Social Media im Restaurant: "Bitte das Essen nicht instagrammen!"

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Immer mehr Menschen fotografieren ihr Essen mit dem Smartphone - nicht immer zur Freude anderer.

(Foto: picture alliance / AFP Creative)

Die Pizza auf Facebook und Instagram: Viele junge Menschen fotografieren ihre Mahlzeiten und stellen die Bilder in sozialen Netzwerken online - genau dagegen wehrt sich nun ein Wirt in Berlin. Aber kann man für Speisen überhaupt das Urheberrecht in Anspruch nehmen?

Von Ronen Steinke

Denise aus Sossenheim tut es. "Mmm . . .", steht unter ihrem Foto einer ockergelben Linsensuppe. David aus Berlin tut es auch. Auf seiner Facebook-Seite zeigt er eine allem Anschein nach zu Mittag gekaufte Pizza, darunter steht: "Super Pizza" und eine Ortsangabe. Viele junge Menschen fotografieren ihre Mahlzeiten und stellen die Bilder in sozialen Netzwerken online; in den Internetdiensten Facebook und Instagram sind es so viele geworden, dass psychologische Fachzeitschriften bereits über die tieferen Ursachen des Phänomens rätseln.

In Berlin hat es ein Wirt nun satt. "Bitte das Essen nicht instagrammen!" schrieb er auf einen Zettel und hängte ihn in seinem Lokal auf. Was eine Debatte ausgelöst hat, weil den Zettel wiederum jemand fotografiert und auf die Facebook-Seite "Notes of Berlin" gestellt hat. Können Restaurants sich solche Food-Fotos verbitten? Haben sie das Recht, sich zu wehren gegen eine Veröffentlichung der Bilder im Netz?

Die Meinungen der Rechtsgelehrten gehen, nachdem in einschlägigen Foren seit Tagen diskutiert worden ist, nicht mehr allzu weit auseinander, weshalb man zusammenfassend antworten darf: Ja, aber nur in Ausnahmefällen. Köche, die wahre Künstler sind, genießen den Schutz des Urheberrechts grundsätzlich genauso wie Musiker oder Maler.

Dies gilt nicht nur für den besonders originellen Geschmack ihrer kulinarischen Kreationen, sondern unter Umständen auch für das Optische, für die besondere Anrichtung eines Cocktails zum Beispiel oder für ein spektakulär arrangiertes Sushi-Ensemble: für jene Genüsse eben, die man mit der Kamera einfangen kann. Geht es um die persönliche Handschrift eines Spitzenkochs, dann darf gemäß dem Urheberrecht kein anderer, auch kein Restaurantgast, unbefugt ein Bild veröffentlichen.

Die Frage ist nur, ob alles, was in Berlin oder anderswo auf den Teller kommt, Kunst ist. An dem Punkt wird es für Gastronomen heikel. Nur wer wirklich etwas Einzigartiges gekocht hat, kann das Urheberrecht in Anspruch nehmen. Eine hohe Hürde, sagt der Kölner Urheberrechtsanwalt Niklas Haberkamm. Ein Richter werde sich nur in seltenen Fällen einmischen, um einem Koch gegen unerwünschte Fotografen zu helfen; bei der Anrichtekunst japanischer Spitzenköche vielleicht. Bislang ist es dazu nie gekommen.

Die Masse der Speisen, "einfache, alltägliche und vorbekannte Gestaltungen ohne ein Mindestmaß von Individualität und Aussagekraft", wie es in der kühlen Sprache des einschlägigen juristischen Kommentars der Professoren Artur-Axel Wandtke und Winfried Bullinger heißt, genießen keinen Schutz. Zumindest aus Sicht des Urheberrechts sind diese Werke zum fotografischen Abschuss frei.

Küchenchefs können trotzdem ihre eigenen Regeln aufstellen, sofern sie nicht nur die Kochmütze aufhaben, sondern auch den Hut, also das Hausrecht haben. Darauf weisen die Juristen noch hin: Ein Wirt kann durchaus von seinen Gästen verlangen, dass sie höflicher sind, als es das Gesetz verlangt. Genau das tut der Berliner Wirt mit seinem Zettel. "Essen fotografieren verboten", das lässt sich auch übersetzen in: Wer den Koch nicht wie einen Künstler behandeln mag, der soll doch gehen.

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