Edle Oberflächen:Bretter für die Welt

Dielen, Furniere, Inneneinrichtung: Wie ein bayerischer Holzspezialist zum Ausstatter für Luxuswohnungen und Superyachten wurde.

Von Max Scharnigg

Am Ende erzählt Torben Hansen dann noch von dem alten Holzschrank. Den er neulich gekauft hat, obwohl er keinen Schrank brauchte, nicht mal Platz dafür hatte, und deswegen steht er jetzt im Keller. "Aber ich konnte den einfach nicht bei dem Trödelhändler stehen lassen. Holz spricht immer zu mir," sagt er.

Hansens Gabe ist es, genau zuzuhören wenn das Holz zu ihm spricht, das hat ihn zu einem weltweit gefragten Spezialisten gemacht. Wenn heute in den Luxusappartements der Elbphilharmonie oder beim Bau einer Superyacht die Auftraggeber und Architekten über möglichst vollendete Holzoberflächen und Bodenbeläge nachdenken, dann kommt jedenfalls ziemlich sicher der Firmenname Schotten&Hansen ins Spiel. Und damit auch der kleine Ort Peiting in Oberbayern, der von Elbphilharmonie und Superyachten eigentlich denkbar weit entfernt ist.

Hier im Gewerbegebiet am Rande der bayerischen Voralpen hat Torben Hansen mit seinen 120 Mitarbeitern in den vergangenen dreißig Jahren die Holzalchimie zur Perfektion getrieben. Dass sich diese Mühe auszahlte, lässt sich schon an der gigantischen Produktionshalle ablesen, die er gerade neu errichten ließ. "Ich brauche eben viel Platz zum Lagern, das ist ein Nachteil bei diesem Business", brummt der Däne, während er an den langen Regalen mit gestapelten Furnierplatten entlang geht, bis hin zur Trockenkammer.

Edle Oberflächen: Dielen aus dem Haus Schotten & Hansen bieten eine Sinnlichkeit, die den meisten Holzoberflächen sonst abgeht.

Dielen aus dem Haus Schotten & Hansen bieten eine Sinnlichkeit, die den meisten Holzoberflächen sonst abgeht.

(Foto: Schotten & Hansen)

Diese Maschine hat er vor Jahren selbst ausgetüftelt, am Anfang standen damals im Hobbykeller Mikrowelle und Bügeleisen, die er seiner Frau heimlich entwendet hatte. Das Risiko hat er auf sich genommen, denn die Frage der richtigen Trocknung ist essenziell, wann immer es um die Verarbeitung von Holz geht und zumal, wenn man den Anspruch hat, dünnste Furnierblätter zu schneiden, auf denen die Schönheit des gewachsenen Holzbildes fühlbar erhalten ist. Mit unter fünf Prozent Restfeuchte also kommen die Hölzer hier nach ein paar Stunden aus der Kammer. Meistens ist es europäische Eiche und Buche, denn es gibt nicht viele Holzarten, die stabil genug sind für die Spezialbehandlung, die ihnen bei Schotten & Hansen noch blüht.

Da ist zum Beispiel die aufwendige Reinigung bis in die kleinsten Poren, die der Chef mittels Mikroskop deutlich macht. Erst wenn die Millionen winziger Vertiefungen von Mineralien und Reststoffen befreit sind, kann das Holz mit der Spezialität des Hauses behandelt werden, die Hansen Woodlotion nennt. Er hat sie mit Chemikern im Labor ausgetüftelt, wo es übrigens nicht nach Labor riecht, sondern nach Harz, Wachs und Laub. Hochgeheime Holzkosmetik entsteht hier, aus natürlichen Pigmente und Essenzen mit denen Dielen, Parkette und Furniere geimpft werden, bis sie eine maximale Langlebigkeit und Unempfindlichkeit erreicht haben - und ihre natürliche Schönheit herausgearbeitet ist. Danach lassen sich die Böden problemlos im Badezimmer, am Pool und über Fußbodenheizungen verlegen oder eben auch in Hochseeyachten.

Edle Oberflächen: Torben Hansen prüft eine Lage Furnierholz. Sein Ziel ist es, Böden und Holzoberflächen die natürliche Schönheit zu erhalten und sie trotzdem langlebig zu machen.

Torben Hansen prüft eine Lage Furnierholz. Sein Ziel ist es, Böden und Holzoberflächen die natürliche Schönheit zu erhalten und sie trotzdem langlebig zu machen.

(Foto: Schotten & Hansen)

Während er an gepackten Paletten Richtung Elbphilharmonie vorbeigeht, die alle ein millimetergenau zurecht geschnittenes Parkettpuzzle enthalten, erzählt Hansen von einem Auftrag in Hongkong. Von einer Villa, die nicht nur erstaunliche Dimensionen aufwies, sondern auch über 80 Prozent Luftfeuchtigkeit - normalerweise K.o.-Kriterium für Holzoberflächen. Aber Hansen vertraute auf seine Hölzer, und aus Hongkong kam bis heute keine Reklamation.

Schon als Junge verdiente er sein Taschengeld damit, Holzmöbel aufzupolieren

"Wir klatschen hier nicht irgendeine Chemie drauf, unter der das Holz dann kaputt geht, im Gegenteil, wir lassen es damit ewig weiterleben", sagt Hansen, und wenn man mit ihm durch die Produktausstellung geht, wird man genötigt, jedes Holz anzufassen. Die haptische Erkenntnis sei doch viel wichtiger als das, was das Auge sagt, findet er. Tatsächlich bieten die Tische, Furniere und Dielen eine Sinnlichkeit, die den meisten verbauten Holzoberflächen sonst abgeht. Man fühlt die individuelle Maserung, kann die Fingerkuppe über die Rillen schmeicheln lassen und wenn man auf die konservierten Astlöcher tippt macht es dunkel: plock, plock.

Die Arbeit mit diesem Werkstoff begleitet Torben Hansen von Anfang an - seine Eltern führten in Dänemark ein Auktionshaus, bei dem regelmäßig Möbel unter den Hammer kamen. Schon als Junge verdiente er sein Taschengeld damit, die gebrauchten Holzmöbel und skandinavischen Designklassiker vor den Auktionen zu polieren oder auch zu restaurieren. Das schärfte schnell seinen Sinn für schönes Holz und die zeitlosen Qualitäten des Materials. Er machte eine Ausbildung zum Schreiner, dann verschlug es ihn Ende der 1970er-Jahre durch Zufall nach Garmisch, wo ein Freund der Familie seinen Ferienwohnsitz hatte. Für den Jungen, der an Horizont und Meer gewöhnt war, waren die bayerischen Alpen damals nicht gerade einladend.

Edle Oberflächen: Die Langlebigkeit des Holzes schätzen nicht nur Architekten, sondern etwa auch Besitzer von Yachten wie der Twizzle.

Die Langlebigkeit des Holzes schätzen nicht nur Architekten, sondern etwa auch Besitzer von Yachten wie der Twizzle.

(Foto: Ray Main)

Sein Können brachte ihm aber bald eine Anstellung im nahen Restaurationsbetrieb des Herrn Schotten. Der an Möbeln von Finn Juhl und Arne Jacobsen geschulte Hansen sah sich dort bajuwarischen Erbstücken gegenüber, zusammen restaurierten sie Bauernschränke und antike Landhausbetten und wenn etwas nicht zu retten war, baute Hansen es eben nach. Einmal habe er einen neuen Balken so altern lassen, dass er problemlos unter Denkmalschutz gestellt wurde, erinnert sich Torben Hansen. Als er nach einem Jahr wieder zurück nach Dänemark wollte, bot ihm Schotten an, Teilhaber der kleinen Firma zu werden. Und Hansen blieb - bis heute.

"Holz, das aussah wie Holz? Da haben auf der Messe alle groß geschaut."

Die Spezialisierung folgte in den Jahren danach, als die beiden Männer zunächst immer häufiger Ergänzungen an den Möbeln vornahmen oder eigene Stilmöbel bauten. "Wir machten damals die coolsten Bauernstuben!", sagt Hansen, mit denen sie schließlich in ganz Deutschland bekannt wurden. Über Kassettendecken ging die Entwicklung zu handgehobelten Dielenbrettern - klingt banal, aber mit solchen natürlichen Holzoberflächen war die Firma in den 1990er-Jahren ein absoluter Exot. "Holz das aussah wie Holz? Da haben auf der Messe alle groß geschaut."

So wurden die Peitinger zu Echtholz-Pionieren, nach viel Forschungsarbeit konnten sie zum Beispiel fünf Meter lange Dielen anbieten, die sich nicht verzogen. Unter Architekten verbreitete sich die Kunde von den verrückten Holzflüsterern aus Bayern damit recht schnell, und im Portfolio von Schotten&Hansen wurden die Bauernschränke bald von Projekten verdrängt: Tafelparkett im Hubertussaal im Nymphenburger Schloss, Langdielen für den Airport in Hongkong, etliche Lobbys von Luxushotels. Besitzer von Superyachten, Spitzensportler und Hollywoodstars laufen heute barfuß über die Dielen und Parkette aus Peiting.

In der Planungsphase für ihre Villen oder Yachten kommen manche Milliardäre persönlich in Oberbayern vorbei. Torben Hansen geht dann mit ihnen im Ort Wurstsemmeln essen, als Schulung in Authentizität. Für die Architekten ist besonders wichtig, dass die Firma mit einer enormen Palette an Pigmenten und Räuchermethoden nahezu jeden natürlichen Holzfarbton imitieren kann, so dass sich die Hölzer später perfekt in das bestehende Interieur einfügen.

Trotz Riesenhalle und Riesenaufträgen hat Torben Hansen aber nicht den Ursprung seines Werkstoffs vergessen. Er geht immer noch regelmäßig in den Wald, hebt Rinde auf, fasst Bäume an. Und dann, sagt er, dann spricht das Holz zu ihm.

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