Stilkritik zu Beatrix und Máxima:Eine Betonfrisur dankt ab

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Ihr unverkennbarer Helm-Schnitt hat Königin Beatrix unerschütterlich durch 33 Jahre Amtszeit begleitet, stets die Form bewahrt, nie die Fassung verloren. Doch nicht erst seit ihr Sohn Willem-Alexander den Thron übernommen hat, ist klar: Mit Máxima ist das niederländische Königshaus vielleicht nicht standfester, aber bestimmt ansehnlicher geworden. Eine Stilkritik zum Thronwechsel.

Von Violetta Simon

Das Outfit der beiden Frauen sprach für sich: die einstige Königin in schlichtem Kostüm, die künftige in mondäner Satin-Robe. (Foto: Getty Images)

Als Königin Beatrix um zehn Uhr am Dienstagvormittag ihre Abdankung unterzeichnete, griff ihre äußere Erscheinung ihrer künftigen Rolle vor: Weder einer ihrer berüchtigten Hüte noch ein Diadem krönte das königliche Haupt. Da war lediglich ihre so typische Betonfrisur, die den Untertanen während ihrer gesamten Regierungszeit ein Gefühl von Stabilität und Halt gegeben hatte. Selbst das Königsblau ihrer TV-Ansprache vom Vorabend hatte die 75-Jährige abgelegt: Zur Unterzeichnung der Dokumente trug Beatrix ein dezentes brombeerfarbenes Kostüm.

Um einiges pompöser trat auf: Máxima - künftige Königin und modisches Aushängeschild der Nation. Die 41-Jährige wirkte in ihrer zweiteiligen Robe aus zartrosa Satin ganz und gar prinzessinnenhaft. Links von dem züchtigen Halsausschnitt - ihn Dekolleté zu nennen wäre zu viel - bauschte sich vor der Schulter eine überdimensionale geraffte Schleife. Das Kleid wurde von dem belgischen Designer Edouard Vermeulen für das Modehaus Natan gefertigt. Der paillettenbesetzte Stoff für den Rock ist ein Geschenk ihrer Schwiegermutter. Beatrix hat ihn in Istanbul gekauft.

Am Vorabend der Thronübergabe hatte sich Beatrix beim Gala-Dinner im Rijksmuseum in Amsterdam noch einmal ganz und gar als Königin präsentiert: in fliederfarbener, bestickter Robe mit Brokat-Borte am Ausschnitt, dazu eine glamouröse violette Stola mit Pelzbordüre. Dass Beatrix zugunsten eines perlenverzierten Diadems auf die obligatorische Kopftorte verzichtete, dürften ihre Untertanen mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis genommen haben.

Wie gewohnt überstrahlte Máximas Garderobe alles - selbst die letzte Amtsrobe ihrer Schwiegermutter. Die 41-jährige angehende Königin trug ein Valentino-Kleid mit Volants, schulterfrei und feuerrot. Das Outfit erregte aber noch aus einem anderen Grund Aufmerksamkeit: Weniger, weil Willem-Alexanders Frau es bereits anlässlich des 60. Geburtstags von Prinz Charles getragen hatte. Sondern, weil deren Schwägerin, Prinzessin Mabel in einem sehr ähnlichen Kleid zum Dinner erschien - im selben blutroten Ton und ebenfalls mit Volants versehen. Die Bunte spekuliert: "Unglücklicher Zufall oder ein Versuch, der schönen Schwägerin das Rampenlicht zu stehlen?"

Skandalös! Versucht Prinzessin Mabel mit ihrer blutroten Robe der künftigen Königin die Schau zu stehlen? (Foto: Getty Images)

Am Dienstagmittag auf dem Balkon des Palastes: Ein paar warme Abschiedsworte, ein letztes Winken noch, dann trat sie ab - und mit ihr eine geradezu staatstragende Frisur. Einst vom französischen Star-Figaro Alexandre zu ihrer Hochtzeit mit Prinz Claus kreiert, trotzte die helmartige Haarpracht nicht nur heftigen Nordseestürmen, sondern auch jedem Frisurentrend. Lange Zeit wurde Beatrix von Etienne Meyer im Salon De Kroon in Den Haag frisiert, der die Technik der "Beatrixkapsel" auch an der niederländischen Coiffeur-Akademie lehrte. Seit langem hat der Palast einen Privatcoiffeur, der Beatrix auch auf Reisen begleitet.

45 Jahre stand die königliche Frisur wie ein Fels in der Brandung, vermittelte Zuversicht und Standfestigkeit. Dem Geheimnis ihrer Form liegt übrigens eine Wasserwelle zugrunde: Haarsträhnen werden mit reichlich Festiger getränkt und auf Wickler gelegt, dann geht es unter die Fönhaube. Entscheidend ist das anschließende Toupieren, um dem königlichen Haupt ein flauschiges Volumen zu verleihen. Perfektioniert wird der Helmlook durch Haarspray. Sehr viel Haarspray.

In Königsblau erschien nicht nur Beatrix, sondern auch ihre Enkelinnen. (Foto: AFP)

Dass die Welt auch nach der Abdankung der Frisur noch in Ordnung ist, demonstriert Beatrix später bei der Inthronisations-Zeremonie in der Nieuwe Kerk: Sie trägt zur Vereidigung ihres Sohnes wieder Kopftorte - in Königsblau! Experten mutmaßen, dass es sich bei der Hutkreation um ein Modell aus Sinamay-Faser handelt, einer asiatischen Naturfaser, die durch ihren noblen Glanz und die hochwertige Form für solche Anlässe besser geeignet sei als herkömmliches Stroh.

Ebenfalls in blau: die drei Enkeltöchter Catharina-Amalia, Alexia und Ariane, die noch am Vormittag kükengleich ganz in Gelb vom Balkon des Palastes herabgewinkt hatten. Nur Schwägerin Mabel hat sich diesmal zurückgenommen - und trägt gedecktes schwarz.

Die Nationalhymne erklingt, es erscheint der künftige König - und die Welt blickt wie immer gebannt auf die Frau an seiner Seite: Máxima trägt ein langes, leuchtend blaues Kleid, auf dem Kopf ein mit Saphiren besetztes Diadem - das wertvolle Stück wurde 1881 im Auftrag König Willems III. für seine Frau Königin Emma angefertigt. Abgerundet wird das Ensemble von einem bodenlangen Umhang in fließendem Stoff. Bis zur Bootsfahrt durch die Gewässer von Amsterdam immerhin kann Willem-Alexander ausnahmsweise mit seiner Frau mithalten - zumindest, was den Umhang betrifft: Er trägt den klassischen samtenen Überwurf der Könige - rot, mit Hermelin-Besatz.

Sogar neben Máxima ein echter Blickfang: Der Hermelinumhang aus rotem Samt, den Willem-Alexander zur Vereidigung trug. (Foto: dpa)

Máximas Robe wurde von dem Amsterdamer Coutourier Jan Taminiau entworfen und findet bei den Niederländern, aber auch weltweit, sehr viel Lob: In den sozialen Netzwerken äußerten sich User begeistert von dem "traumhaften", "atemberaubenden" Kleid.

Außer der leuchtend blauen Farbe weist der Entwurf noch eine Gemeinsamkeit mit der Garderobe von Beatrix auf: die ausgeprägten Schulterpartien. Mit denen wusste die Königin, die jetzt Prinzessin ist, ihre kompakte Figur optisch auszugleichen, wie der österreichische Designer Claus Tyler im ORF so charmant erläuterte: "Die breiten Schultern und wuchtig wirkenden Hüte lenken von ihrer Figur ab und formen eine schöne Silhouette". Und: Genau wie die Helmfrisur vermitteln sie Präsenz und Stärke.

Apropos Hüte: In Sachen Wagemut können die anwesenden Damen den Britinnen nicht das Wasser reichen. Nur auf wenigen Häuptern sind überhaupt welche zu sehen, gewagt sind sie alle nicht. Immerhin versuchte die Frau von Willem-Alexanders jüngstem Bruder, Prinzessin Laurentien, ihre knallrote Robe mit einer Art getrockneter Tomatenscheibe aufzupeppen, die schräg auf dem Kurzhaarschopf saß.

Auch Prinzessin Mathilde von Belgien wollte es offenbar wissen: An der Seite von Kronprinz Philipp präsentierte sich die 40-Jährige in einem leuchtend pinken Ensemble mit einem Hut, der den zugelassenen Höchstdurchmesser - Schulterbreite - nur knapp unterschritt. Über allem glänzte Prinzessin Letizia von Spanien, deren zerbrechliche Aura von einem Fascinator mit überdimensionaler Ohrenklappe gekrönt wurde. Auch Camilla, die in einem himmelblauen - nunja - Kleid erschien, trug solch ein Accessoire. Allerdings nicht seitlich, sondern so, dass sich die fedrigen Blätter in der Mitte des Kopfes türmten und dem Ganzen einen sicher unbeabsichtigt mädchenhaften Eindruck verliehen.

Kronprinz Philippe von Belgien glänzte durch Uniform mit Säbel - und seine Frau, Prinzessin Mathilde, die wiederum durch ihren Hut hervorstach. (Foto: REUTERS)

Ansonsten dominierten vor allem bunte Farben das Bild der internationalen Gesellschaft, die sich nach der Vereidigung zum Palast begab, wo im Anschluss der offizielle Empfang für das neue Königspaar der Niederlande stattfand.

Dort, abgeschirmt von den Blicken der Öffentlichkeit, kann sich König Willem-Alexander zurücklehnen und für ein paar Momente vergessen, dass sich die Untertanen um sein Aussehen sorgen. Dass die Facebook-Gemeinde in einer Kampagne dafür wirbt, dass der König doch endlich in seinem "Blotebillengezicht" (Nackter-Popo-Gesicht) einen Königsbart wachsen lassen solle. Und dass man sich auf Fotomontagen schon mal ansehen kann, wie Willem-Alexander mit Bart aussehen würde.

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