Luxus-Shop "The Webster" in Miami:Mode für Floridas High Society

The Shops At Target Launch Party

Cognac-Erbin Laure Heriard Dubreuil hat ein Händchen für Luxus.

(Foto: AFP)

Cognac-Erbin Laure Heriard Dubreuil hat eine Marktlücke in Florida entdeckt: Modeläden mit sündteuren Sachen. Also eröffnete sie einen Modeladen mit sündteuren Sachen. Dafür wird die Französin jetzt von der internationalen Schickeria gefeiert - "The Webster" in Miami ist die Lieblingsadresse vieler Stars.

Von Nils Binnberg

Wenn das Leben von Laure Heriard Dubreuil ein High-School-Film wäre, sie hätte die Rolle des Cheerleaders. Es scheint, als würden gerade wirklich alle mit ihr abhängen wollen. In ihrer Welt sind das vor allem mächtige Modeleute. Lanvin-Designer Alber Elbaz zum Beispiel. Wenn er in Miami ist, legt er in ihrem Concept Store The Webster auch schon mal selber Hand an und dekoriert die Puppen. Oder New Yorks gefragtes Designerpärchen Proenza Schouler. Das hat für den Store schon Teile entworfen, die es nur dort gab. Und selbst so jemand wie Stefano Tonchi, Chef des angesehenen Modemagazins W, lässt sich für den Online-Shop fotografieren, in den Looks der Saison.

Was für Paris Colette und für London der Dover Street Market ist, ist für Miami The Webster: ein Multi-Label-Store für spitz kuratierte Designermode und Lifestyle-Nippes, der längst selbst zur Marke geworden ist. Das beweist eine eigene Target-The-Webster-Kollektion vom vergangenen Jahr mit, typisch Miami, Bikinis und Badehandtüchern in Flamingo-Print. Für gewöhnlich hat der amerikanische Textildiscounter nur Kooperationen mit so großen Labels wie Rodarte, Thakoon oder Missoni. Dass er eine Modelinie mit einem Laden macht, ist bisher einmalig.

In dem denkmalgeschützten Art-déco-Haus in der Collins Avenue hängt alles, was gerade in den Modestrecken des Interview Magazine oder der 032C zu sehen ist. Saphir-Amulette des Pariser Schmucklabels Aurélie Bidermann, die "Trapeze-Bag" von Céline oder die Strickkleider von Azzedine Alaïa. So weit unterscheidet sich The Webster damit nicht von den anderen berühmten Concept Stores.

High-Fashion in Miami?

Dass er weltweit Aufregung verursacht, hat einen anderen Grund: Er befindet sich in Miami. Noch immer denkt man bei diesem Stichwort sofort an Pastellfarben, Bundfalten und Bikinis. Aber High-Fashion? Vor Laure Heriard Dubreuil und ihrem Shop hätte man bei dieser Frage noch empört mit Kopfschütteln reagiert. South Beach, das war früher Cavalli. Heute ist es Cavalli, Marni und Margiela.

Die erstaunliche Verwandlung Miamis von der Proll- zur Designstadt hat sich Anfang der Nullerjahre derart temporeich vollzogen, dass die sonst so schnelle Modebranche gar nicht hinterherkam. Mit dem Import der Art Basel wurde erst das Industrie- und Arbeiterviertel Wynwood mit Galerien und Sternerestaurants aufgemotzt, dann bescherte die Möbelmesse "Design Miami" der Stadt einen eigenen "Design District", mit Luxus-Showrooms von Minotti und Poltrona Frau.

Nur die Mode, in der sich die neuen Besucher Miamis, die Galeristen, Sammler und Künstler wohlfühlen, gab es nicht. Weder schneeweiße Tuxedos von Martin Margiela noch Tapeten-Print-Röcke von Marni oder um die Ecke gedachte Anzüge von Comme des Garçons. "Die Art Basel Miami Beach war noch recht jung, als ich gerade für einen Job in New York war", erinnert sich Heriard Dubreuil. "Ich entschied mich spontan, für ein Wochenende dorthin zu fliegen, hatte aber natürlich keine Sommersachen dabei. Es war unmöglich, ein cooles Outfit zu finden! Nichts hatte Finesse."

Für Heriard Dubreuil war es ein Rätsel, dass die Stadt zur Messezeit voll von Geld und Geschmack war, es aber kein modisches Angebot dafür gab. Sie erkannte eine Marktlücke. 2007 warf sie ihren gut bezahlten Job als Visual Merchandiser bei Yves Saint Laurent hin und startete mit zwei Freunden The Webster - zunächst als Pop-up-Store. Die "Mañana-Mentalität", wie sie die entspannte Arbeitseinstellung der Latinos nennt, hat die Umbauarbeiten vom berühmten Webster-Building immer wieder verzögert.

Erst zwei Jahre später konnte die Luxusboutique in das von Architekt Henry Houser erbaute Gebäude einziehen - da hatte sich die ungewöhnliche Auswahl längst rumgesprochen. In Rekordzeit steigt die Französin mit ihrem Departmentstore zur wichtigsten Strippenzieherin von Miami auf. Mit ihr bekommt die Stadt auf einmal einen erstzunehmenden Social Calendar.

Royals von Manhattan

Von ihrem New Yorker Loft aus organisiert Heriard Dubreuil in Miami ein Jetset-Event nach dem anderen. Mal ist es das Art-Basel-Dinner, dann die Rooftop-Party zum Verkaufsstart von Chloé oder eine Balenciaga-Ausstellung. Man würde ihr diese Rolle nicht zutrauen, wenn man sich die Bilder von ihr auf Lifestyle-und Street-Style-Blogs oder in Modemagazinen wie der französischen Vogue oder Architectural Digest anschaut. Da lächelt sie brav mit ihren großen Rehaugen und gibt sich ganz mädchenhaft. Wenn sie dann aber vor einem sitzt beim Interview im New Yorker Hotel Mercer, glaubt man es sofort.

The Webster in Florida

"The Webster in Florida" ist die Lieblingsadresse vieler Stars.

(Foto: Camilo Rios for The Webster)

Auf dem großen Sofa in der Lobby spielt Heriard Dubreuil die Entertainerin. Ein Dutzend Armreife klappert an ihren Handgelenken, wenn sie mit französischem Akzent lauthals Drinks bestellt. Dann wirft sie die offenen Haare zurück, zupft sich den YSL-Marineblazer und den Balenciaga-Ledermini zurecht. Um sie herum versammelt: die heimlichen Royals von Manhattan. Da ist die Modemuse Vanessa Traina, Stylistin für Labels wie Proenza Schouler, Erdem oder Alexander Wang. Oder auch die milliardenschwere Industriellentochter Lauren Santo Domingo, eingeheiratet in - laut Forbes - eine der wohlhabendsten Familien Kolumbiens. Und da ist natürlich ihr Verlobter, der Kunststar Aaron Young, Schützling von Galerist Larry Gagosian.

Zur Kunstschau Art Basel Miami Beach zeigt sich, wie hoch das Standing der Webster-Chefin wirklich ist. Wenn sie zum Dinner in ihren Store ruft, kommen sie alle. Dann erzählen die Kunstmäzene Jason und Michelle Rubell bei Steinbutt mit Trüffelschaum, wie ihre Kinder die eigenen Zimmer mit Werken aus der Privatsammlung der Eltern kuratieren. Der Schmuckdesigner Waris Ahluwalia berichtet bei einem Stück Apfel-Feigen-Tarte ausführlich von seiner neu entdeckten Liebe für Istanbul. Und Rapper Theophilus London schneit zu später Stunde mit seiner Entourage rein, um ein Unplugged-Konzert zu geben. Darüber liest man später ausführlich auf den Gesellschaftsseiten im W Magazine oder der Vogue.

Familiengeschichte mit Hang zum Drama

Laure Heriard Dubreuil würde sich selbst niemals als Prominente bezeichnen. Sie sieht sich als hart arbeitende Business-Frau, die gezielt an ihrer Karriere gearbeitet hat; die erst in Paris Mandarin und BWL studiert hat, nebenbei im Barbara-Bui-Shop auf der feinen Avenue Montaigne jobbte und schließlich am Fashion Institute of Technology in New York Visual Merchandise lernte.

Dabei hat ihre Familiengeschichte genau die richtigen Zutaten für ein schillerndes Gesellschaftsdrama. Ihr Urgroßvater gründete einst die Cognac-Firma Rémy Martin. Die eine Tochter heiratete in die Cointreau-Familie, die andere in die der Heriard Dubreuils. Jahrelang wurde erbittert um die Rechte am Edelcognac gestritten, bis sich die Familien auf eine Fusion einigten. Und obwohl Heriard Dubreuil seit vorigem Jahr dem Vorstand angehört, ist für sie vollkommen klar, dass sie die Geschäfte niemals übernehmen möchte. "Von unserer Firma habe ich gelernt, wie Luxus geht", erläutert sie. "Das habe ich auf meine Leidenschaft übertragen: Mode".

Wie gut die Cognac-Erbin das Geschäft mit Luxusmode versteht, sieht man, wenn man über den flauschigen, schokobraunen Teppich durch die zweite Etage ihres Stores läuft. Neben Event-Kleidern und Smokings - ihre Bestseller, wie sie verrät - hängen dort von jeder Kollektion die Keypieces und auffällig vieles in Farbe - was The Webster dann doch von den anderen Concept Stores unterscheidet. Selbst im schwarzen Gothic-Schick von Givenchy spürt sie noch Pastellfarben auf.

Damit reagiert Heriard Dubreuil auf die Wünsche ihrer Kunden. Neben Russen und Europäern sind das vor allem Südamerikaner und R'n'B-Stars, die es eben bunt lieben. Wenn Drake, Rihanna oder Usher in ihr Geschäft kommen, dann steuern sie mit ziemlicher Sicherheit erst mal alles an, was leuchtet, beobachtet sie immer wieder. Schrittweise hat sie ihr Sortiment dieser Kundschaft etwas angepasst. Am Ende erwartet man in South Beach dann eben doch ein bisschen Miami.

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