Essen:Kochen in der Waschmaschine

Päpstliche Waschmaschinen für Obdachlose

Papst Franziskus betreibt in Rom jetzt einen Waschsalon für Obdachlose in Rom. Ob demnächst hier auch Gazits Erfindung angeboten wird?

(Foto: dpa)

Die Erfindung eines israelischen Studenten passt bestens in die Multitasking-Zeit. Doch Essenszubereitung in der Waschtrommel? Haben sie schon in der DDR gemacht.

Von Thomas Hummel

Es gab Dinge in der DDR, von denen haben die im Westen nichts geahnt. Und hätten sie sie gekannt, hätten sie darüber in ihrer Wirtschaftswunder-Überheblichkeit auch noch gespottet. Zum Beispiel über die Tatsache, dass sie in Ostdeutschland bei Gartenfeiern gerne mal die Waschmaschine raustrugen, um darin Bockwürste heiß zu machen. Die WM66 des VEB Waschgerätewerks Schwarzenberg war ein Toplader, in dem man ohne Waschbetrieb bis zu 30 Liter Wasser erhitzen konnte. Die Menschen nutzten die WM66 dazu, Obst einzumachen oder zum Maischen und Würzekochen für selbstgebrautes Bier.

Aus heutiger Sicht ist das eine putzige Vorstellung vom Leben in sozialistischen Zeiten. Doch nun stellt sich heraus, dass dieses Gerät geradezu prophetisch war.

Die Idee, eine Maschine für mehrere Tätigkeiten zu vereinnahmen, ist von durchaus aktuellem Charme. Der israelische Student Iftach Gazit hat jüngst Fertiggerichte für die Waschmaschine erfunden. Er nennt seine Erfindung Sous La Vide und hat damit den Ansatz der DDR insofern weiterentwickelt, als dass man sein Essen nicht vor oder nach, sondern zusammen mit der Dreckwäsche in jeder Art von Maschine zubereiten kann. In einer speziellen, absolut wasserdichten (versprochen!) Tüte kommen Fisch, Fleisch, Gemüse in die Trommel, der Waschgang sorgt für eine lange, gleichmäßige Garung. Student Gazit gibt Anleitungen dazu: Gemüse in den Baumwoll-Waschgang, Fleisch eher ins Synthetik-Programm.

Experten versprechen, dass so Vitamine vollständig erhalten bleiben und der Geschmack phänomenal sei. Angelehnt an der Sous-Vide-Technik, bei der man Fleisch in einer Vakuumtüte stundenlang im genau 58 Grad heißen Wasser gart.

Die Waschmaschine wird zum Thermomix spezial

Kochen in der Waschmaschine bietet weitere Vorteile: Erschwingliche Wohnungen in Großstädten werden immer kleiner, da wäre es angenehm, man könnte den Herd rauswerfen. Es spart Energie, schützt also die Umwelt. Und erst das Zeitmanagement: Wenn der gestresste Karriere-Student abends seinen Wäscheberg entsorgt, kann er eine Stunde zum Pilates oder Joggen gehen und anschließend sein fertiges Menü aus der Maschine ziehen. Sie wird zu einer Art Thermomix spezial.

Nun ist anzumerken, dass Iftach Gazit mit seiner Erfindung nach eigener Aussage eher einen sozialen Aspekt verfolgt: Er habe gehört, dass Obdachlose sich gerne in Waschsalons aufhalten und da wäre es doch praktisch, könnten sie sich dort auch was zum Essen zubereiten. Und doch liegt auf der Hand, dass sein Produkt von der Multitasking-Generation vereinnahmt werden dürfte. Wer Kaffee im Gehen trinkt und Telefongespräche beim Radfahren führt, für den klingt Kochen während des Wäschewaschens sehr attraktiv.

Die Italienerin Lisa Casali hatte vor ein paar Jahren übrigens die Idee, Essen im Geschirrspüler zuzubereiten. Sie hat Videos gedreht und ein Buch darüber geschrieben mit dem Titel: "Cucinare in Lavatoviglie". Es gibt Sprachen, in denen klingt sogar der Geschirrspüler nach Gourmetessen.

Ob Iftach Gazit noch ein Buch mit Rezept-Tipps für sein Waschmachinen-Menü schreiben wird? Bevor es soweit ist, können sich Interessierte die letzten Exemplare der WM66 kaufen. Bei Ebay sind sie bereits für 50 Euro zu haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: