Sarah Wiener im Portrait:Menschen charmant "einkochen"

Sarah Wiener auf dem Führungstreffen Wirtschaft in Berlin, 2012

Geschäftige Gastronomin: Sarah Wiener (Archivbild).

(Foto: Stephan Rumpf)

Sarah Wiener soll nicht mehr für die Kantine im Bundespräsidialamt kochen - stören wird sie das wohl nicht. Die Starköchin ist geschäftig.

Von Verena Mayer

In Wien, der Stadt, in der Sarah Wiener groß geworden ist, gibt es das Wort "einkochen". Es heißt so viel wie: jemanden mit Charme für sich gewinnen. Und eingekocht hat die 52-jährige Österreicherin in ihrem Leben viele. Erst Berlin, wo sie mehrere Restaurants hat. Dann die Zuschauer der Fernsehshows, in denen sie den Kochlöffel schwingt, oder die Leute, die sie bei Veranstaltungen über gesunde Ernährung aufklärt. Nicht zu vergessen die 180 Beschäftigten des Bundespräsidenten. Die Kantine im Bundespräsidialamt wird von Sarah Wiener betrieben.

Doch an dieser Stelle hat es sich wohl ausgekocht. Das liegt nicht am Essen, auf dem Menüplan stehen "Lauwarmer Couscous mit Kräuter-Dip" oder "Krustenbraten vom Schwein mit Schmorkohl und Semmelknödeln". Sondern am Geld. Dem Haushaltsausschuss des Bundestages liegt der Vertrag des Amtes mit der Sarah Wiener Berlin GmbH im Magen. Der sah zum Beispiel, weil die Kantine nicht wirtschaftlich zu betreiben sei, einen Gewinnzuschlag von 1500 Euro im Monat vor. Eine Subvention durch den Steuerzahler für Wieners Schnitzel gewissermaßen. Das dürfe nicht sein, Dezember 2015 wird der Auftrag neu ausgeschrieben.

Geschäftssinn und Medienerfahrung

Sarah Wiener, die rührige Köchin, wird das nicht stören. Die Kantine macht nur einen winzigen Teil ihrer Geschäftstätigkeit aus. Die umfasst nicht nur Restaurants, in Berlin etwa das im Museum für Gegenwart im Hamburger Bahnhof. Sondern auch ein Cateringunternehmen, Kochkurse, Kochbücher und eine Stiftung, die sich dafür einsetzt, dass Kinder aus der Stadt zu Bauernhöfen fahren können. Töpfe, Schürzen, Saucen in Gläsern gibt es auch in Sarah Wieners Unternehmen, das 200 Mitarbeiter beschäftigt. In den Medien präsent zu sein gehört ebenfalls dazu. Sarah Wiener kochte an der Seite von Johannes B. Kerner fürs Fernsehen, in der Serie "Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener" reist sie durch verschiedene Regionen und lässt sich in deren Spezialitäten unterweisen.

Der breiten Öffentlichkeit wurde sie vor zehn Jahren durch das Reality-Format "Leben im Gutshaus" bekannt. In der Serie lebten die Teilnehmer, als wäre es 1900. Sarah Wiener gab die resolute Mamsell, die versuchte, auf dem Feuer mehrgängige Menüs zu zaubern, Hühnchenschlachten inklusive. Den Sinn für Öffentlichkeit bekam sie in die Wiege gelegt. Ihr Vater ist der Künstler Oswald Wiener, einer der umtriebigsten Vertreter des Wiener Aktionismus, die mit ihren Happenings 1968 Aufsehen erregten. Später ging der Mann nach Berlin und eröffnete das dann legendäre Restaurant "Exil" in Kreuzberg. Dort schälte die Tochter Kartoffeln, zum Kochen kam sie eher zufällig. Sie begann, selbst gebackenen Kuchen an Cafés zu liefern und für Filmproduktionen Essen zuzubereiten.

Die Konkurrenz wird härter

Ende der Neunzigerjahre eröffnete Sarah Wiener in Berlin ihr erstes Restaurant, danach folgten viele Partys, bei denen sie mit ihrem Häppchen-Varieté dabei war. Im kulinarischen Niemandsland, das die Hauptstadt sehr lange war, hatte sie es mit ihrer soliden Hausmannskost, in der sich Wiener Elemente wie Gulaschsuppe oder Topfenstrudel finden, allerdings auch nicht besonders schwer. Das hat sich geändert, vor allem im Catering-Geschäft wird die Konkurrenz immer härter; umsatzstarke Firmen wie Kofler oder Käfer dominieren den Markt.

Während Sarah Wieners Ruf als Unternehmerin unbestritten sein dürfte, gehen die Meinungen über ihre Kochkünste auseinander. Die einen mögen die Gerichte, die man unprätentiös nennen kann. Die anderen halten ihr vor, dass sie gar keine Köchin sei. So bezeichnete die Frankfurter Allgemeine sie als "Geschäftsfrau, die sich mit Essbarem befasst". Wiener selbst sagte in einem Interview dazu, kochen könne sie "von allem, was ich nicht kann, noch am besten". Was ja schon wieder charmant ist. Die Deutschen werden sich vermutlich auch weiterhin von Sarah Wiener einkochen lassen.

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