Kurz gesichtet:Architektonische Ausraster

Ein neuer Band zeigt die Eskapaden amerikanischer Konsumarchitektur. Eine neue Unterwäschekollektion soll auch nach mehrfachem Tragen sauber bleiben. Und ein Hotel bietet eine ganz neue Art der Fortbewegung. Die Stil-News.

Von Anne Goebel, Max Scharnigg und Silke Wichert

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(Foto: Taschen-Verlag, Köln)

Warum sollte ein Drive-In für Donuts nicht aussehen wie ein Donut? Und für Nylons wirbt natürlich am effektivsten ein bestrumpftes Frauenbein, möglichst riesengroß. "California Crazy" heißt ein neuer Band über die architektonischen Eskapaden im amerikanischen Sonnenstaat: Die gezeigten Gebäude sehen nach hiesigem Maßstab eher aus wie abgehalfterte Fahrgeschäfte vom Münchner Oktoberfest - aber eine gute Spur US-Größenwahn steckt auf jeden Fall auch in den gezeigten Buden, Motels und Ausflugslokalen. Gigantische Hotdogs, grelle Eistüten, baumhohe Kaffeebecher: Die Bauten am Straßenrand Kaliforniens stammen aus einer Zeit, als durch die Automobilisierung der Bevölkerung jeder, der mit den Vorbeifahrenden Geschäfte machen wollte, schnell Aufmerksamkeit erregen musste. Das Ergebnis: eine "Freakshow des architektonischen Wildwuchses", so beschreibt es der Taschen-Verlag. Durchaus unterhaltsam und sehenswert in Zeiten nachhaltiger Niedrigenergie-Bauweise, die natürlich lobenswert ist, aber eben nie so herrlich schräg aussieht (Jim Heimann, California Crazy, American Pop Architecture, 40 Euro).

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(Foto: PR)

Klingt erstmal unappetitlich: Unterwäsche, die man mehrfach anziehen soll, statt sie nach einmaligem Tragen zu waschen. Allerdings sind die Shirts und Unterhosen mit dem sperrigen Namen "Silver Tech 2.0 by Organics Basics" nicht aus gewöhnlicher Baumwolle, sondern aus recyceltem und behandeltem Nylon, das selbst angeblich 99,9 Prozent aller Bakterien killt - also keinen Geruch entstehen lässt. Trotzdem unhygienisch? Die Nasa nutzt die gleiche Technologie, um ihr Trinkwasser auf der Raumstationen zu reinigen. Am Ende würden alle den ganzen Tag über besser riechen, heißt es, egal, ob man dem Bus hinterher rennen musste oder in der Klausur geschwitzt hat. Vor allem soll aber die Umwelt geschont werden, weniger Waschen bedeutet schließlich auch weniger Wasserverbrauch und nebenbei natürlich auch weniger Arbeit. Genug potenzielle Mehrfachträger scheint es bereits zu geben: Das dänische Unternehmen Organic Basics sammelt noch bis Anfang Juni Geld über eine Kickstarterkampagne für seine Kollektion - und hat sein Finanzierungsziel bereits locker erreicht.

Als die Meldung mit diesen beiden Namen am vergangenen Mittwoch die Runde machte, zuckte die Modewelt kurz zusammen: Louis Vuitton und Nicolas Ghesquière - was ist mit denen? Droht der nächste Designerabgang? Mais non! Im Gegenteil, der Vertrag des Franzosen wird zur Abwechslung mal verlängert, was auch schon wieder eine Nachricht wert ist. Denn die übliche Halbwertzeit der Branche beträgt momentan eher drei bis vier Jahre und Ghesquière entwirft die Frauenkollektion immerhin schon seit 2013. Vor zwei Jahren hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, der Brite Jonathan Anderson werde bereits als Nachfolger gehandelt. Anderson entwirft momentan für Loewe, das wie Louis Vuitton zum Konzern LVMH gehört. Jetzt heißt es aus Paris aber, man freue sich, "die Reise mit Nicolas fortzusetzen." Tatsächlich hat Ghesquière die Marke spürbar verjüngt, offensichtlich sind auch die Verkäufe deutlich gestiegen. Aktuell macht Louis Vuitton knapp 12 Milliarden Euro Umsatz und ist damit die größte Luxusmarke der Welt. Und daran möchte wohl niemand etwas ändern.

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(Foto: PR)

Zum See oder ans Meer fahren, in die Badesachen schlüpfen und am Boden einen ausgebleichten Frotteelappen ausbreiten - das lassen Stilpuristen ja schon lange nicht mehr als Vergnügen durchgehen. Nein, seit ein paar Saisons gilt es als schick, sich am Strand auf großen, kreisrunden Decken niederzulassen. Das verleiht einem ganz normalen Nachmittag am Müggelsee eine gewisse koloniale Eleganz. Der Lager-Trend ging von den "Roundies" des australischen Labels Beach People aus, inzwischen gibt es unzählige ähnliche Produkte. Und sogar ein Exemplar, das so edel aussieht wie ein Perserteppich, Fransen inklusive (slowtide.eu).

Fahrräder, Oldtimer, Vespa - gute Hotels bieten ihren Gästen heute oft flotte Fortbewegungsmittel an. Das Four Seasons Resort Maldives verkündet jetzt stolz, das erste Hotel mit eigene U-Boot zu sein. An Bord des Deep Flight Super Falcon 3S können zwei Gäste mit einem Piloten auf bis zu 37 Meter Tiefe abtauchen und die Riffwelt betrachten. Das Gefährt ist batteriebetrieben und soll kaum Lärm verursachen, um das Meeresleben nicht zu stören.

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