Was Bügeln und Ballsport verbindet:Helden in Unterhosen

Sie sind aus Kunstfaser und daher sowieso meist knitterfrei. Trotzdem bügelt jeder dritte Deutsche seine Unterhose. Auch für den dänischen Stürmer Nicklas Bendtner hat das jemand getan. Mit zweifelhaftem Ergebnis.

Lena Jakat

Der scharfe Geruch brennt in der Nase, als würde er sämtliche Geruchssinne binnen Sekunden verätzen. Die Rede ist nicht von einem Unfall in einer südtadschikischen Chemiefabrik, sondern von Wolken, die täglich und überall in Deutschland auftreten, im Einkaufszentrum, im Zwischengeschoss des Bahnhofs oder im beschaulichen Wohnviertel. Die Emittenten der Schwaden heißen New York Nails, Happy Nails, Nail Club One oder SensatioNail. Verbissen hält sich das allgegenwärtige Überangebot an Nagelstudios.

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Offener Jubel oder versteckte Werbung? Nicklas Bendtners Buxenblitzer nach seinem Augsleichstreffer gegen Portugal. Am Ende unterlag Dänemark allerdings mit 2:3.

(Foto: AP)

Bald jedoch könnte Schluss sein mit dieser Schwemme im Aceton-Sektor. Wo er vormals einen Asthmaanfall fürchten musste, weht dem Passanten dann ein weicher, schmeichelnder Duft in die Nase, nach gekochter Wäsche, nach umweltverträglichem Waschmittel und nach Bügeleisen auf feuchter Baumwolle.

Die Rückkehr der Mangelstuben und Bügelbuden, sie ist nicht mehr abzuwenden. Sie werden Deutschland überziehen wie Klamottenketten und Fast-Food-Läden. Sie werden die Nagelstudios aus ihren Geschäftsräumen verdrängen und manchen Schlecker-Ex-Frauen, die keine Lust auf Kindergeschrei haben, eine attraktive berufliche Perspektive bieten.

Denn auf eine Annehmlichkeit werden die Deutschen auch bei tariflich geregelten 14-Stunden-Tagen nicht verzichten: die gebügelte Unterhose. Wie jüngst eine Umfrage ergab, bügeln 40 Prozent zumindest manchmal ihre Stringtangas und Boxershorts. 40 Prozent. Die gebügelte Unterhose erfährt damit Zustimmungswerte, die annähernd denen der CSU in Bayern entsprechen. Zwar ist das Ergebnis der Bügel-Umfrage mit Vorsicht zu genießen, da sie von einem Bügeleisenhersteller in Auftrag gegeben wurde.

Aber warum sollte irgendjemand überhaupt seine Unterhose bügeln? Ein Damenslip aus Lycra und Polyester kann per se doch gar nicht knittern. Geht es also um den Akt des Bügelns an sich? Oder um Sex-Appeal? Aber wer hat sich vom Anblick einer knittrigen Boxershorts je die Lust verderben lassen?

Verräterischer Bündchen-Print

Einen richtig guten Grund, Unterhosen zu bügeln, haben wohl nur Unterwäschemodelausstatter - und natürlich Nicklas Bendtner. Der dänische Stürmerstar lüpfte nach seinem Ausgleichstreffer im Vorrundenspiel gegen Portugal in Lemberg sein Trikot und entblößte nicht nur einen völlig faltenfreien Bauch, sondern auch den knitterlosen Bund seiner Boxershort. Da hier offenbar jemand das geheime Lieblingshobby der Deutschen, das Unterwäschebügeln, ganz vorbildlich ausgeübt hatte, war der Schriftzug auf dem Büxenbündchen eindeutig zu erkennen: "Paddy Power"

Was klingt wie Kelly-Family-Fanklub oder ein irischer Online-Versand für Potenzmittel, ist tatsächlich ein Wettanbieter. Gerade während einer EM, bei der ein von Wettskandalen beschmutztes italienisches Nationalteam krampfhaft versucht, seine Trikots wieder weiß zu waschen, vielleicht nicht die allerbeste Idee. Dem freizügigen Stürmer aus Dänemark droht nun ernsthaft Ärger. Die Uefa untersucht, ob es sich bei dem vermeintlichen Torjubel um Schleichwerbung handelt, bei der Dansk Boldspil Union (DBU) musste Bendtner auch schon vorsprechen. Er selbst ist sich aber keiner Schuld bewusst: "Diese Hose habe ich von einem Kumpel geschenkt bekommen. Sie sollte Glück bringen."

Das hat sie aber nicht, im Gegenteil, sie brachte ihm gleich doppelt Pech: Die Dänen verloren die Partie gegen die Portugiesen und Bendtner hat nun auch noch einen halben Wettskandal am Hals. Und jedes Mal, wenn der Stürmer in Zukunft sinnierend am Bügelbrett steht und die dampfende Metallplatte über den Bund des grünen Höschens gleiten lassen wird, wird er an diese Schmach zurückdenken. Da vergeht auch dem härtesten Passionsbügler die Plätt-Lust.

Der Däne könnte also als erster Kunde den Grundstein für den Erfolg der Bügelstubenschwemme legen. Woher all die anderen faltenfreie-Unterhosen-fanatischen Kunden kommen sollen? Die kommen schon. Vermutlich sind es all jene, die derzeit noch die Nagelstudios am Laufen halten. Von denen weiß schließlich auch keiner, wer sie sind.

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