Stil-Kolumnist über Ernährung:Rucola ist schwul, Cesar's Salad ist hetero

Der Stil-Kolumnist Simon Doonan unterteilt Lebensmittel in homo- und heterosexuell und gilt als einer der schwulsten Leute New Yorks. In seinem Buch "Gay men don't get fat" erklärt er, warum "lesbisch" das angesagte Adjektiv unserer Zeit ist und Guacamole einfach unfassbar fett macht.

Petra Steinberger

Natürlich geht es in seinem neuen Buch um viel mehr als um Essen. Aber auch davon versteht Simon Doonan eine ganze Menge. Und er ist sich nicht zu schade, auch uns, den grobschlächtigen, mindestens ein bisschen geschmacklosen und leicht zur Verfettung neigenden Heteros, ein paar dezente Hinweise zu geben: Wie es geht, so slim und trim zu bleiben wie er und seine körperbewussten schwulen Bekannten und dabei auch noch Spaß zu haben.

Abends nur Salat: Hilft Essen nach der Uhr?

Laut Stil-Kolumnist und Fensterdekorateur Simon Doonan eindeutig schwul: Rucola.

(Foto: dpa)

Simon Doonan, erkennbar seit Jahrzehnten an Hemden mit floralem Muster, die niemals Hawaii-Hemden oder Tommy Bahama-Shirts sind, Simon Doonan also zelebriert Stil nicht nur, er lebt davon. Als legendärer Fensterdekorateur und kreatives Aushängeschild des Luxus-Kaufhauses Barneys New York. Als Humorist und Kolumnist des Online-Magazins Slate.com. Und als einer, der von Time Out zu einem der "schwulsten Leute in New York City" gewählt wurde. Was als einigermaßen großes Kompliment begriffen werden darf. Und als Ruf, dem man gerecht werden muss.

"Schwule Männer sind eigentlich französische Frauen"

Das fällt Simon Doonan nicht schwer, Verallgemeinerungen, sagt er, sind seine Stärke. Und so teilt er in seinem neuen Buch "Gay men don't get fat" (Blue Rider Press, New York, 24,95 $) Mode, Menschen, die Welt im Großen und Ganzen und eben auch das Essen in seine sehr speziellen Kategorien ein. Was sich als sehr komischer Leitfaden durch die Laster und Tücken in der Beziehung zwischen Schwulen und Nichtschwulen erweist, den seine vor allem weiblichen Leser zu schätzen wissen dürften. Die verstehen natürlich auch die Anspielung des Buchtitels auf einen anderen, Mireille Guilianos Bestseller "French Women don't get fat" - Warum französische Frauen nicht fett werden. Voilà!

Denn eigentlich, meint Simon Doonan, sind schwule Männer ja französische Frauen. Wenn es um Stil geht und Konversation und vor allem um das, was sie dem Verdauungstrakt zuführen. Also teilt er Nahrungsmittel erst mal in schwul und hetero ein: Ein hauchdünnes Seezungenfilet in brauner Butter ist schwul. Beef Wellington ist so was von hetero. Rucola ist schwul. Aber Cesar's Salad ist hetero. Quiche Lorraine - hetero, das sich als schwul verkleidet. Ein Stück gekochtes Rindfleisch mit dicker, dunkelbrauner Sauce ist, logisch, hetero. Gelato ist immer schwul. Und eine Tostada mit zarten Salatbergen ist, obwohl mexikanisch - superschwul.

"Von Guacamole wird man unfassbar fett"

Dabei ist Doonan beileibe kein puristischer Eiferer und besteht bei den kulinarischen Optionen auf einer Mischung aus beidem. Nur eines müsse man vermeiden, den schlimmstvorstellbaren Sündenfall: Guacamole. Als eine Freundin nach Mexiko reisen wollte, hat ihr Simon Doonan den dringenden Rat gegeben, auf eines zu achten, wenn sie gekidnappt würde, was in Mexiko inzwischen andauernd vorkommt. Sie müsse ihren Entführern einschärfen, ihr auf gar keinen Fall den Avocado-Dip Guacamole zu servieren. "Man kann nicht in einen engen Raum eingesperrt sein und dabei Guacamole verdauen. Man wird unfassbar fett."

Und fett werden, das geht ja gar nicht. Was aber nicht bedeutet, dass allein eine ordentliche Ernährung oder der Gang ins Fitnessstudio alle Probleme des Alterns, des Essens, des Schwul- oder Heteroseins beheben würde. Simon Doonan nimmt uns mit auf eine ironische Reise in die Abgründe zwischen Schwulen, Lesben und Heteros. Beschwert sich über biertrinkende, rülpsende BBQ-Männer und entdeckt später die merkwürdige "Bear Culture": eine gewaltige Gemeinschaft aus haarigen, dicken - und schwulen Männern. Er erklärt "lesbisch" zum angesagten Adjektiv unserer Zeit - als erdig, authentisch, im weitesten Sinne bio. Und liebt doch sein glamouröses, buntes, luftiges Tuckendasein. Etwas albern ist das vielleicht, aber lustig und sehr verspielt. Und keine Gewalt, nirgends.

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