Weihnachten:Wir packen das!16. Dezember 2017, 17:26 UhrIn der kommenden Woche werden wieder überall in Deutschland Weihnachtsgeschenke eingewickelt, mal mit mehr, mal mit weniger Aufwand. Eine Typologie. Von Thilo Adam, Michael Neudecker und Hannes Vollmuth8 BilderQuelle: Illustration Jochen Schievink1 / 8Der Recycler Wer? Ökos in Kratzpullovern, die zu viel "Löwenzahn" geguckt haben, ein lebenslanges Abonnement des Öko-Test-Magazins besitzen und beim Gang zum Altpapiercontainer in Tränen ausbrechen. Wie? An Heiligabend jedem vom Kind bis zum Greis mit dem "Das-schöööne-Geschenkpapier"-Satz in den Ohren liegen und dabei ein Zitronengesicht machen. Dann alles einsammeln, archivieren (nach Größe, Farbe und Zustand) und am ersten Advent im kommenden Jahr mit der Sichtung des Materials beginnen. Wie lange dauert das? Lange. Oder anders gesagt: Es ist eine Lebensaufgabe.Quelle: Illustration Jochen Schievink2 / 8Der Pragmatiker Wer? Eltern mit mindestens drei Kindern, am Rande des Nervenzusammenbruchs, die zwar keine Zeit für ökologische Selbstgeißelung haben, aber trotzdem ein halbwegs schlechtes Gewissen wegen der ganzen Geschenkpapierverschwendung. Vor allem muss einer das ganze Geschenkpapier auch noch entsorgen (wer wohl?). Wie? Kartons von Obi, Amazon und Chiquita sammeln, weihnachtlich verzieren und im Keller aufheben (Achtung: Feuchtigkeit). Kurz vor Heiligabend wieder rausholen, Klappe auf, Geschenk rein, Klappe zu. Wie lange dauert das? Geht schnell. Wenn man das erste Jahr geschafft hat.Quelle: Illustration Jochen Schievink3 / 8Der Zeitungsleser Wer? Menschen, die den Vorteil eines Zeitungsabos darin sehen, dass man fast alle Dinge des Lebens in bedrucktes Papier einschlagen kann, mit dem ja eh schon das ganze Haus voll liegt. Wie? Zeitungen der letzten Wochen durchblättern. Bilder, Motive und Überschriften suchen, die einen liebevollen, ironischen oder bissigen Bezug zu dem Beschenkten haben. Einpacken wie gewohnt. Darauf achten, dass Bilder, Motive und Überschriften gut zu sehen sind. Wie lange dauert das? Das eigentliche Problem: Die gekauften Geschenke zwischen den Zeitungen wiederfinden.Quelle: Illustration Jochen Schievink4 / 8Der Aficionado Wer? Liebhaber schöner und teurer Sachen, an dessen Küchentisch Vitra-Stühle stehen und darüber eine Ingo-Maurer-Lampe hängt. Trägt gerne Slim-Fit-Jeans und kennt die örtlichen Manufactum-Verkäufer mit Vornamen. Wie? Das Papier wird gesammelt wie seltene Möbelstücke und zeichnet sich durch besondere Gestaltung aus, idealerweise von aufstrebenden Jungdesignern (bevorzugte Muster: Bauhaus Style, Urban Chic, Purpur Pearl). Wird in einem Geschenkpapierkoffer (39 Euro) aufbewahrt. Wie lange dauert das? Was für eine kleingeistige Frage.Quelle: Illustration Jochen Schievink5 / 8Der Anspruchslose Wer? Alle, denen die Zeit zu kostbar ist, um sich zu fragen, welche Botschaft das Tannenzapfen-, Rentier- oder Nussknackermuster senden könnte. Insbesondere Männer, die mächtig stolz darauf sind, am 23. überhaupt daran gedacht zu haben, vor dem 24. Geschenke zu besorgen. Wie? Zwischen zwei Meetings schnell zu Hugendubel rennen, sich nicht von den Stimmen aus dem Headset und vom wissenden Lächeln der Verkäuferin verunsichern lassen und das Angebot ("Einpacken?") dankbar annehmen. Wie lange dauert das? Einen oder zwei Momente der Scham.Quelle: Illustration Jochen Schievink6 / 8Der Ingenieur Wer? Ästhetisch anspruchsvolle Menschen, die jederzeit tipptopp gepflegt auftreten und äußerst geschickt mit Schere und Kleber hantieren. Wie? Das liebevoll ausgesuchte Geschenk in einen Karton legen (vgl. Der Pragmatiker), allerdings einen, der nicht zu groß ist und nicht zu klein. Anschließend wird das zuvor passend zum Geschenk und/oder Beschenkten ausgewählte Papier so akkurat um den Karton gefaltet, dass es wirkt, als seien Karton und Papier eine natürliche Verbindung eingegangen. Wie lange dauert das? Weniger Zeit als vielmehr Muße ist hier gefragt.Quelle: Illustration Jochen Schievink7 / 8Der Tütchentyp Wer? Entfernte Verwandte, Liederkranz-Vorstände, katholische Pfarrgemeinderäte und alle, die freiwillig Souvenirläden betreten. Wie? Beim Weinhändler des Vertrauens nach einer mittelteuren Flasche "zum Verschenken" fragen. Wein in den Keller stellen. Geschenk ins Tütchen schieben. Fortgeschrittene können auch die Tütchen zweitverwerten, in denen die Weihnachtsgrüße vom Abteilungsleiter, der Großtante und den ach so liebreizenden Nachbarn kamen (vgl. Der Recycler). Wie lange dauert das? Schneller geht nur noch nicht einpacken.Quelle: Illustration Jochen Schievink8 / 8Der Verweigerer Wer? Ästhetisch eher nicht so anspruchsvolle Menschen, die a) Feuerwerksraketen, Fleisch und Verpackungen jeglicher Art grundsätzlich ablehnen (Hintergedanke: Wir müssen alle etwas tun, damit die Welt nicht untergeht); oder b) finden, dass in jeder Lebenslage doch nur innere Werte zählen, - und ist es nicht viiiiel schöner, wenn man gleich sieht, was man bekommt (Hintergedanke: keinen Bock)? Wie? Sehr, sehr simpel. Wie lange dauert das? Sehr, sehr kurz.© SZ vom 16.12.2017/jaelZur SZ-StartseiteLesen Sie mehr zum ThemaWeihnachtsgeschenke