Millionenschwere Modeblogger-Familie:Alles begann mit blondem Salat

Chiara Ferragni

Chiara Ferragni, die reichste Bloggerin der Welt

(Foto: Getty Images)

Chiara Ferragni ist die bestbezahlte Modebloggerin der Welt. Wie schafft man es, mit einem Blog in nur fünf Jahren zur Self-Made-Millionärin zu werden?

Von Kathrin Stein

Man stelle sich ein Grillfest bei Ferragnis vor. Die Schwestern stecken die Köpfe für ein Selfie zusammen. Es wird heute nicht das Einzige bleiben. "Hey, ich wollte das zuerst posten!", ruft Valentina, die Jüngste. Doch Mutter Marina ist schon am twittern (#bbq #family). Francesca mahnt: "Mama, leg endlich das Handy weg, das Essen wird kalt!" Chiara, die Älteste, hat da bereits ein Foto vom reichlich gedeckten Tisch bei Instagram online gestellt und sich über die 80 000 Likes gefreut.

Ob es dort wirklich so zugeht? Das wissen nur die Ferragnis selbst. Ihre Social-Media-Profile lassen aber auf derartige Szenarien schließen: Die Bilder dokumentieren Abendessen im Restaurant, Ausflüge nach Mailand, einen Opernbesuch in Verona. Die Familie aus dem italienischen Cremona hat sich in den vergangen sechs Jahren in der Bloggerszene etabliert. Allen voran die älteste Tochter, die heute hauptsächlich in L.A. lebt und mit ihrem Blog Millionen verdient.

Kein Anlass ist ihr zu privat

Als Chiara Ferragni 2009 The Blonde Salad gründete, wollte sie nach eigener Aussage Platz für etwas Eigenes schaffen. Die Zutaten für den "blonden Salat" sollten Mode, Fotografie, Reisen und Lifestyle sein - ihre Leidenschaften. Und damit der gleiche Mix, der schon auf Tausenden anderen Blogs von jungen Frauen zu finden ist.

Dennoch ist Ferragni schnell sehr erfolgreich. Natürlich gehört Glück dazu, doch Chiara scheint mit ihrem Stil den Geschmack einer Zielgruppe zu treffen, die sie fast vergöttert. Vielleicht, weil sie ziemlich gut aussieht. Vielleicht, weil sie Stil und Persönlichkeit hat. Vielleicht auch nur, weil ihr Mitteilungsbedürfnis noch größer ist als das der Konkurrenz und ihr kein Anlass zu privat ist. Von Anfang an veröffentlichte die Jurastudentin beinahe täglich neue Fotos aus ihrem Leben: Weihnachten mit der Familie, Sommerurlaub auf Sizilien, Kino mit dem besten Freund sowie ein nahezu minutiöses Protokoll eines Trips nach Chicago, um ihren damaligen Freund Ricci zu besuchen.

Und Chiara Ferragni ist schmerzfrei bei der Selbstvermarktung: Auch im Schlafzimmer ist die Kamera mit dabei. Die 92 Kommentare darunter haben fast alle den gleichen Inhalt: "Chiara, du bist so hübsch! Ich bin echt neidisch auf dich, dein Leben scheint perfekt zu sein!" Begeisterte Teenager sind gleich potentielle Kunden. Bereits zwei Monate nachdem der Blog erstmals online ging, wird deshalb das Label Benetton auf Ferragni aufmerksam - und sie wird Jury-Mitglied eines Foto-Wettbewerbs.

"Heute sind deine Follower deine Währung"

Heute hat Ferragni etwa eine Million Likes auf Facebook, fast vier Millionen Follower auf Instagram und knapp 245 000 auf Twitter. Wer sich für Mode interessiert, kommt an dem Namen Chiara Ferragni nicht vorbei - ob er will oder nicht. Oder um es mit ihrem Lieblingshashtag zu sagen: #theblondesaladneverstops.

Aus dem Freizeitblog ist inzwischen ein Unternehmen mit sechzehn Mitarbeitern geworden, ein Business, mit dem Ferragni Millionen verdient. Allein im Jahr 2014 soll sich der Umsatz von "The Blonde Salad" auf circa sechs Millionen Euro belaufen haben. Ferragni ist heute so erfolgreich, dass sogar die Harvard Business School ihren Fall in einer Studie untersucht.

Ihr Geld kommt meist über langfristige Kooperationen mit Modemarken, die Werbebanner buchen oder Beiträge sponsern. Auch die Zusammenarbeit mit Online-Shops ist lukrativ. "Heute sind deine Follower deine Währung", sagt Joe Zee, Chefredakteur von Yahoo Style. "Somit ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten."

Denn auch Ferragnis Blog hat sich inzwischen verändert: Outfit-Posts mit der Bloggerin sind eine Rarität geworden, wenn, dann aber selbstverständlich mit Kleidung von Luxus-Marken wie Louis Vuitton, Fendi oder Valentino. Die Kulisse ist nicht mehr ihre Heimat Italien, sie shootet jetzt in Barcelona, in Cannes, auf den Malediven und in New York. Ihr Privatleben ist in den Hintergrund gerückt. Stattdessen geht es um Modetrends, Beauty-Tipps und Celebrities.

Die Beiträge sind meist von ihrem Team unterschrieben. Ihre Initialien C. F., die früher unter den Posts standen, liest man nur noch selten. Die gesamte Familie Ferragni ist seit dem Erfolg der ältesten Tochter in das Blogger-Business mit eingestiegen. Eine ganze Familie erwirtschaftet schließlich mehr Geld als einer allein.

Familien-Unternehmen der modernen Art

Als Chiara Ferragni mit "The Blonde Salad" begann, war ihre jüngere Schwester Valentina gerade einmal 16 Jahre alt. Genug Zeit, um sich einiges abzugucken: vom Kussmund-Selfie bis zum Schlafzimmer-Blick. Heute hat die 21-Jährige bereits eine eigene Kollektion entworfen: Bademode für das italienische Label Bikini Milanomarittima. Und natürlich ist sie auch in den sozialen Netzwerken äußerst präsent. Davon zeugen allein 564 000 Follower auf Instagram.

Und nicht nur die Jüngeren streben ins Netz. Als Mutter Marina Di Guardo im Jahr 2011 ihren Blog The Travel Passion startete, sagte sie über sich selbst, sie habe vor ein paar Jahren noch nicht einmal gewusst, wie man das Internet nutzt. Gut möglich, dass sie Nachhilfe von ihren internetaffinen Töchtern bekam - oder von deren Mitarbeitern. Heute ist sie auf ihrem Blog und Instagram aktiv, ist Autorin zweier Romane und eines Krimis.

Sucht man in der Ferragni-Familie jemanden, der noch nicht ganz und gar den sozialen Medien verfallen ist, bleibt wohl nur Tochter Francesca. Die 26-Jährige studiert noch, hat keinen Blog, und auch keine eigene Modekollektion. Immerhin werden auf Instagram mehr als 100 000 Follower täglich mit neuen Fotos versorgt: Familien-Selfies im Aufzug oder Weihnachten in Malibu.

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