50 Jahre Flipflops:Zum Herwatscheln

Nur ein Zehensteg trennt sie von der Adilette: Seit einem halben Jahrhundert begleiten uns Flipflops in allen Farben durch den Sommer. Dabei galten die Trendschlappen an der Copacabana einst als Synonym für Armut.

Laura Hertreiter

Reinschlüpfen, Urlaubslaune. Nur durch diese Wirkungsmacht ist zu erklären, dass Flipflops zu ihrem 50. Jubiläum in keinem Schuhschrank mehr fehlen. Dabei unterscheidet sich die minimalistische Badelatsche eigentlich nur durch einen Zehentrenner von der sogenannten Adilette, jenem blauen Gummipantoffel, der das Bild deutscher Urlauber in fragwürdiger Kombination mit weißen Sportsocken auf der ganzen Welt geprägt hat.

Strandsandale

Stil-Experten sind sie ein Dorn im Auge. Auch Anschleichen ist mit ihnen nicht möglich. Dennoch sind Flip Flops aus den meisten Schuhschränken nicht wegzudenken.

(Foto: dpa)

Der Flipflop aber gilt im Gegensatz zur Prollschlappe als hipper Freizeitschuh. Das war allerdings nicht immer so. Ursprünglich wurde er vor allem an der Copacabana getragen - einst ein Synonym für Armut, wie ein Sprecher des größten Flipflop-Herstellers Havaianas sagt. Vor genau einem halben Jahrhundert brachte das Unternehmen, inspiriert von traditionellen japanischen Zehenstegsandalen, das erste Modell auf den Markt. Massenware aus Plastik, billig produziert. Kein Design, kein Marketing, kein Komfort.

Seit der Trend in den Neunzigerjahren mit einer Reisewelle aus Brasilien nach Europa und in die USA schwappte, ist das Flapp-Geräusch, das ihm den lautmalerischen Namen bescherte, im Sommer ein enervierender Dauersound. Vergangenes Jahr wurden weltweit allein 210 Millionen Havaianas verkauft. Längst ziehen andere Marken nach, die Preisspanne reicht von Billig-Schlappen für weniger als zwei Euro bis zu den knapp 15.000 Euro teuren Kreationen des US-Künstlers David Palmer. Das Luxuslabel Dior schickt seine Models in 400-Dollar-Flipflops auf den Laufsteg.

Aber nicht alle sind von der weltweiten Flipflopisierung begeistert. Etikette-Experten erklären die legeren Plastiksandalen im Büro und in Kombination mit Abendmode (oft vergeblich) zum Tabu. Barack Obama, der sich 2008 in "Zehentangas" urlaubend zeigte, löste gar eine Debatte über politikertaugliches Schuhwerk aus. "Sollte der Anführer der freien Welt so etwas tragen?", titelte die New York Post.

Mediziner warnen indes: vor Rücken- und Gelenkschmerzen, weil die Zehen im Flipflop verkrampfen; vor Haltungsschäden, weil man sich Schlurfschritte angewöhnt; vor Fußpilz, weil die Sohle nicht atmungsaktiv ist und Hautkrankheiten fördert; und vor Impotenz, weil die Plastikpantoffeln häufig mit hochgiftigen Chemikalien belastet sein sollen, welche die Fortpflanzungsfähigkeit ruinieren. Auch die Polizei mahnt: Flipflops an Gaspedal und Bremse seien zwar nicht verboten, aber sehr gefährlich. Wer abrutscht oder hängen bleibt und einen Unfall verursacht, kann in Deutschland im Nachhinein eine Anzeige kassieren. In Südengland hingegen setzen die Ordnungshüter die Schlappen übrigens ein, um Unfällen vorzubeugen: Sie verteilen sie an betrunkene High-Heels-Trägerinnen, damit die sich nicht die Knochen brechen. Auf der Sohle: eine Warnung vor den Folgen von Alkohol.

Doch selbst Flipflop-Träger sind vor dem gröbsten aller Fehltritte nicht gefeit. Nicht einmal der phänotypische Steg, der den ersten und zweiten Zeh trennt, verhindert den modischen Fauxpas der belächelten Adiletten-Fraktion: Tatsächlich gibt es mittlerweile Socken mit eigens für den Flipflop abgenähtem großen Zeh.

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