Geschmackssache:Pastinake

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(Foto: Imago)

Sie ist gesund, erstaunlich vielseitig, schmeckt süß wie eine Karotte, nur feiner, und wächst, wenn es sein muss, sogar auf Verkehrsinseln: Die lange verkannte Wurzel hat alles, um Regionalfetischisten glücklich zu machen.

Von Marten Rolff

Wäre man auf der Suche nach einem Role Model für zeitgeistiges Gemüse, dann würde man bei der Pastinake landen. Eine gesunde, vielseitige Wurzel, die bis zu ihrer Verdrängung durch die Kartoffel in weiten Teilen Europas als Grundnahrungsmittel galt und nach einem hundert Jahre währenden Dornröschenschlaf so richtig erst durch den Ökolandbau wiederentdeckt wurde. Seit einigen Jahren nun erobert die Pastinake die Tische der bewussten Esser. Wobei es ihren Ruf befeuert, dass sie als anspruchsloses Wintergemüse saisonverlängernd ist und auf so gut wie jeder Verkehrsinsel gedeiht. Kurzum: Diese Wurzel hat alles, was Regionalfetischisten heute von einem Gemüse erwarten. Und solange schwiemelige Gasthöfe und Caterer bei zweifelhaften Parteiveranstaltungen sich nicht daran erinnern, dass die Pastinake früher auch mal "Germanenwurzel" hieß, steht ihrer Karriere nichts im Wege. Doch zum Glück sind wir hier nicht vom Gemüsemarketing und können das Thema nüchterner angehen. Aus kulinarischer Sicht hat die Pastinake heute schlicht nur wieder die Position, die ihr immer zustand. Denn sie schmeckt zwar so süß wie die Karotte, aber viel komplexer und würziger, mit erdigen Noten, Fenchel- und Muskataroma. Und sie ist feiner als die mit ihr eng verwandte Petersilienwurzel. Wie vielseitig die Pastinake ist (je kleiner ihre Wurzel, desto zarter!), zeigte sich stets in Krisenzeiten. Die Briten schmorten sie in den Vierzigerjahren mit Nelken als Bananenersatz, geraspelt schlägt sie sich im Rübchenkuchen hervorragend. Am besten aber ist die Pastinake mit Salz und Bratenfett auf dem Blech geröstet. Anschließend gemeinsam mit Fond oder Wein und Kartoffeln gestampft, wird sie zur wunderbarsten Herbstbeilage. Und einer Erbsensuppe verleiht sie püriert sogar so etwas wie Weltläufigkeit.

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