Stilkritik:Kometen-Mode

Stilkritik: Kleider machen Leute - und Shitstorms: Physiker Matt Taylor im Damen-Print.

Kleider machen Leute - und Shitstorms: Physiker Matt Taylor im Damen-Print.

(Foto: AP)

Wie geil ist Tschuri? Das Hemd des wissenschaftlichen Leiters der "Rosetta"-Mission gibt Rätsel auf.

Von Titus Arnu

Es waren sensationelle Bilder, die während der Endphase der Rosetta-Mission um die Welt gingen. Der Lande-Roboter Philae senkte sich auf die quietscheentenförmige Gesteinsknolle Tschuri nieder, und auf dem Fernsehschirm tauchten plötzlich rätselhafte lilafarbene Strukturen auf, wie man sie von Airbrush-Kunstwerken auf Opel Mantas kennt. Fremdartige Sonnen, die in einer Wolke aus Orange und Pink explodieren. Vollbusige, halb nackte Frauen in engen Korsagen. War die Funkverbindung gestört? Oder hatte die ESA tatsächlich außerirdisches Leben entdeckt? Eine Welt, in der es intelligente Blondinen gibt und Landschaften, die wie ein psychedelischer Drogenrausch wirken?

Nein, die Kamera hatte nur kurz auf das Hemd von Matt Taylor gezoomt. Taylor ist der wissenschaftliche Leiter der Rosetta-Mission, und zig Millionen Fernsehzuschauer waren von diesem Schluri genauso fasziniert wie von Tschuri. Man kann sagen, dass Taylor durch das aberwitzige Hemd einen kometenhaften Aufstieg auf Twitter und Facebook hingelegt hat. Zwanzig Jahre lang hatte sein Team auf diesen einen Moment hingearbeitet, auf eine durch und durch seriöse Weise, und dann trat der Chef auf wie Charlie Sheen in "Two and a half men": kurzärmliges Shirt mit ebenso sexistischen wie grellen Motiven, gelbe Turnschuhe, Shorts, Tätowierungen auf Unterarmen und Unterschenkeln. Auf einem Bein prangte ein Tattoo mit dem Landefahrzeug Philae, dem Kometen Tschuri und der Sonde Rosetta.

Es gibt eine Folge der Zeichentrickserie South Park, in der Kenny genau so ein Hemd trägt wie Taylor. In dieser Episode geht es um einen drogenbedingten Space-Western-Traum, großbrüstige Frauen spielen eine tragende Rolle. Während Kenny eine grenzdebile Kunstfigur ist, kann man davon ausgehen, dass der Leiter der Rosetta-Mission ein sehr intelligenter Mensch ist, der mit beiden tätowierten Beinen auf dem Boden steht. Nach der Landung stellten die Wissenschaftler dann auch schnell fest: "Wir sind gelandet. Aber etwas stimmt nicht." Damit können sie nur Taylors Hemd gemeint haben.

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