Haustiere:Vernetztes Bellen

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Schlauer als ein Labrador? Der Roboterhund Zoomer 2.0. (Foto: PR)

Fitnesshalsbänder und Tier-Dolmetscher: Die Beziehung zwischen Mensch und Hund soll digital optimiert werden.

Von Titus Arnu

Jaul! Winsel! Knurr! Wie bitte? Was will der Hund bloß sagen? Hunger? Spielen? Gassi? Die zwischenmenschliche Kommunikation ist ja schon schwierig genug, aber zwischen Mensch und Tier kommt es oft zu noch gröberen Missverständnissen. Hunde verstehen bis zu 200 Wörter und können die Körpersprache von Herrchen und Frauchen lesen - umgekehrt versteht der Mensch manchmal nur Bahnhof, wenn der Hund vielleicht Bauernhof sagt.

Es gibt kaum ein Problem zwischen Mensch und Mensch und zwischen Mensch und Tier, für das in digitalisierten Zeiten nicht nach einer Lösung gesucht würde. Der ungarische Hundeforscher Ádám Miklósi, Professor für Ethologie an der Eötvös Loránd Universität in Budapest, hat zum Beispiel einen Apparat entwickelt, der Hundisch in Menschensprache übersetzt. Das Kommunikationssystem "Sensdog" soll dem Hundehalter ermöglichen, das Verhalten seines Tieres richtig zu deuten. Der Hund trägt einen Sensor am Halsband, dieser sendet per Bluetooth oder Wifi Daten an das Smartphone oder die Smartwatch des Halters. Die Software analysiert dann Bewegungen, Stimmungen und Verhaltensmuster des Tieres - und erklärt diese in verständlichen Worten. Grundlage für den Hunde-Dolmetscher ist eine Datenbank, die von Verhaltensforschern gepflegt wird.

Jedes Schwanzwedeln und jedes Wühlen im Garten kann in der Cloud gespeichert werden

Der Hund von heute trägt also nicht nur ein digitales Halsband, er hat auch Internetanschluss und sendet Daten in die weltweite Hunde-Cloud. Jedes Schwanzwedeln, jedes Beinheben und jedes Wühlen im Garten kann getrackt und gespeichert werden. Noch ist Sensdog ein Start-up-Projekt, aber wenn sich genügend interessierte Hundehalter finden, die ihren Liebling elektronisch überwachen und analysieren wollen, liefert das System den Hundeforschern und der Haustierindustrie umfassende Nutzerdaten.

Die Digitalisierung des Haustiers ist im vollen Gange, und sie führt zu seltsamen Auswüchsen. Zum Traum vom Smart Home, der intelligenten Haussteuerung, gehört anscheinend auch der Traum von der intelligenten Haustiersteuerung. Funkhalsbänder, mit denen sich renitente Hunde durch Vibrationsalarm, Tonsignale oder leichte Stromstöße fernlenken lassen, gibt es schon länger. Neuerdings kann man auch das Füttern per Internet erledigen. Das besorgt ein Automat namens "Munch", der per Fernsteuerung über Smartphone Leckerli ausgibt - auf Befehl fährt eine Schublade aus dem Elektronapf.

Doch ist das Fernsteuer-Fressi nicht eher ein Rückschritt als ein Fortschritt? Eigentlich ist das Füttern eine wichtige soziale Interaktion mit dem Haustier. Auch daran haben die Entwickler der teuren Haustier-Elektronik gedacht. Per Webcam können Nutzer vom Büro aus über einen im Napf integrierten Monitor mit ihrem Liebling sprechen oder ihm seine Lieblingsmusik vorspielen. Für Haustiere mit Hang zum Glücksspiel gibt es den Slot-Machine-Modus. Je nach Symbolkombination auf dem LED-Bildschirm des "Munch" spuckt der Automat andere Snacks aus. Ähnliche Geräte geben dem Tier Futter, wenn es einen leuchtenden Sensor korrekt betätigt, andere schießen einen Ball, nachdem der Hund diesen in die richtige Öffnung gelegt hat. Der Halter kann per App kontrollieren, ob sich der beste Freund wirklich anstrengt oder ob er ein fauler Hund ist.

Das Modell "iPuppyGo" erfasst Schlafzeiten, Bewegungsdaten und die Laune des Hundes

Tracking-Halsbänder und Sportprogramme sollen die Fitness des wohlstandsverwahrlosten Tiers verbessern. Das funktioniert ähnlich wie bei Apps, die Menschen dabei helfen, die Bikinifigur zu erreichen oder den Halbmarathon unter zwei Stunden zu schaffen. Am Halsband befestigte Fitness-Tracker zeichnen die vierbeinigen Bewegungen per GPS auf. Bei "Tractive Motion" werden "Pet Points" gesammelt, für erreichte Ziele gibt es Auszeichnungen ("Badges"), von denen man sich als Hund allerdings nichts kaufen kann. Das Gerät misst den Kalorienverbrauch und erstellt bunte Statistiken, die jegliche Gassi-Aktivität dokumentieren. Das Modell "iPuppy Go" erfasst Schlafzeiten, Bewegungsdaten und Laune des Hundes. Über die dazugehörige App lassen sich auch Spielübungen abrufen.

Manche Geräte funktionieren wie elektronische Fußfesseln: Der Hundebesitzer kann einen virtuellen Zaun errichten, den sein Schutzbefohlener nicht verlassen darf. Schleicht der sich doch aus dem erlaubten Bereich, bekommt der Halter eine Warnmeldung aufs Smartphone. Beim "Pawbo Wag Tag", einem portablen Kleincomputer für Hunde, kann der Halter mithören, wie es seinem Hund geht. Eingebaute Mikrofone sprechen auf abnormale Geräusche an, ein Aufprallsensor schlägt Alarm, wenn der Hund vom Auto angefahren wird. Keine schöne Vorstellung, so einen Unfall übers Smartphone mitzuhören.

Wozu eigentlich noch einen echten Hund anschaffen, und nicht gleich einen elektrischen? Auch so etwas gibt es natürlich schon. Der Zoomer 2.0 ist ein voll beweglicher und angeblich "intelligenter" Roboterhund. Er kann bis zu fünfzig Befehle lernen (mehr als mancher Labrador) und simuliert Emotionen, indem er den Kopf schief legt und mechanisch mit dem Stummelschwanz wedelt. Der schwarz-weiße Plastikhund kostet etwa 90 Euro und soll als Vorstufe oder Ersatz für einen echten Hund dienen. Wenn Zoomer nervt, knipst man ihn einfach aus. Sitz, Platz und Ausschalten.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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