Lokaltermin:L'Ami Fritz

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Das Elsass ist vor allem wegen der Weine interessant. Nun muss man nur noch ein Restaurant finden, das eine schöne Speisebegleitung zum Wein anbietet, meinte unser Autor.

Von Philipp Maußhardt

Das Elsass ist ohne Wein nicht denkbar. Wer hier vor einer Speisekarte sitzt, denkt oft andersherum: Welches Gericht passt wohl zum ausgewählten Wein? Mehr als 100 Kilometer zieht sich das Anbaugebiet zwischen Straßburg und Mühlhausen an den Vogesen entlang, und ein Weindorf reiht sich an das nächste. Man kann sich treiben lassen und die Auswahl eines Restaurants dem Zufall überlassen. Ganz schlecht wird man selten essen und trinken. Wer aber sichergehen möchte, dass Küche und Keller herausragend sind, muss sich bei Landeskennern erkundigen. Uns empfahl man das Dorf Ottrott, dort stehe seit gut 20 Jahren ein Mann am Herd, der den schönen Nachnamen Fritz trage. Das Hotel-Restaurant nennt sich aber nicht nur deshalb L' Ami Fritz, es ist auch eine Anspielung auf den Titel eines in Frankreich populären Romans aus dem 19. Jahrhundert. Darin gibt der Held sein letztes Hemd für ein gutes Essen.

Das L' Ami Fritz ist eine typische "Winstub", rustikal mit viel Holz eingerichtet (und einer Wandtäfelung aus der Renaissance), und doch viel mehr als die von Bus-Touristen angesteuerten Sauerkraut-Verladestationen gleichen Namens. Chef Patrick Fritz zählt zum erlauchten Kreis der "Maîtres Cuisiniers de France", einer Art Sittenwächter über die klassische französische Küche. Eigentlich müsste man "Küchen" sagen, denn jede Region in Frankreich hat ihre eigene Prägung. Das Elsass ist besonders spannend, weil hier die Einflüsse aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz spürbar sind.

Wir schauen uns die Speisekarte an, auf die Monsieur Fritz drei Menüs gesetzt hat, ein dreigängiges "Menu du Marché" (31 Euro), ein etwas ausgefeilteres (47 Euro) und das "Menu Plaisir" - dasjenige der Freude also, für das wir uns sofort entscheiden (70 Euro). Fast mehr aber interessiert uns die Weinkarte. Wie erhofft schenkt auch das L' Ami Fritz viele offene Weine aus der unmittelbaren Umgebung aus, einige davon aus dem Weingut Fritz-Schmitt, man ahnt richtig: verwandtschaftliche Beziehungen.

(Foto: N/A)

Es sind noch immer fast alles Familienbetriebe, die im Elsass seit Generationen die Rebhügel bewirtschaften. Sie nutzen die abwechslungsreiche geologische Struktur und das halbkontinentale Klima für die Produktion außergewöhnlicher Weine. Wir waren am Nachmittag bereits einen kleinen Abstecher zum Weingut der Familie Gilg nach Mittelbergheim gefahren, 16 Generationen lässt sich das Winzergeschlecht zurückrechnen. In der geschmackvoll renovierten Probierstube hatte uns Jean-Pierre Gilg auf eine "Tour d' Horizon" der wichtigsten Rebsorten des Elsass mitgenommen.

Wir sind also schon inspiriert und finden auf der Karte des L' Ami Fritz einen Gewürztraminer Grand Cru Bruderthal aus dem Jahr 2013, der zur Gänseleber mit Quittengelee passen würde. Gewürztraminer ist seiner starken bis aufdringlichen Aromen wegen kein einfacher Wein zum Essen und wird deshalb oft nur als Aperitif getrunken. Zur Foie gras aber, die der Oberkellner hier etwas steif serviert, passt er wunderbar. Gerne würde man dem durchaus aufmerksamen Saalchef den Stock aus dem Rücken nehmen, er wirkt auch den restlichen Abend ein wenig, als hätte ihm jemand das Lächeln verboten.

Der zweite Gang, ein wildgefangener Steinbutt mit einem Pastinaken-Püree und Muschelsauce, schreit förmlich nach einem Riesling. Wir finden ein passendes Äquivalent aus dem Weingut Fritz-Schmitt, einen Riesling Vieilles Vignes (Alte Reben). Die Stöcke sind mehr als 50 Jahre alt. Riesling, trocken ausgebaut, bedeutet Säure, und so ist auch dieser Weißwein relativ säurebetont, sie ist aber durch den Restzuckergehalt wunderbar eingebunden. Zur Erholung gönnt uns der Küchenmeister einen leichten Zwischengang mit einem Sorbet aus Marc de Gewürztraminer. Eine gute Gelegenheit, mal auf ein Glas Mineralwasser zurückzugreifen. Das Aroma des zum fruchtigen Sorbet eingedampften Gewürztraminers gewinnt dadurch nur.

Endlich folgt mit dem zweiten Hauptgang ein Gericht, das als Begleitung den berühmtesten aller Weine aus Ottrott rechtfertigt. Der Rouge d' Ottrott gehört zu den bekanntesten Rotweinen des Elsass und wird aus Trauben der Rebsorte Pinot noir (Spätburgunder) gekeltert, die Benediktiner-Mönche - das wird hier präzise datiert - schon im Jahre 1109 im Elsass heimisch machten. Für unsere Begriffe ist er einige Grade zu kühl serviert. Er hätte sein leichtes Himbeer-Aroma noch kräftiger zum jungen Wildschweinrücken mit Kassknepfle und wilden Preiselbeeren entwickelt, hätte man ihn zumindest auf Zimmertemperatur gebracht.

Nach der regionalen Käseauswahl leert sich der Speisesaal, fast alle Gäste treffen sich in der angrenzenden Hotel-Lobby in tiefen Ledersitzen wieder. Auch der Meister und seine Frau sitzen irgendwann mittenmang und plaudern bei einem letzten Gläschen. Für den Ausklang haben wir uns den vielleicht berühmtesten und gleichzeitig am meisten überschätzten Wein aufgespart: Edelzwicker. Kaum ein anderer Wein ist so mit einer Region verknüpft wie er. Sein Name beschreibt allerdings keine Rebsorte, er wird aus verschiedenen Weißweintrauben gekeltert und will oft nicht mehr sein als ein süffiger, leichter, trockener Sommerwein. Seinen Dienst tut er hier aber wunderbar: den Gast angenehm auf die so einfache wie schöne Herberge im selben Haus einzustimmen.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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