Diäten:Rohkost deluxe

Nico Richter Paleo "Power for Life" Kochbuch Rezepte

Der Burger im Ananasbrötchen: Gerichte werden je nach Trend neu erfunden.

(Foto: Christian Verlag / Silvio Knezevic)

"Pilz der Unsterblichkeit" oder der Ananas-Hamburger: Neue Ernährungstrends führen zu skurrilen Gerichten. Der Geschmack: zweitrangig.

Von Franz Kotteder

Der Drang, sich gesund ernähren zu wollen, treibt oft seltsame Blüten. Die meisten davon wachsen in den USA, wo Models, Hollywoodstars und Talkmaster neben ihrer normalen Tätigkeit anscheinend regelmäßig der Ernährungsberatung nachgehen. Der Superfood-Trend wurde jedenfalls maßgeblich befeuert von Oprah Winfrey, das australische Supermodel Miranda Kerr packt angeblich gleich neun sogenannte Superfoods ins Frühstücksmüsli, um faltenfrei und fit zu bleiben. Alles nur eine Frage des Geldes.

Der normale Verbraucher hübscht gelegentlich herkömmliche Gerichte mit etwas Quinoa oder Goji-Beeren auf. Rezepte speziell für Superfood gibt es nämlich nicht sehr viele - meistens dienen Körner, Samen und Beeren nur als alternative Zutaten für Alltagsspeisen oder für Smoothies und nähren so die Hoffnung, damit etwas für die Gesundheit getan zu haben.

Man kann auch weiter gehen. Der amerikanische Rohkost-Guru David "Avocado" Wolfe hat bereits 2009 auf dem Berliner "Wurzelkongress" sein "Supergetränk aus den Superfoods der Hochkulturen" vorgestellt: Der Saft wird aus Goji-Beeren, Maca-Knollen, Aloe vera und Kakao hergestellt. Ersatzweise schwört Wolfe auf Chlorophyll-Grassaft sowie - vergleichsweise günstig - auf frisches Wasser.

"Quellwasser hat viel Energie und ein gutes Bewusstsein", wird er von den Veranstaltern des Rohkost-Treffens zitiert, "es wurde durch den Erdkörper gefiltert." Wolfe betreibt in den USA einen Superfood-Onlinehandel, in dem es zum Beispiel 24 verschiedene, gemahlene Pilze aus aller Welt zu 222,97 Dollar für 750 Gramm gibt. Das ist nur unwesentlich günstiger als der chinesische Baumpilz Reishi, auch "Pilz der Unsterblichkeit" genannt, der in Puderform auf 74,97 Dollar pro halbes Pfund kommt.

Die Steinzeit-Diät wird plötzlich wieder modern

Man muss es nicht ganz so weit treiben, wenn man sich kompliziert ernähren will. Der neue Trend am Horizont für Otto Normalverbraucher ist sowieso die paleo-vegane Ernährung. Das ist eine Kreuzung aus Steinzeit-Diät und Veganismus, was gar nicht so einfach ist, weil Paleo-Diät auf Fleisch als Eiweißträger setzt und Getreide ablehnt, was aber wiederum gar nicht zur veganen Ernährung passt, die nichts akzeptiert, was mit Tieren zu tun hat. Das Vertrackte bei beiden Ernährungsweisen ist: Man muss jene Zutaten, die nach der jeweils herrschenden Ernährungsideologie als "bäh" gelten, durch andere ersetzen.

Das kann mitunter schwierig bis grotesk werden, wenn der Koch nämlich versucht, bekannte Alltagsgerichte mit unzureichenden Mitteln nachzubauen. So findet sich in Nico Richters Kochbuch "Paleo - Power for life" zum Beispiel ein Hamburger, bei dem die üblichen Wattesemmeln ganz einfach durch zwei Scheiben Ananas ersetzt werden, zwischen denen ein Fleischklops klemmt. Das sieht ein bisschen skurril aus, aber noch halbwegs appetitlich.

Anders verhält es sich mit der "Rohkostbeerentorte", von der die Website "paleo360.de" schwärmt. Bei ihr wird der Teig aus Mandeln, Datteln und Walnüssen hergestellt, darauf kommt eine Füllung aus Kokosfett, Cashewnüssen, Bananen, Honig, Johannis- und Blaubeeren. Das alles wandert nicht in den Ofen, sondern ein paar Stunden ins Gefrierfach. Von der Optik her reizt das Ergebnis nicht unbedingt zum Verzehr, es soll aber schmecken.

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