Glossar zu Monarchie und Mode:Q wie Queen-Code

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Was ist ein "Fascinator"? Warum tragen europäische Prinzessinnen nie goldene Kleider? Und was hat Elizabeth II. eigentlich immer mit ihrer Handtasche? Ein Mode-ABC anlässlich des 60. Thronjubiläums der Queen.

Claudia Fromme

A wie Austerity Chic

Hut steht ihnen gut: Die modebewusste Herzogin Catherine trägt einen schwarzen "Fascinator". Queen Elizabeth II. trägt ein klassisches Hut-Modell - dafür in einer mutigen Farbkombination. (Foto: Reuters)

In Zeiten klammer Staatskassen setzen Royals auf Tarnkleidung. Sie tragen Designermode, die nach nichts aussieht, aber unfassbar teuer ist. Der Geldadel erkennt den Luxus sofort, das Volk selten. Kann aber ins Auge gehen, bei Marie Antoinette etwa. Königliche nutzen darum besser -> Zara und -> Recycling.

B wie Brautkleid

Erst verrissen, dann vergessen. Liegt daran, dass das B. selten überrascht. Trug Diana ein auffälliges Rupfenpuppenkleid, zeigen sich moderne Prinzessinnen (Dänen-Mary, Niederlanden-Máxima, Spanien-Letizia, Norwegen-Mette-Marit, Schweden-Victoria, Monaco-Charlène, Briten-Kate) homogen in schmal geschnittener Seide mit Spitze und keuschem Ausschnitt. Die Designer sind lokal (-> Patriotismus), die Gäste global (-> No-Go). Das weiße Brautkleid machte Maria de' Medici 1600 populär, als sie Heinrich IV. heiratete.

C wie Coiffeur

Léonard Autié ist so berühmt für seine Haartürme, die er in Versailles auf Marie Antoinette baute, dass seine Memoiren bis heute gedruckt werden. 250 Jahre danach neigen Royals dazu, einmal betonierte Sittichfrisuren nie mehr zu ändern (Elizabeth, Beatrix), Haare modulierbar lang zu tragen (Mary, Máxima) oder mit Starkföhnungen als satirisches Zitat der siebziger Jahre (Camilla) auszuführen.

D wie Designer

Das Hofprotokoll schreibt klassische Eleganz vor, und jede Kronprinzessin interpretiert diese anders. Mette-Marit mag Pucci, Mary favorisiert Prada, Charlène trägt Armani, Kate geht in Ralph Lauren, Rania von Jordanien bevorzugt den libanesischen Designer Elie Saab -> Patriotismus.

E wie Empirekleid

Beim Adel beliebt, weil hohe Taille und fließender Stoff darunter nicht dazu nötigen, Diät zu halten. Dank sei Napoleon. Mit seinem Ägyptenfeldzug löste er eine Begeisterung für das ferne Land aus, Gattin Joséphine machte den Nofretete-Style unter Adeligen populär. Der dünne Stoff tat aber nicht jedem gut. Luise von Preußen war so vernarrt in das E., dass sie mit 34 Jahren an einer Lungenentzündung starb.

F wie Farbe

Während die Restroyals Altrosa, Nude und Softeis tragen, setzt die Queen auf Bonbon. Sie könne sich nie anders kleiden, klagte sie mal, sonst erkenne sie keiner in der Menge. Rot bleibt die Königsfarbe, weil Purpur einst der teuerste Farbstoff der Welt war. Rote Sohlen hat Christian Louboutin dennoch nicht erfunden. Yves Saint Laurent belehrte ihn vor Gericht: Louis XIV. trug sie - und Dorothy im "Zauberer von Oz". Ende der Märchenstunde!

G wie Gold

Spielt jenseits von Zierrat keine Rolle. Dass Prinzessinnen goldene Kleider tragen, entstammt Mädchenträumen oder der Karnevalsabteilung im Kaufhaus.

H wie Hut

Die Älteren tragen Krempe, die Jüngeren Fascinator, eine Art gefiederte Haarspange. Die Heimat der Hüte ist Großbritannien, die Modisten der Wahl sind Philip Treacy und Philip Somerville. Hauptkundin ist die Queen, die 6000 Hüte besitzt.

I wie Ivy League

Der Spielraum bei offiziellen Anlässen für Herren ist begrenzt (->Uniform). Für die Freizeit legt der Styleguide Polo, Bundfalte und Segelschuh fest. Bringt die Sportbräune gut heraus und erinnert an die schöne Zeit im Privatinternat.

J wie Juwelen

Das letzte Distinktionsmerkmal des Adels. Kronen gehören zur Dienstkleidung, wirklich erstaunlich sind die privaten Schmucksammlungen. Oft ist etwas von Cartier dabei. Wallis Simpson, die Bürgerliche, für die Edward VIII. den britischen Thron verließ, war verrückt nach dem Juwelier der Könige. Ihr Lieblingsstück, eine Flamingobrosche aus Rubinen, Saphiren und Diamanten, wurde von Cartier gefertigt .

K wie Kostüm

Symbolisiert zeitlose Autorität. Anleihen an das Businesskostüm entsprechen dem Selbstbild der Royals. Die Queen nennt ihren Laden daher "die Firma".

L wie Landestracht

Stil von Queen Elizabeth II.
:Sie kann das tragen

Schon mehr als 60 Jahre lang erfreut uns Königin Elisabeth II. mit extravaganten Hutkreationen. Die Kopfbedeckungen erinnern immer ein wenig an eine Torte. So ganz werden wir uns wohl nie an an sie gewöhnen. Eine Stilkritik in Bildern.

Violetta Simon

Wenn der Hochadel reist, werden Ethnologen konsultiert. Die Queen trägt daher Tuniken in Afrika, und als sie als erster britischer Monarch seit 90 Jahren Irland besuchte, war sie in diplomatisches Grün gekleidet. In Kanada trug Kate zum weißen Kleid einen roten Fascinator mit Ahornblatt. Ob der aus dem Partyversand ihrer Eltern stammte, ist unklar.

M wie Morgenrock

Wenn die Dänen ihrer Königin im Morgengrauen ein Ständchen zum Geburtstag singen, erscheint Margrethe im geblümten Bademantel am Schlafzimmerfenster. Danach raucht sie erst mal eine.

N wie No-Go

Siehe auch -> Sexyness, -> Tuschelthema, -> Yorkshire Pudding. Es gibt das Protokoll, und es gibt die inoffiziellen Regeln. Eine davon heißt: Du sollst keinen Hosenanzug tragen. Letizia hat das ignoriert und sah bei ihrer Verlobung im weißen Anzug aus, als wollte sie die Nachrichten moderieren. Darf auch nie sein, passiert aber ständig: Hochzeitsgäste tragen auffällig gemusterte oder weiße Kleider.

O wie Oranje

Das niederländische Königshaus heißt wie die Farbe: Oranje. Warum am Königinnentag, dem 30. April, der Farbfimmel so weit geht, dass Kronprinz Willem-Alexander orangefarbene Toiletten weitwerfen muss, bleibt eines der letzten großen Rätsel europäischer Königshäuser.

P wie Patriotismus

Des Königs Kleider sind Landessache. Dumm nur, dass die besten -> Designer in den Republiken Italien und Frankreich leben. Einzig die Monegassen als Exilfranzosen können ungeniert Chanel, Lanvin und Dior tragen, was Gracia Patricia zu nutzen wusste. Ihre Enkelin Charlotte Casiraghi macht es ihr heute nach. Der Rest muss zu Recht unbekannte Designer ausführen.

Q wie Queen-Code

Wer Elizabeth II. einlädt, sollte auf ihre Handtasche achten. Stellt sie die bei Empfängen auf den Tisch, weiß die Hofdame: Abfahrt in fünf Minuten! Hebt sie die Tasche dann vom linken Arm auf den rechten: Zeit zu gehen! Links auf den Boden bedeutet: Holt mich hier raus! Bleibt sie am linken Arm, atmen Gastgeber auf: Alles gut!

R wie Recycling

Jungmeisterin des Zweimaltragens ist Kate, Altmeisterin Camilla. Die trug an ihrem 60. wie am 61. Geburtstag denselben weißen Rock mit beigefarbenem Blazer. Prinzessin Anne plante dafür mehr Zeit ein: Sie trat 1981 bei der Hochzeit von Charles und Diana im gelb-weißen Kleid auf, das sie 27 Jahre später bei einer Trauung im Feldadel reaktivierte.

Sexyness

Ganz böse. Als Kate unlängst im Kleid mit XL-Beinschlitz von Roland Mouret bei einer Party im Londoner Hotel Claridge's auftauchte, verlangten Königstreue nach Riechsalz. Sexy bis vulgär aber dürfen Nebendarsteller sein. Pippa Middleton ließ nach ihrem Po-Debüt auf Kate und Williams Hochzeit ihre Kleider so knapp werden, dass selbst ihre 209 118 Facebookfreunde sie "a tad on the vulgar side" finden.

T wie Tuschelthema

Manches kann die beste Stilberaterin nicht verhindern. Eine Windbö hob den Rock von Beatrice, der Tochter von Sarah Ferguson, einmal so, dass die Weltöffentlichkeit ihre hautfarbene Miederunterhose ansehen musste. Oder Prinzessin Mary. Der starrte der Gatte der vormalig finnischen Präsidentin derart in den sittsamen Ausschnitt, dass kein Fotograf an sich halten konnte.

U wie Uniform

Wenn's wichtig wird, tragen Herren Galauniform. William wählte bei seiner Hochzeit die rote Gardeuniform des Ehrenoberst der Irish Guards. War für Insider jeder Knopf wichtig, fragte sich das Volk: Warum trabte er mit Sporen an den Lackschuhen in die Kirche?

V-Effekt

Manche kleiden sich so, dass sie jede Illusion zerstören. Diese stilkritische Distanz pflegt Prinzessin Beatrice. Sie trägt Tantenröcke und Hüte, die an Rahmen oder Feudel erinnern. Unvergessen ihre Expedition ins Tierreich, ein Hut aus Schmetterlingen, der nicht stilprägend wirkte, sondern so, als hätte sie ihr Nektarshampoo nicht richtig ausgewaschen.

W wie Windsorknoten

Eine Krawattenbindung, die dem Duke of Windsor zugeschrieben wird, der das aber bestritt. Das Gros der im Gotha befindlichen Herren bindet ihn trotzdem.

X-Factor

Das gewisse Etwas. In Königshäusern nicht häufig zu finden. Diana wurde er angedichtet, Gracia Patricia hatte ihn. Sie brachte Hollywoodglamour nach Monaco, machte Twinsets, Sonnenbrillen und Handtaschen von Hermès berühmt.

Y wie Yorkshire Pudding

Bei dem amerikanischen Stilkritiker Richard Blackwell war ein Royal Stammgast: Camilla. Zu plump die Schnitte, zu bizarr die Muster, urteilte der Stilkritiker, der lange jährlich die am schlechtesten gekleideten VIPs adelte. Ihr Vorgängerin bekam ähnliche Noten - von ihrem Gatten. Als Diana einmal eine voluminöse Abendrobe trug, fragte Charles: "Warum trägst du einen Fallschirm?"

Z wie Zara

Immer wenn das Volk an der Monarchie zweifelt, geht bei Zara eine Großbestellung ein. Mary, Kate und Máxima tragen die Billigmode bei der nächsten Charity-Veranstaltung, das Volk feiert selig die Bürgerprinzessinnen. Im Palast wischt man sich derweil die Lachtränen weg, weil der billige Trick wieder funktioniert hat.

© SZaW vom 02./03.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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