Geschmackssache:Rainbow Bagel

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(Foto: PR)

Eine New Yorker Bäckerei ist durch den "Rainbow Bagel" mit "Funfetti-Topping" berühmt geworden. Das passt in eine Welt, die immer infantiler isst.

Von Marten Rolff

Dem Infantilen ist die reale Welt ein Gräuel, sagen Psychologen. Die Frage ist natürlich, ob das für ein Krankheitsbild Begründung genug ist. Weil ja ein Blick auf die Welt da draußen reicht, um zum Sternmarsch für Infantilismus aufzurufen. Das Catering auf dieser Sympathie-Kundgebung müsste Scot Rossillo übernehmen, der es als Bäcker unter der Flagge "führender Bagel-Künstler" in Brooklyn zur lokalen Berühmtheit gebracht hat. Seine fünffarbigen "Rainbow Bagels" - mit Frischkäse und "Funfetti-Topping" - dürften das Mahl der Wahl sein, um auch dem kaltherzigsten Realo auf gepflegt eskapistische Art das Maul zu stopfen. Im Making-of-Filmchen werden grellbunte Teigfladen geschichtet, als gelte es, die Knete für eine Bastel-Party in Amerikas größter Kita zu beschaffen. Wer der Spur des Videos im Netz folgt, landet rasch in einer Welt aus pinken Waffelherzen, lila Brot, Kamasutra-Pasta und Käse-Kühen (nicht zu verwechseln mit Kuh-Käse). Mancher Hersteller hat längst zwei Dutzend Form-Wurst-Formen im Programm, und spätestens bei Kleeblatt-Cervelat und Tannenbaum-Salami mit "Wintertraum-Aroma" wird klar, dass die Freude der Kinder bei Erfindung der Brühbärchen-Mortadella nur ein billiger Vorwand war: Es sind nämlich vor allem die Erwachsenen, die heute gern infantil essen. Ja, heißt das denn, dass die asphaltgraue Order "mit Essen spielt man nicht" weiter gültig ist? Natürlich nicht, im Gegenteil! Doch sollte das Spiel idealerweise irgendwohin führen, es muss ja nicht gleich Pierre Hermés Pariser Salon für Schoko-Skulpturen sein. Mal Spaß beiseite: Es gibt gute Gründe, warum keine ernstzunehmende französische Bäckerei den Funfetti-Rainbow-Bagel je in ihre Auslage ließe.

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