Milliardenrisiken ausgesetzt sei, ohne dass dies ein Parlament gebilligt habe. Die EZB solle sich lieber darauf konzentrieren, die Preise stabil zu halten - ihr eigentliches Mandat.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/ohol - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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