Wohnungstausch:Mein Heim ist dein Heim

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Ein Gespräch mit Jessica Braun und Christoph Koch, die eigentlich in Berlin, aber auch mal überall anders leben, wenn sie das Fernweh packt.

Interview von Benedikt Peters

Sie sind im wahrsten Sinne freie Journalisten: Jessica Braun und Christoph Koch leben eigentlich in Berlin, aber auch mal im mexikanischen Oaxaca, in Princeton oder Kopenhagen. Vor einigen Jahren hat das Paar mit dem Haustauschen angefangen - über Plattformen wie homelink.com oder haustauschferien.com lernt man dabei mögliche Tauschpartner auf der ganzen Welt kennen. Ihre Erfahrungen mit dem globalen Hobby schildern sie in ihrem Buch "Your Home is my Castle" (Malik).

SZ: Wie bahnt sich so ein Wohnungstausch an?

Christoph Koch: Man macht Fotos von seiner Wohnung, beschreibt auf einer Tauschplattform Lage und Ausstattung. Bei uns kamen dann schnell Angebote rein, nach Berlin wollen viele Menschen. Aber es funktioniert auch, wenn man auf dem Land oder in einer kleineren Stadt wohnt. Man schreibt hin und her, lernt sich kennen. Wenn es gut läuft, einigt man sich auf einen Tauschtermin. Es ist eine völlig andere Art zu reisen. Hotels stehen ja oft da, wo die Sehenswürdigkeiten sind, die meisten Einheimischen würden dort nie wohnen wollen. Deren Leben wollen wir aber kennenlernen.

Jessica Braun und Christoph Koch wohnen statt in Berlin auch mal in Paris. (Foto: privat)

Klappt das denn auch?

Jessica Braun: Sehr gut. Als wir einen Monat in Princeton waren, wurden wir zu einem Straßenfest eingeladen und haben mit den Leuten Marshmallows gegrillt. In Oakland waren wir drei Monate, haben an Halloween Kürbisse geschnitzt und Süßigkeiten besorgt. Die Kinder haben uns die Bude eingerannt. Und in Australien haben uns Freunde der Tauschpartner zum Weihnachtsessen eingeladen.

Ist es seltsam, so lange in der Wohnung eines anderen zu leben?

Christoph Koch: Es ist ein wenig so, als würde man bei Freunden wohnen, die man nie getroffen hat. Man kümmert sich um den Garten, sieht die Stundenpläne der Kinder am Kühlschrank, die Familienfotos an der Wand. Man erfährt viel über die Menschen, aber man wühlt natürlich nicht in ihren Sachen. Trotzdem schlüpft man in das Leben der Tauschpartner wie in eine geborgte Jacke.

Ist der Reiz auch die Illusion, mal eben ein anderes Leben zu führen ?

Auch in Mexiko lebt das Paar mal ganz gerne. (Foto: privat)

Christoph Koch: Als wir mit dem Wohnungstauschen anfingen, waren wir an einem Punkt, an dem wir überlegt haben: Sollen wir rausziehen aus der Stadt? Wir haben uns dagegen entschieden. Aber der Wohnungstausch ist eine Möglichkeit, das ab und an mal ein bisschen zu erleben.

Arbeiten Sie anders, wenn Sie im Ausland sind?

Jessica Braun: Ich merke, dass ich effizienter arbeite, schneller schreibe. Einfach, weil es so viel zu entdecken gibt. Wenn wir uns an den Schreibtisch setzen, sagen wir uns: Zusammenreißen, bis 16 Uhr ist alles fertig. Den Rest des Tages gehen wir dann die Stadt erkunden oder machen einen Ausflug.

Ist es anstrengend, sich ständig auf eine neue Umgebung einzulassen?

Jessica Braun: Keiner macht gern alle Schränke auf, bis er den Kaffee gefunden hat, oder tastet minutenlang nach dem Lichtschalter. Aber nach ein paar Tagen regelt sich das. Es gibt Studien, die zeigen, dass es gesund ist, die Routine immer mal wieder zu wechseln.

Umgekehrt geben Sie auch Ihre Wohnung her. Ist es komisch, wenn ein Fremder im eigenen Bett schläft?

Christoph Koch: Wir haben bisher keine schlechten Erfahrungen damit gemacht. Im Gegenteil: Einmal kamen wir nach einem Tausch nach Hause, und unsere Partner hatten Blumen auf dem Balkon gepflanzt. Ein anderes Mal haben uns die Kinder der Gäste Bilder gemalt. Man wird für sein Vertrauen belohnt.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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