2009: Absteiger der Wirtschaft:Resistent gegen Kritik

Selten zuvor sind in einem Jahr so viele Führungskräfte gestürzt worden wie 2009 - vor allem in der Finanzbranche und der Automobilindustrie. Viele beharrten auf hohe Bonuszahlungen. In Bildern.

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Herbert Walter, Foto: AP

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Selten zuvor sind in einem Jahr so viele Führungskräfte gestürzt worden wie 2009 - vor allem in der Finanzbranche und der Automobilindustrie. Viele beharrten auf hohe Bonuszahlungen - die Kritik ließ sie kalt.

Herbert Walter

Einige Bankchefs hat die Finanzkrise in Deutschland weggespült. Einer, Herbert Walter, ging gleich mitsamt seiner Bank unter.

Am 11. Mai 2009 wurde der Eintrag Dresdner Bank über einen Computer im Frankfurter Amtsgericht aus dem Handelsregister gelöscht. Walter hatte das Kreditinstitut schon ein paar Monate vorher verlassen, das jetzt zur Commerzbank gehört. Damit endete eine Bankerkarriere so, wie sie schon zuvor von vielen wahrgenommen worden war: tragisch.

Walter führte eine Bank, mit der die Eigentümerin Allianz nichts anzufangen wusste; es gelang ihm nicht, jene Investmentbanker zu zähmen, die der Dresdner mit Milliardenverlusten den Todesstoß versetzten; er konnte es der Dresdner nicht ersparen, von der einst belächelten Commerzbank zum Juniorpartner degradiert zu werden.

Walter hat immer gute Miene zum bösen Spiel gemacht, und dafür sollte er schließlich 3,6 Millionen Euro Abfindung erhalten.

Doch als die Bild-Zeitung die Vorstandsmitglieder der Dresdner-Bank als Geld-Säcke abbildete, verzichtete Walter als einziger auf seine Abfindung. Er könne nachvollziehen, dass die Bezahlung bei vielen Menschen auf Unverständnis stoße, sagte er.

Heute gibt sich Walter, der als Berater in Frankfurt arbeitet, geläutert. Er räumt ein, dass die Banken versagt und so die Krise mitverursacht haben; er beklagt, dass eine reine Verkaufskultur viele Banken präge und die Kreditinstitute ihre Interessenkonflikte gegenüber den Kunden verschleierten.

Für einen Mann, der sechs Jahre lang Chef eines Hauses war, das sich "Die Beraterbank" nannte, sind das entlarvende Worte.

Text: Martin Hesse, SZ vom 30.12.09 Foto: AP

Kenneth Griffin, Foto: AFP

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Kenneth Griffin

Es war im August 2008, als die SZ Kenneth Griffin als "Aasgeier" vorstellte. Das war damals durchaus als Kompliment gemeint.

Der Hedgefonds-Manager, der seine Firma Citadel von Chicago aus führt, machte sein Geld mit maroden Vermögenswerten, die sonst niemand haben wollte. Insofern sorgte Griffin in der Krise für Ordnung - so wie ein Geier, der auf der Savanne Aas vernichtet.

Griffin wurde dabei steinreich, er galt als einer der erfolgreichsten Geldverwalter Amerikas und als wichtigster Kunstmäzen Chicagos. Zeitweise konnte er es sich sogar leisten, neue Anleger abzulehnen. Seine Gebühren gehörten zu den höchsten überhaupt.

Mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008 änderte sich das Bild radikal. Auch der geniale Griffin unterschätzte die Dynamik des Niedergangs danach vollkommen. Der Oktober 2008 wurde der schlechteste in Citadels Geschichte; Griffins größter Fonds büßte damals nicht weniger als 22 Prozent seines Wertes ein.

Über das Jahr gerechnet verlor Griffin acht Milliarden Dollar. Seine großen Fonds brachen zusammen um 55 Prozent ein; im Branchendurchschnitt waren es nur 19 Prozent.

Griffin musste sogar zum äußersten greifen und Anleger daran hindern, ihr Geld abzuziehen.

Heute versucht Griffin, mittlerweile 41 Jahre alt, die Verluste auszugleichen und neue Anleger zu werben. Sein stärkstes Argument dabei dürfte sein, dass Citadel, anders als viele andere Fonds, immerhin überlebt hat.

Aber das war nicht nur Eigenverdienst. Nach Medienberichten drängten die US-Behörden im November 2008 große Institute, darunter die Deutsche Bank, ihr Geschäft mit Citadel nicht zu schnell herunterzufahren.

Weil die Fonds der Firma so groß waren, fürchteten die Regulierer eine Kettenreaktion, sollte Citadel aus dem Markt ausscheiden und seine Vermögenswerte verkaufen müssen. Auch der Geier musste also gerettet werden.

Text: Nikolaus Piper, SZ vom 30.12.09 Foto: AFP

Carl-Peter Forster, Foto: ddp

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Carl-Peter Forster

Es war der 3. Juni 2009. Mit deutscher Staatshilfe war der Autobauer Opel gerade vor der Pleite bewahrt worden. Als neuer Gesellschafter sollte der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna bei dem Unternehmen einsteigen.

Die frohe Botschaft präsentierten Magna-Co-Chef Siegfried Wolf und der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Peter Forster, der da noch in Personalunion auch Europa-Chef des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) war, gemeinsam auf einer Betriebsversammlung vor gut 10.000 Beschäftigten in Rüsselsheim.

Aus seiner Begeisterung für Magna machte Forster kein Geheimnis, obwohl der Deal noch nicht endgültig besiegelt war. Im Rückblick war dies auch der Tag, an dem Forsters Abstieg begann.

Fortan geriet der 55-Jährige, der vor seiner Karriere bei Opel und GM viele Jahre für BMW gearbeitet hatte, zwischen die Fronten. Die Bundesregierung hielt ihm vor, sich nicht genug für Opel einzusetzen; sein Arbeitgeber GM wiederum erinnerte ihn daran, dass er noch immer auf der Gehaltsliste des US-Konzerns stand.

Gleichwohl: Forster wurde bereits als neuer (alter) Opel-Chef gefeiert. Das war voreilig. Die Kehrtwende, die GM am 3. November mit der Absage an Magna vollführte, besiegelte sein Schicksal. Für Forster, den Magna-Fan, war bei seinem langjährigen Arbeitgeber GM damit kein Platz mehr. Er blieb bei seiner Meinung, kritisierte die Entscheidung von GM, die Tochtergesellschaft Opel nun doch behalten zu wollen, scharf.

Folgerichtig trennten sich am 6. November die Wege von GM und Forster.

Text: Harald Schwarz, SZ vom 30.12.09 Foto: ddp

Michael Rottmann, Foto: AP

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Michael Rottmann

Mehr als vier Jahre jagten die Fahnder von Interpol Michael Rottmann rund um den Globus hinterher, im Sommer 2000 endlich konnten sie den Ingenieur aus dem Ruhrgebiet in London dingfest machen.

Doch Rottmann hatte damals Glück: Gegen Zahlung von 100.000 Euro Kaution kam er frei. So dauerte es weitere neun Jahre, bis er nach Berlin überstellt wurde.

Dann aber ging alles sehr schnell. Anfang Dezember wurde der einstige Babcock-Manager vom Berliner Landesgericht wegen "schwerer Untreue" zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Damit endete 20 Jahre nach dem Mauerfall das letzte Großverfahren zur deutsch-deutschen Vereinigungskriminalität.

Für zwei Millionen Mark hatte Rottmann zusammen mit Komplizen, die inzwischen bereits in anderen Verfahren verurteilt wurden, 1991 den Ost-Berliner Wärmeanlagenbau (WBB) von der Treuhandanstalt gekauft.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war schon das ein fragwürdiges Geschäft, schließlich verfügte das sanierungsbedürftige Unternehmen noch über Barvermögen und vor allem werthaltige Immobilien.

Allein der Firmensitz im Zentrum der Stadt soll umgerechnet knapp 60 Millionen Euro wert gewesen sein. Statt den einstigen DDR-Monopolbetrieb für Heizwerke und Fernwärme aber zu sanieren, höhlten die neuen Eigentümer das Unternehmen aus. Ende 1994 war die Firma nur noch eine leere Hülle. 750 Beschäftigte verloren ihren Job und Rottmann machte sich aus dem Staub.

Jahrelang kreuzte er mit seiner Frau auf einer Yacht in internationalen Gewässern der Karibik - unerreichbar für die Strafverfolger. Auch an die Millionen, mit denen er seine aufwendige Flucht finanzierte, kamen die Fahnder nicht heran.

Mit fatalen Folgen: Mindestens 20 Millionen Euro soll Rottmann bis zu seiner Überstellung nach Berlin verjubelt haben. Der Gesamtschaden des WBB-Ruins ist freilich mit mehr als 100 Millionen Euro noch deutlich höher.

Rottmann sieht sich dennoch als Opfer, nicht nur weil seine Frau mit einem Tennislehrer durchgebrannt und er selbst angeblich pleite ist. Westdeutsche Großkonzerne hätten die WBB nach der Wende gnadenlos vom Markt verdrängt, behauptet er noch immer steif und fest.

Verluste seien daher nicht mehr auszugleichen gewesen. Dabei habe er das Unternehmen mit aller Macht erhalten, aber keine Straftaten begehen wollen.

Im Nachhinein fühlt sich der heute 66-Jährige mit dem WWB-Job "fachlich und persönlich" überfordert. "Wir hatten die Illusion blühender Landschaften", gestand Rottmann vor Gericht kleinmütig ein. "Ich muss jetzt damit leben, der größte Betrüger der Wendezeit genannt zu werden."

Text: Steffen Uhlmann, SZ vom 30.12.09 Foto: AP

Madeleine Schickedanz, Foto: dpa

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Madeleine Schickedanz

Kurz vor Weihnachten tauchte sie überraschend in der Öffentlichkeit auf: Versandhauserbin Madeleine Schickedanz nahm einen 100.000-Euro-Scheck der Karstadt-Quelle-Versicherung für ihre Kinderkrebs-Stiftung entgegen. Sie habe "sichtlich mitgenommen" gewirkt, war hernach in einer Zeitung zu lesen.

Das muss eine Information aus zweiter Hand gewesen sein, denn Foto und Text wurden von der Versicherung geliefert. Zur Spendenübergabe waren Journalisten unerwünscht.

Insofern hat sich nichts geändert: Madeleine Schickedanz bleibt unnahbar.

Doch ansonsten ist alles anders: Die 66-Jährige ist eine der größten Verliererinnen des Jahres, finanziell gesehen.

Noch vor zwei Jahren galt sie mit 3,8 Milliarden Euro Vermögen als eine der reichsten Deutschen. Mit dem Niedergang des Handelskonzerns Arcandor und der anschließenden Insolvenz schmolz auch das Vermögen der Großaktionärin dahin - es bleibt ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag, legt man den Kursverfall der Arcandor-Aktie zugrunde.

Als Schickedanz öffentlich jammerte, sie müsse nun von 600 Euro monatlich leben und könne sich nur mehr Pizza leisten, ergoss sich viel Hohn und Spott über die Versandhauserbin, die sich nie wirklich selbst um ihre Geschäfte gekümmert hat.

In der Tat hat Madeleine Schickedanz zur Rettung ihrer Arcandor-Beteiligungen Privatvermögen bei Banken verpfändet.

Zum Hartz-IV-Fall wird die Ex-Milliardärin dennoch nicht werden. Ihr Besitz umfasst mehrere großzügige Immobilien und Grundstücke, sowie dem Vernehmen nach auch stattliche Ländereien in Südamerika.

Text: Uwe Ritzer, SZ vom 30.12.09 Foto: dpa

Hakan Samuelsson, Foto: dpa

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Hakan Samuelsson

Über einen Rücktritt des MAN-Chefs war seit Jahren oft spekuliert worden. Doch als er im Zuge der Affäre um verdeckte Schmiergeldzahlungen in der Lkw-Sparte die Kündigung einreichte, waren viele überrascht.

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Michael Kemmer, Foto: AP

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Michael Kemmer

Angesichts des Debakels mit der österreichischen Tochter Hypo Alpe Adria musste der Chef der BayernLB seinen Posten räumen. Kurz darauf trat auch Bayerns Sparkassen-Präsident Siegfried Naser zurück.

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Lars Josefsson, Foto: dpa

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Lars Josefsson

Die Pannen bei deutschen Atomkraftwerken kosteten den Vattenfall-Chef schließlich doch den Job. Die schwedische Regierung forderte einen Wechsel. Flugs wurde der Nachfolger präsentiert: Østeyn Løseth.

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Karl-Gerhard Eick, Foto: ddp

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Karl-Gerhard Eick

Es war eine kurze Karriere als Vorstandschef - aber eine lukrative. Nur sechs Monate war Karl-Gerhard Eick Chef des Waren- und Versandhauskonzerns Arcandor. Das brachte ihm eine Abfindung von 15 Millionen Euro und viel Kritik.

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Wendelin Wiedeking, Foto: dpa

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Wendelin Wiedeking

Er hat Porsche zum profitabelsten Autohersteller der Welt gemacht. Doch bei dem Plan, VW zu übernehmen, verließ ihn die Fortüne. Er wurde gefeuert, versehen mit 50 Millionen Euro Abfindung, die er zum Großteil spendete.

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Bernard Madoff, Foto: AP

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Bernard Madoff

150 Jahre Haft für den bislang größten Betrug der Finanzgeschichte: Weil er Anleger mit einem Schneeballsystem um mehr als 60 Milliarden Dollar erleichtert hat, musste der 71-jährige amerikanische Broker ins Gefängnis.

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Hartmut Mehdorn, Foto: AP

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Hartmut Mehdorn

Sein großes Ziel, den Börsengang der Bahn, hat er als Chef nicht erreicht. Als dann bekannt wurde, dass das Unternehmen Daten und E-Mails von Mitarbeitern auf Korruptionsverdacht überprüft hatte, blieb ihm nur der Rücktritt.

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Rick Wagoner, Foto: AFP

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Rick Wagoner

Fast neun Jahre steuerte der Ex-Basketballspieler den einst weltweit größten Autokonzern General Motors. Als die Insolvenz nicht mehr zu vermeiden war, musste er gehen. Sein Nachfolger Fritz Henderson hielt sich nur wenige Monate.

Texte: SZ vom 30.12.09 Foto: AFP

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