Umweltschutz:Der Kaminofen könnte bald zum Problem werden

Umweltschutz: Weil der Holzofen inzwischen ein Wellness-Wohntrend ist, wird es langsam eng mit dem Nachschub von Brennholz.

Weil der Holzofen inzwischen ein Wellness-Wohntrend ist, wird es langsam eng mit dem Nachschub von Brennholz.

(Foto: Ergyn Meshekran/Unsplash.com)
  • Mehr als 15 Millionen Feuerstellen und Holzheizanlagen gibt es bereits in Deutschland.
  • Damit werden hierzulande jährlich fast genauso viel Holz und Holzprodukte zur Erzeugung von Energie verbrannt, wie im deutschen Wald geerntet wird.
  • Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes liegen die Emissionen aller "Kleinfeuerungsanlagen" zeitweise über den Gesamtemissionen der Autos.

Von Titus Arnu

Dieses Knistern! Dieses Prasseln! Dieser Geruch! Man muss kein pathologischer Pyromane sein, um brennendes Holz faszinierend zu finden. Es liegt wohl an der "archaischen Urkraft", die Psychologen dem Feuer zuschreiben. Seit 400 000 Jahren fackeln die Menschen systematisch Holz ab, um sich an den Flammen zu wärmen und zu kochen, um Feuerrituale abzuhalten oder Fleisch zu grillen. Trotz Fußbodenheizung und Elektroherd ist das echte Feuer im Wohnraum für viele Menschen unverzichtbar - sehr zur Freude von Kaminöfen-Herstellern. Wenn es im Herbst kälter wird, lassen es die Hobby-Heizer so richtig knacken.

Mehr als 15 Millionen Feuerstellen und Holzheizanlagen gibt es bereits in Deutschland. Etwa jeder vierte Haushalt verheizt Scheitholz, Hackschnitzel oder Holzpellets. Doch wenn überall kräftig angefeuert wird, hat das Folgen für die Umwelt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Menge des verfeuerten Holzes vervielfacht.

Derzeit werden in Deutschland laut einer Studie der Universität Hamburg jährlich fast genauso viel Holz und Holzprodukte zur Erzeugung von Energie verbrannt (gut 70 Millionen Kubikmeter), wie laut Bundeswaldinventur im deutschen Wald geerntet wird (etwa 76 Millionen Kubikmeter).

Hinzukommt, dass Rauch aus den privaten Kaminen teilweise schädlicher ist als der gesamte Straßenverkehr. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes liegen die Emissionen aller "Kleinfeuerungsanlagen" zeitweise über den Gesamtemissionen der Autos. Was im Wohnzimmer den Wohlfühlfaktor erhöht, trägt maßgeblich zur Überschreitung der Feinstaub-Grenzwerte bei.

Altbauwohnungen mit Design-Öfen

Eigentlich ist Holz das nachhaltigste Heizmaterial überhaupt, es regeneriert sich von selbst. Die Klimabilanz ist positiv, so lange weniger Holz verbraucht wird als nachwächst. Das positive Image welches Holz zweifelsohne hat, ist durch diesen wenig sinnvollen Einsatz gefährdet, sagt Stefan Adler, Waldreferent beim Deutschen Naturschutzbund (Nabu).

Was auch darin liegt, dass Kamine zwar einst als Heizung der Armen galten, heute das Holzfeuer aber ein Wellness-Wohntrend ist. Die meisten Neubauten in Deutschland werden mit Feuerstellen ausgestattet, Altbauwohnungen mit Design-Öfen von Manufactum oder Billig-Bolleröfen aus dem Baumarkt nachgerüstet.

Ums Sparen geht es dabei weniger: Ein Ofen aus sandgestrahltem Gusseisen kostet schon mal schnell 8000 Euro, dazu kommt dann noch die handgeschmiedete Hipster-Axt und die künstlerisch wertvolle Kamingarnitur. Feuer-Fans suchen das komplette Naturerlebnis: Sie absolvieren Holzhackkurse und fahren dann mit Axt und Säge in den Wald, um sich selbst mit dem nötigen Brennstoff einzudecken.

Brennholz wird aus Osteuropa importiert

Die Bundesregierung unterstützt den Einbau von Pellet- und Hackschnitzel-Heizungen mit Fördergeld, der Holzverbrauch wird durch die Konjunktur von Kachelofen & Co. noch zusätzlich angeheizt. "Vor allem das industrielle Verfeuern von Holz sollte nicht länger gefördert werden", fordert der Nabu, "und der deutsche Energie- und Ressourcenbedarf muss weiter gesenkt werden."

Weil das Holz aus heimischen Wäldern längst nicht mehr ausreicht, wird Brennholz aus Osteuropa importiert, die deutsche Möbelindustrie kauft Hölzer aus Südamerika und Asien - angesichts der globalen Waldverluste, des Artensterbens und des Klimawandels eine fragwürdige Entwicklung. Die wenigsten Ofenbesitzer besitzen Wald, damit sind sie auf Brennmaterial aus dem Handel angewiesen. Angesichts der Preisexplosion auf dem Holzmarkt achten die meisten Verbraucher da eher auf den Cent als auf die ökologisch korrekte Herkunft.

"Nachhaltigkeit hat bei uns oberste Priorität", sagt Gerd Müller, Leiter der Geschäftsstelle des Bundesverbands Brennholzhandel und Brennstoffproduktion (BBB) in Kamen. Die deutschen Holzhändler, die sich in diesem Verband zusammengeschlossen haben, verfolgen ein ähnliches Prinzip wie Slow-Food-Köche: "Rohstoff aus der Region für die Region". Die Betriebe verkaufen nur zertifiziertes Holz aus Deutschland, der Verbraucher könne sicher sein, dass es aus nachhaltiger Wirtschaft stamme und nicht quer durch Europa gekarrt wurde oder gar aus einem geschützten Urwald stamme, sagt Müller. Dass der deutsche Wald komplett geplündert wird, verhindern Forstgesetze.

Brennholzpreise sind stark gestiegen

Der Holzscheitverband BBB empfindet die Situation naturgemäß als nicht ganz so brenzlig wie der Nabu. Aufgrund der milden Winter der vergangenen beiden Jahre habe sich der Markt etwas entspannt, sagt Gerd Müller, mancherorts gebe es sogar Überbestände, die schon seit zwei, drei Jahren lagern. Stürme und Schneebruch führen zu saisonalen Preisschwankungen, aber langfristig gesehen sind die Preise gestiegen.

Für einen Schüttmeter trockenes Hartholz zahlt man aktuell gut 80 Euro. Billiger wird es, wenn man frisches Holz im Wald selbst abholt, klein sägt und dann lagert. Die Brennholzpreise sind in den vergangenen zehn Jahren zwar stark gestiegen, um 30 bis 90 Prozent. Da der Ölpreis starken Schwankungen unterliegt, auch wenn er zuletzt gefallen ist, bleibt Holz immer noch eine attraktive Alternative.

Selbst wenn das gesamte in Deutschland geerntete Holz ausschließlich verbrannt werden würde, rechnet Stefan Adler vom Nabu vor, würden damit nur vier Prozent des Gesamtenergieverbrauchs gedeckt. Laut Adler ein geringer Beitrag zum Klimaschutz.

Das knisternde Bio-Holzfeuer im eleganten Kamin mag wohlige Wärme erzeugen und einem das angenehme Gefühl geben, naturnah zu leben - aber nur, solange man nicht über diese komplexen Zusammenhänge nachdenkt.

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