Schönheit:Die Blutsaugerin

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Sie gibt dem Begriff blutjung eine ganz neue Bedeutung: Schönheitsmedizinerin Barbara Sturm in ihrer Münchner Praxis. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Ärztin Barbara Sturm mischt Cremes aus dem Blut ihrer Patienten. Prominente aus Hollywood schwören auf die Verjüngungskur - auch wenn nicht bewiesen ist, ob sie wirkt.

Von Dennis Braatz

Die Patentante ihrer Tochter ist Cher. Während der letzten Modewoche in Paris sah man sie mit Kim Kardashian beim Smalltalk. Neulich auf der Weißwurstparty vom Stanglwirt posierte sie zwischen Franziska Knuppe und Monica Meier-Ivancan. Klare Sache: Diese Frau nimmt ihre Prominenz ernst.

Barbara Sturm ist bekannt dafür, berühmten Menschen und anderen betuchten Kunden die Adern anzuzapfen. Die deutsche Ärztin zentrifugiert das Blut und bietet danach zwei Behandlungen an. Entweder spritzt sie ihren Patienten das daraus gewonnene Plasma wieder zurück ins Gesicht, oder sie mischt ihnen eine Creme für den Hausgebrauch. Beide Methoden sollen der Verjüngung dienen und brachten Sturm in den vergangenen Jahren über ihre Praxisgrenzen hinaus jede Menge Aufmerksamkeit.

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Die amerikanische TV-Comedian Chelsea Handler etwa widmete ihr schon eine ganze Sendung. Die New York Post nannte sie "Mother of vampire facials". Und erst vor ein paar Wochen titelte die Teen Vogue, dass Hailey Baldwin, die 20-jährige Tochter des Schauspielers Alec Baldwin, jetzt auch schon die Mittel von Barbara Sturm benutze.

Dass die Klatschpresse ihren Ruf als seriöse Medizinerin beschädigen könnte, darüber macht sich Sturm keine Gedanken. "Mir haben mal Leute gesagt, dass ich gewisse rote Teppiche meiden und lieber Talkshows im Dritten machen soll. Aber ich bin eine Rock 'n' Roll-Ärztin", sagt sie. Zum Interviewtermin in ihrer neuen Münchner Praxis trägt sie eine Hose mit rostrotem Zickzackmuster plus weißes T-Shirt. Der Behandlungsraum ist bis auf die blutrote Kommode in Weiß gehalten. Ein stimmiger Auftritt ist alles.

"Mir haben Leute gesagt, dass ich gewisse rote Teppiche meiden und nur noch Talkshows im Dritten machen soll. Aber ich bin Rock 'n' Roll-Ärztin."

Das gilt vor allem in einem Geschäftsumfeld wie der Beauty-Industrie, die heute so übersättigt ist, dass man sich ständig etwas Neues einfallen lassen muss, um an Kundschaft zu kommen. Manchmal helfen sogar Schockbilder, um für eine Methode zu werben. Seit Kim Kardashian und das Model Bar Refaeli auf Instagram jedenfalls gezeigt haben, wie man nach einem Vampire-Lifting aussehen kann, nämlich ganz schön blutverschmiert, boomen die Eigenblut-Behandlungen von Hollywood bis Berlin.

Auch Barbara Sturm pendelt regelmäßig zwischen den USA, München und Düsseldorf, wo ihre Stammpraxis liegt. Von dort aus startete sie, wenn auch eher zufällig, die eigene Hollywood-Karriere. Das war vor knapp 15 Jahren. Damals war sie eigentlich noch Orthopädin und hatte mit einem Team eine Behandlung gegen Arthrose entwickelt, die international Beachtung fand. Aus der ganzen Welt schickten Ärzte ihre Patienten. "Viele kamen aus Hollywood", sagt Sturm.

Als ein befreundeter Zahnarzt ihr von einem Workshop erzählte, bei dem man das Unterspritzen von Lippen lernen konnte, wollte Sturm das ausprobieren. Sie besuchte Workshops bei mehreren Schönheitsärzten, die unterschiedliche Anwendungen anboten, reiste für einen Workshop sogar bis nach Brasilien. "Ich habe dann also Orthopädie gemacht, aber die Haut schon mit angeboten." Mit einem befreundeten Apotheker tüftelte sie damals auch schon an der Idee zur Blut-Creme.

2006 eröffnete sie dann ihre Praxis auf der Düsseldorfer Kö. Im Angebot: Botox-, Bruxismus- und Aknenarben-Behandlungen, alles minimalinvasiv. Eine Dependance im Ausland hatte sie nie - wer die Sturm-Behandlung will, muss sich schon die Mühe machen und zu ihr fliegen. Manche bleiben ein paar Tage in der Stadt, andere nur über Nacht. Die Cremes kann man sich auf Vorrat mischen lassen: "Wir frieren auch ein und fedexen", sagt Sturm. Wenn sie unterwegs ist, nimmt sie für ganz wichtige Patienten aber auch schon mal ein Arztköfferchen mit. Ein bisschen Blut kann man jemandem schließlich überall absaugen.

Aber wie soll das eigentlich funktionieren? Grob vereinfacht erklärt Sturm: "Das Blut wird mit einer Spritze abgenommen, in der kleine Glaskügelchen mit einer angerauten Oberfläche enthalten sind. Für die Blutzellen simuliert diese Oberfläche eine Verletzung. Deshalb bilden sie ein antientzündliches Protein." Danach wird das Blut ein paar Stunden auf einer Temperatur von 37 Grad Celsius gehalten, damit es die Proteine weiter produziert.

Am Ende soll die Wirkstoffkonzentration im gewonnenen Plasma 40-mal so hoch sein wie im eigenen Körper. Das Versprechen lautet nun: Das fertige Produkt, ob direkt unter die Haut gespritzt oder mit einer Basiscreme vermischt, beschleunigt die körpereigene Heilung, also eine Erneuerung der Haut. 30 Milliliter kosten 450 Euro.

Manche Stars kaufen gleich zehn Cremes - damit sie in jedem ihrer Häuser welche haben

Allerdings, wie so häufig bei all den Wundercremes, -seren und -lotionen, gibt es für die Wirkung der Sturm'schen Eigenblutbehandlung bislang keinen wissenschaftlichen Beweis. Wie gut sie funktionieren soll, davon erzählen nur die vielen Instagram-Postings und Blog-Einträge ihrer Anhänger. Die Autorin Emily Ramshaw, die sich auf dem Fashionblog The Coveteur schon häufig über teure, aber wirkungslose Beauty-Produkte Luft machte, schrieb etwa: "Eine Creme aus meinem Blut verhalf mir zum bislang besten Hautbild."

Sturm selbst sagt, sie benutze ihr Produkt seit 14 Jahren. "Meine Haut ist komplett runterreguliert." Ihr Gesicht ist tatsächlich auf eine gewisse Art makellos, keine Rötungen, keine Unreinheiten, gesunder Glanz, nur feinste Fältchen. Klar, wer Jugend verkauft, darf selbst natürlich nicht zu stark altern.

Noch besser als über gute Kommentare verkaufen sich Produkte aber bekanntlich über Stars. "Es gibt Celebrities, die bestellen zehn Cremes auf einmal. Weil sie ein Haus hier und ein Haus da haben. Dann brauchen sie noch eine für den Flieger, dann eine, die ihre Assistenten immer dabeihaben und so weiter", sagt Barbara Sturm. Jada Pinkett-Smith, Rosie Huntington-Whiteley und Kim Basinger setzen auf ihre Produkte, das behaupten zumindest die Promi-Portale im Internet. Sturm nimmt diese Namen nicht in den Mund. Was Diskretion angeht, ist sie ganz Ärztin geblieben.

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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