Haartrend:Haste Töne - die Haartrends der Saison

Haartrend: Oben blond, unten bunt: Dip-Dye heißt dieser Look.

Oben blond, unten bunt: Dip-Dye heißt dieser Look.

(Foto: victoriasarina)

Mit einer einzigen Haarfarbe durch den Sommer? Zwei sollten es schon sein, gerne auch ein bisschen greller.

Von Tanja Rest

Wer sich als quasi Unwissender in die gepuderte Welt der Beauty begibt, wird rasch feststellen, dass er es dort nicht nur mit Foundation, Concealer, Lipgloss und Rouge zu tun bekommt, sondern auch mit einem Make-up der Worte. Faustregel: Je banaler der Sachverhalt, den es zu benennen gilt, um so dicker die Verbalschminke. Nehmen wir nur mal den Beauty-Trend des kommenden Sommers: In Fachpublikationen wird er alternativ mit Two-Tone, Ombré oder Balayage beschrieben. Daraus könnten sie bei "Wer wird Millionär?" direkt die 125 000-Euro-Frage zusammenschrauben: Was bezeichnen diese drei Begriffe? a) Moderne Tänze b) Jugendwörter des Jahres c) Entspannungstechniken d) Haarkolorationen.

Die richtige Antwort lautet natürlich d) Haarkolorationen, und vor zwanzig Jahren hätte man sich den ganzen Balayage-Zinnober gespart und einfach Strähnchen gesagt. Aber damals ahnte man auch nicht, dass aus der Wimperntusche einmal die "Lash Booster Volumizing Mascara" werden würde.

Strähnchen also. Zielgruppe: jene Frauen, die viel zu komplex und besonders sind, als dass eine einzige Haarfarbe sie korrekt beschreiben könnte. Im Prinzip also wir alle. Neu daran: Während die hellen Strähnchen früher an der Kopfhaut ansetzten und nach unten langsam ausliefen, beginnen sie nun in der Haarmitte und verdichten sich bis in die Spitzen. Das ergibt diesen herrlich sonnengeknutschten Surfergirl-Look, der als natürlich gilt, sich von selbst aber auch dann nicht einstellen würde, wenn man die Haare vier Wochen lang ins Salzwasser am Waikiki Beach hängen würde. Siehe Gisele Bündchen, mit ihrer in allen Schattierungen von Blond oszillierenden Mähne das Surfergirl schlechthin, und was war das für ein Schlag, als man erfuhr, dass diese Haare alle 14 Tage von drei Hair Artists handbepinselt werden.

Nein, nein, nein, mit Natürlichkeit und Laissez-faire hat der neue Farbverlauf mal wieder nichts zu tun, und wer jetzt glaubt, mit rausgewachsener Kolorierung und ordentlich Haarspliss in den Spitzen durchzukommen, hat etwas Grundsätzliches nicht verstanden. Je lässiger ein Beauty-Trend um die Ecke biegt, umso mehr Geld und Arbeit steckt dahinter. Frauenzeitschriften haben schon Tonnen von Papier darauf verwendet, ihren Leserinnen die Herstellung des "Ungeschminkt-Looks" zu erläutern, ähnlich ist es jetzt mit der nach unten ausbleichenden Waikiki-Mähne: Sie hat selbstverständlich top gepflegt und frei von Spliss zu sein und verlangt regelmäßiges Nachsitzen beim Frisör.

Die Haare einmal tief in einen Farbeimer getunkt - fertig

Dem "Dip-Dye", einer extremen Spielart der Zweiton-Frisur, kann man da wenigstens zugutehalten, dass der Eindruck von Natürlichkeit gar nicht erst evoziert werden muss: die Haare einmal tief in einen Eimer mit lollipopbunter Farbe getunkt, fertig. Befeuert von Kim Kardashian, Katy Perry, nordneuköllner Hipstern und ähnlichem Gewährsvolk, ist die Farbeimer-Koloration schon dabei, in den Mainstream rüber zu schwappen, wie der Guardian leicht indigniert feststellte: "Warum hat der Dip-Dye keinen ähnlichen Spott hervorgerufen wie der Bart? Ästhetisch gesehen liegen Welten dazwischen, aber beide Looks suggerieren ein entspanntes Verhältnis zur Eitelkeit, während sie in Wahrheit höchst pflegeintensiv sind."

Dieses Rätsel können wir hier leider auch nicht lösen, haben aber bereits einen Termin beim Haarkünstler unseres Vertrauens gemacht. SZ-Grün wäre möglicherweise recht hipsterhaft.

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