Schnurrbart und Charity:"Hat Stil und ist kleidsam"

Eigentlich sehen Schnurrbärte fragwürdig aus, trotzdem gelten sie zur Zeit als hippes Accessoire. Grund dafür ist der "White-Trash-Look" - aber nicht nur. Wir sind im Monat Schnurrvember, und Männer auf der ganzen Welt lassen ihre Oberlippenhaare für einen guten Zweck.

Charlotte Theile

Mann mit Schnurrbart

Immer mehr Facebook- und Twitter-Profile zeigen Bärte. (Symbolbild)

(Foto: nicolasberlin / photocase.com)

Seit einiger Zeit sind Bärte wieder in. Um nicht mit dem groben Halb-Riesen Hagrid aus Harry Potter verwechselt zu werden, trägt man dazu ein frischgewaschenes Holzfäller-Hemd und schmale Hüften. Der klassische Schnurrbart, wie ihn Ruhrpott-Urgesteine, Kaiser Wilhelm II. und Super Mario tragen, konnte von diesem Trend bisher nicht profitieren - doch das ändert sich gerade.

Immer mehr Facebook- und Twitter-Profile zeigen Bärte, Super Mario ist besonders beliebt. Das meiste Schnurrbart-Material stammt aus Photoshop. Dem Münchner Radio-Sender Ego-FM ist das nicht genug. "How Bart can you go?" fragen die Moderatoren unentwegt, das Ziel: Die Hörer sollen wachsen lassen.

1,9 Millionen Menschen mit Schnurrbart

Dabei gehe es nicht darum, die Münchner möglichst blöde aussehen zu lassen, sondern um Höheres. Der gute Zweck der Haare zwischen Nase und Mund wurde in Australien entdeckt. Wer sich dort im Monat November nicht rasiert, setzt damit ein Zeichen, "Movember" heißt die Aktion.

Diese Wortschöpfung aus November und dem englischen Wort für Schnurrbart, Moustache, hat einen ernsten Hintergrund. Der Movember soll das Bewusstsein auf Männerkrankheiten lenken, allen voran: Prostata-Krebs. Die "wachsende Männlichkeit" in diesen 30 Tagen ohne Rasieren wird im Netz präsentiert, nach einer Woche sind traurige kleine Schnauzer und stoppelige Schnurrbärtchen zu sehen. Aber der Monat ist ja noch lang. Ob die Bilder tatsächlich zum Krebs-Vorsorgen und Geld-Überweisen animieren?

Das ist wohl auch Ego-FM noch nicht ganz klar. Als kurzfristigen Vorteil dürfen Männer (und Frauen!) mit ihren Härchen Vergünstigungen bekommen, bei den Münchner "Bartnern" der Aktion. Ist halt nur ein "Schnurrvember" in Deutschland.

Auf der Homepage des großen Bruders Movember klingt alles weltverändernder: "Jedes Jahr im November inspiriert Movember tausende Männer weltweit, sich für den guten Zweck einen Schnurrbart wachsen zu lassen und so zum Mo Bro zu werden." Seit 2003 habe sich das Ganze zu einer globalen Bewegung entwickelt, an der bisher 1,9 Millionen Menschen in 21 Ländern teilgenommen hätten.

Mustache Mustache

"You're gonna be a Man my Son" - die Movember-Homepage wirbt mit  männlichen Sprüchen fürs Bart-Tragen. Das Ganze soll nicht nur Spaß machen, sondern auch  gegen Prostata-Krebs helfen.

(Foto: Screenshot: www.movember.com)

Bei großen Partys Ende November feiern die Mo Bros sich selbst. Frauen dürfen auch mitmachen, so gut sie eben können. Sie sind dann Mo Sistas und kleben sich Kunsthaar unter die Nase. Alle gemeinsam geben dem Thema Prostata-Krebs, laut Movember-Homepage, "ein neues Gesicht".

Jeder Teilnehmer soll sich ein persönliches Spenden-Ziel setzen (Empfehlung: 200 Dollar) und versuchen, dieses durch "Donations" an seinen Bart zu erreichen. Je besser der Schnauzer, desto mehr Respekt und Geld. Diesen Movember sind weltweit schon mehr als 27 Millionen Euro zusammengekommen - und der Monat ist noch lang. Ein Drittel des Geldes kommt erstaunlicherweise aus Kanada, dem Ursprungsland des Holzfäller-Styles.

Besonders gut funktioniert die Schnurrbart-Schau auf Netzwerken wie Facebook oder Twitter. Mit 6000 Fans ist Movember Deutschland dort allerdings noch etwas unterrepräsentiert. Erstaunlich, denn auch ohne Krebs und Charity ist der Schnurri im Kommen. Auch Christina Herlitschka, stellvertretende Vorsitzende der Piraten NRW, trägt seit kurzem ein Super-Mario-Bärtchen - zumindest auf Twitter. "Also, ich finde, moustache hat Stil und ist sehr kleidsam. Man sieht außerdem aus wie eine dicke zufriedene Katze". Vom Movember wusste sie nichts, ist aber begeistert von der Idee. "Jetzt, wo ich es weiß, mache ich sehr gern mit beim #movember."

Ironicmustache zeigt Hunderte Fotos der Hipster-Bärtchen. Ziel des Spotts: Der "White-Trash-Look" mit fleckigem Unterhemd, Trucker-Cap und 70er-Jahre-Brille. Unter einem Bild (Haarband, Hornbrille, Süßigkeiten zwischen den Zähnen) steht, was noch zum Schnurrbart zu sagen wäre: "Da war nichts mehr übrig als die ironische Hülse eines Mannes. Das Einzige, was ihn jetzt noch erfüllte, war Aufmerksamkeit ... und er wusste, auch das würde bald nicht mehr genug sein."

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